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# taz.de -- CIA-Bericht zu Folter: Warum foltern Demokratien?
> Nun weiß also auch die US-Öffentlichkeit: Durch Folter erpresste
> Information bringt wenig. Doch weltweit fühlen sich Folterer bestätigt.
Bild: Es gab in den USA auch Protest gegen das simulierte Ertränken: Demonstra…
In meiner früheren Funktion als UNO-Sonderberichterstatter über Folter
suchte ich Dianne Feinstein auf, die ehemalige Bürgermeisterin von San
Francisco und nunmehrige Vorsitzende des Senate Intelligence Committee. In
ihrem Büro am Capitol Hill in Washington bot ich ihr eine Kooperation
zwischen unseren UNO-Untersuchungen über geheime Haft im „Krieg gegen den
Terror“ und ihren eigenen Untersuchungen über illegale CIA-Praktiken an.
Doch sie sagte sehr herablassend: „Wir brauchen keine UNO-Experten, die uns
sagen, was wir tun sollen. Wir können das schon selbst.“
Kurz darauf veröffentlichten wir, im Frühjahr 2010, einen umfassenden
UNO-Bericht (UN Doc A/HRC/13/42), in dem wir Beweise gegenüber 66 Staaten
vorlegten, die zum Zweck der Bekämpfung des Terrorismus geheime
Haftmethoden angewandt hatten. Viele dieser Staaten haben eng mit der CIA
kooperiert.
Beispielsweise haben wir durch Interviews mit Exhäftlingen, durch
aufwendige Nachforschungen einschließlich der Auswertung der genauen
Flugdaten der von der CIA für sogenannte Rendition-Flüge gecharterten
Privatflugzeuge und anderer Quellen einschließlich der Europaratsberichte
des Schweizers Dick Marty ziemlich präzise nachweisen können, dass es
geheime CIA-Gefängnisse in Polen, Rumänien, Litauen, Jordanien, Thailand,
Afghanistan, Irak und anderen Staaten der Welt gab, wohin die des Terrors
verdächtigten Menschen verschleppt und gefoltert wurden.
Darüber hinaus wurden viele Häftlinge von der CIA den Behörden von
berüchtigten Folterstaaten wie Ägypten, Syrien, Marokko oder Usbekistan
übergeben, wo sie von deren Schergen im Auftrag und unter der Aufsicht der
CIA gefoltert wurden. Wir haben auch genau nachgewiesen, wo und wann sich
die von uns identifizierten Häftlinge in welchen „CIA Black Sites“
aufgehalten haben und mit welchen Methoden sie gefoltert wurden.
Zu den schlimmsten Geheimgefängnissen gehörten das Prison of Darkness und
das Salt Pit, beide in Afghanistan.
## Von der Tagesordnung gestrichen
Als wir unsere globale Studie dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen
im März 2010 präsentieren wollten, haben sich viele der darin namentlich
genannten Staaten so vehement dagegen gewehrt, dass unser Bericht wieder
von der Tagesordnung gestrichen wurde. Erst im Juni 2010 gelang es uns,
diese Studie im Rat vorzustellen. Kein Staat hat die darin enthaltenen
Anschuldigungen schwerster Menschenrechtsverletzungen bisher offiziell
zugegeben, obwohl zumindest in den genannten europäischen Staaten interne
Untersuchungen eingeleitet wurden.
Ich habe in dem nunmehr zumindest zum Teil veröffentlichten Bericht des
US-Senats, der unter dem Vorsitz von Dianne Feinstein verfasst worden war,
kaum Informationen gefunden, die wir nicht schon gewusst und publiziert
hätten, beziehungsweise die nicht schon vorher ans Licht der Öffentlichkeit
gedrungen waren. Die große Entrüstung vieler Politiker und zum Teil auch
der Medien in den USA und in Europa ist daher ein wenig überraschend.
Für die US-amerikanische Öffentlichkeit ist es aber sehr wichtig, dass sie
von ihren eigenen Behörden und nicht von irgendwelchen UNO-Experten aus
Europa, Pakistan und Südafrika erfährt, welche Verbrechen die CIA begangen
hat, auf welche Weise die CIA den Kongress belogen hat und dass höchste
Politiker wie George W. Bush und Dick Cheney die Unwahrheit gesagt haben,
wenn sie behaupteten, dass ohne diese Foltermethoden der Terrorismus nicht
wirksam hätte bekämpft werden können.
Die durch Waterboarding und ähnliche Methoden der Folter erpressten
Informationen haben sich nämlich in der Regel als wenig brauchbar
herausgestellt. Das ist eine der wichtigsten Erkenntnisse dieses
Senatsberichts.
Ob die Tatsache, dass nunmehr auch der amerikanische Kongress die weit
verbreitete Folter durch die CIA und deren ausdrückliche Anordnung durch
höchste Politiker der Bush-Regierung bestätigt hat, endlich dazu führen
wird, dass die dafür direkt oder indirekt verantwortlichen Personen vor
Gericht gestellt werden und dass die Opfer vor amerikanischen Gerichten
zumindest eine finanzielle Entschädigung erhalten werden, bezweifle ich
weiterhin.
## Warum Folter?
Bleibt noch die Frage zu beantworten, warum sich die US-Behörden, allen
voran die CIA, auf dieses Folterprogramm überhaupt eingelassen haben. Hier
spielen viele Faktoren zusammen.
Die USA waren durch die Terroranschläge vom 11. September 2011 auf ihrem
eigenen Territorium so sehr geschockt, dass sie zum einen Vergeltung üben
wollten. Außerdem hatten sie mit George Bush einen Präsidenten, der auf
diesen Terroranschlag nicht primär mit den Methoden der Ursachenerforschung
und der Kriminalitätsbekämpfung reagieren wollte, sondern mit einem
sogenannten Krieg gegen den Terror, in dem andere Regeln herrschen sollten
und in dem man sich nicht durch das Völkerrecht, zum Teil auch nicht einmal
durch die eigene Verfassung einschränken lassen wollte. Es ging also auch
um eine Politik der einzig verbliebenen Supermacht, ihre Muskeln zu zeigen
und durch Einschüchterung psychologische Kriegsführung zu betreiben.
Vielleicht glaubten einzelne Politiker, Militärs und CIA-Agenten entgegen
den Erkenntnissen der Aufklärung und des Rationalismus, die in Europa vor
über 200 Jahren zum Verbot der Folter geführt hatten, wirklich, dass die
Folter zahlreiche brauchbare Ergebnisse produzieren würden. Jedenfalls ist
dieser Irrglaube durch den Senatsbericht überzeugend widerlegt worden.
Der Schaden, den die Bush-Regierung durch diese den Rechtsstaat mit Füßen
tretenden Politik weltweit angerichtet haben, da sie für viele Staaten und
Menschen dieser Welt ja noch immer als Vorbild für Demokratie, Rechtsstaat
und Menschenrechte gelten, wird nur sehr schwer zu reparieren sein. Denn,
wie meine Untersuchungsmissionen in allen Regionen dieser Welt gezeigt
haben, ist die Folter in der Mehrheit der heutigen Staaten ein weit
verbreitetes Mittel zur Erpressung von Geständnissen und sonstigen
Informationen.
Leider fühlen sich viele dieser Staaten durch die Praktiken der
Bush-Regierung in der Sinnhaftigkeit und Legitimität der Anwendung von
Folter bestätigt, auch wenn sie das natürlich nicht öffentlich zugeben.
13 Dec 2014
## AUTOREN
Manfred Nowak
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