| # taz.de -- Bremer Enquetekommission Klimaschutz: Nahverkehr fährt hinterher | |
| > Die Klimaschutz-Enquete hat sich Gedanken gemacht, wie die Stadt im | |
| > Verkehr CO2 einsparen kann. Dafür müssten vor allem mehr Busse und Bahnen | |
| > fahren. | |
| Bild: Hier kommt einfach zu viel klimaschädlicher Dreck raus | |
| Bremen taz | Eine „Trendumkehr“ im Verkehrssektor sei notwendig, sagte | |
| Wiebke Zimmer gleich zu Beginn der Sitzung der Enquetekommission | |
| Klimaschutz. Der Anteil des Sektors an Bremens Emissionen sei zwar „im | |
| nationalen Vergleich relativ gering“, so Zimmer, Bereichsleiterin | |
| Ressourcen und Mobilität am Öko-Institut. Aber das liege nicht etwa am | |
| klimafreundlichen Verkehr, sondern am hohen Output der anderen Sektoren – | |
| [1][man denke nur ans Stahlwerk]. Zimmer ist [2][Expertin in der | |
| Kommission], die am Freitag online tagte. | |
| Zwar legen Bremer*innen ein Viertel ihrer Wege mit dem Rad zurück, aber nur | |
| 15 Prozent mit Bus und Bahn. Ausbaufähig, findet Expertin Philine Gaffron | |
| vom Institut für Verkehrsplanung und Logistik der Technischen Uni Hamburg. | |
| Wirklich wichtig sei aber die Frage, wie viele Kilometer Bremer*innen | |
| insgesamt mit dem Auto zurücklegen. Laut einer Studie sind das 63 von 100, | |
| sagte Gaffron. Und Pendler*innen, die tagsüber die Stadt befahren, seien | |
| hier noch gar nicht mit eingerechnet. Unterm Strich heißt das: „7,8 | |
| Millionen Kilometer werden pro Tag im Bremer Netz gefahren.“ Das ist zu | |
| viel. | |
| [3][Potential gebe es vor allem bei Auto-Kurzstrecken], so Gaffron. Doch | |
| dafür brauche es einen attraktiveren öffentlichen Personennahverkehr | |
| (ÖPNV). Zuständig ist die Bremer Straßenbahn AG (BSAG). Andreas Busch, | |
| Leiter der BSAG-Verkehrsplanung, berichtete Expert*innen und Abgeordneten | |
| von den Plänen des Unternehmens: Um Fahrgäste zu gewinnen, will die BSAG | |
| bequemer werden, zuverlässiger – und vor allem schneller. | |
| Denn vorrangig die langen Fahrtzeiten störten die meisten | |
| Nichtnutzer*innen, so Busch. Bei den Wegen vom Stadtrand in die Innenstadt | |
| schneidet der ÖPNV wirklich schlecht ab: Nur aus Vegesack bringen | |
| Straßenbahn und Co. eine*n schneller ins Zentrum. Sonst gewinnt fast immer | |
| das Auto. | |
| Erst wenn das Angebot verbessert sei, könnten andere Maßnahmen wie die | |
| autofreie Innenstadt und das Umgestalten vom Parkraum wirken, sagte Busch. | |
| Kurz- und mittelfristig setze die BSAG dafür auf mehr Fahrten und einen | |
| Ausbau des Busnetzes, Letzteres vor allem für Querverbindungen zwischen den | |
| Stadtteilen und am Stadtrand. | |
| Das Ziel sei, den Fahrplan bis 2030 überflüssig zu machen, also eine | |
| Garantie dafür zu geben, dass von den meisten Haltestellen innerhalb von | |
| fünf Minuten ein Anschluss fährt. Das soll vor allem auf den am stärksten | |
| befahrenen Strecken gelten und insgesamt 85 Prozent der Bremer*innen | |
| erreichen. Dafür werde der Takt der Fahrten erhöht, tagsüber auf alle fünf | |
| Minuten auf stark befahrenen Strecken. Auch Schnellbusse soll es geben. Das | |
| koste pro Jahr 40 Millionen Euro mehr; die Wirtschaftlichkeit des | |
| Unternehmens werde darunter leiden, sagte Busch.. | |
| Auch [4][das Ziel Klimaneutralität] hat Busch im Blick, wie bei der | |
| Anschaffung der benötigten neuen Fahrzeuge. Die CO2-Emissionen des | |
| Unternehmens liegen momentan bei knapp 30.000 Tonnen pro Jahr. 80 Prozent | |
| davon kommen aus Dieselbussen. Die Straßenbahnen fahren bereits seit 2010 | |
| mit Ökostrom. Ziel sei, bis 2025 die Hälfte der gefahrenen Kilometer | |
| emissionsfrei anzubieten. | |
| Auch mehr Straßenbahnlinien sollen kommen, aber das stehe gerade nicht im | |
| Fokus. Zu „langwierig und konfliktbehaftet“ seien die Projekte, wie die | |
| Linie nach Huchting gezeigt habe, sagte Busch. „So etwas Ambitionsloses | |
| habe ich selten gesehen“, kritisierte Jens Eckhoff (CDU). Er hält einen | |
| Ausbau der Linien auch zeitiger für möglich, wenn man denn will und sich | |
| nicht „von jeder kleinen Bürgerinitiative“ ausbremsen lässt. | |
| Busch versuchte zu beruhigen: „Wir haben das nicht aufgegeben.“ Die Pläne | |
| seien ja im Verkehrsentwicklungsplan festgehalten – da gehe es um die | |
| Linien eins und acht und die Anbindung der Überseestadt. Aber es sei | |
| „einfach Realität“, dass dies nicht so schnell umsetzbar ist wie die | |
| anderen Maßnahmen. | |
| ## Ein besserer ÖPNV ist sozial gerechter Klimaschutz | |
| Der ÖPNV ist nur eine der vielen Stellschrauben bei der Verkehrswende. Aber | |
| eine Verbesserung hier sei auch sozial gerecht, sagte Gaffron. Denn wer | |
| reich ist, fährt eher das eigene Auto. Wer weniger verdient, fährt mehr Bus | |
| und Bahn. | |
| Nicht zuletzt braucht es für einen anderen Verkehr auch eine | |
| Verhaltensänderung der Menschen, erinnerte Zimmer. Philipp Bruck (Grüne) | |
| wies aber auch darauf hin: „Wir haben hier viel selbst in der Hand und sind | |
| nicht so sehr auf Bund und EU angewiesen.“ Die Ambitionen dürften daher | |
| ruhig groß sein. | |
| 30 Nov 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Sitzung-der-Bremer-Klima-Enquete/!5722271 | |
| [2] https://www.bremische-buergerschaft.de/index.php?id=enquete-klimaschutz | |
| [3] /Wo-Fahrradfahrer-Vorfahrt-haben/!5531457 | |
| [4] /Bremer-Enquete-Kommission-Klimaschutz/!5683750 | |
| ## AUTOREN | |
| Alina Götz | |
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