# taz.de -- Umweltbundesamt listet Maßnahmen auf: Spritpreise, Tempolimit, Maut | |
> Im Verkehrssektor muss massiv nachgesteuert werden, so das | |
> Umweltbundesamt. Es legt Vorschläge für die Koalitionsverhandlungen vor. | |
Bild: Der Verkehrssektor ist der einzige Bereich, der seine Emissionen gegenüb… | |
BERLIN dpa | Das Umweltbundesamt hat sich für einschneidende Maßnahmen | |
ausgesprochen, damit die Klimaziele im Verkehrsbereich erreicht werden | |
können: höhere [1][Spritpreise], Abschaffung der Pendlerpauschale, massiver | |
Ausbau von Bussen und Bahnen, [2][Tempolimit], Pkw-Maut. Der CO2-Preis | |
sollte demnach ab 2022 im Vergleich zur bisherigen Planung mindestens | |
verdoppelt werden. Das würde deutlich steigende Benzin- und Dieselpreise | |
bedeuten. Im Gegenzug will das Bundesamt einen sozialen Ausgleich. | |
[3][„Der Verkehr steuert beim Klimaschutz in die falsche Richtun]g“, sagte | |
der Präsident des Umweltbundesamts, Dirk Messner, der Deutschen | |
Presse-Agentur. „Ohne massive Anstrengungen auch dort wird es insgesamt | |
nichts mit dem Klimaschutz.“ Es seien im Verkehrssektor viel | |
wirkungsvollere Maßnahmen notwendig. | |
„Auch wenn die Spritpreise derzeit sehr hoch sind, sagen die Preise für | |
Benzin und Diesel nicht die ökologische Wahrheit“, erklärte Messner. „Aus | |
Klima- und Umweltschutzsicht ist es sinnvoll, den CO2-Preis weiter zu | |
erhöhen. Und das ist auch sozialverträglich möglich, wenn der Staat die | |
zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung nutzt, um die EEG-Umlage | |
deutlich zu senken und gleichzeitig klimaverträgliche Antriebstechnologien | |
zu fördern.“ | |
Messner sagte weiter: „Mir ist bewusst, dass die aktuellen Spritpreise an | |
den Tankstellen viele davon abschrecken, diese Diskussionen zu führen. Wir | |
müssen aber ehrlich sein und alle Optionen diskutieren. Dabei gehören | |
steigende CO2-Preise und Rückzahlungen an die Bürgerinnen und Bürger | |
zusammen.“ | |
Der Verkehrssektor sei der einzige Bereich in Deutschland, der seine | |
Treibhausgas-Emissionen gegenüber 1990 nicht gemindert habe. „Was noch | |
schlimmer ist: Wir werden auch die selbst gesetzten Ziele aus dem | |
Klimaschutzgesetz bis 2030 im Verkehrssektor deutlich verfehlen, wenn wir | |
nicht massiv nachsteuern. Mit den aktuell beschlossenen Maßnahmen landen | |
wir im Jahr 2025 bei 28 Millionen Tonnen zu viel und liegen im Jahr 2030 | |
sogar 41 Millionen über den gesetzlichen Zielen.“ | |
## Pendlerpauschale und Dieselprivileg | |
Diese riesige Lücke könne aber geschlossen werden, wenn ein Reformpaket des | |
Umweltbundesamtes umgesetzt werde, so Messner. „Wir setzen stark auf den | |
Ausbau der Alternativen zum Pkw- und Lkw-Verkehr, auf Elektrifizierung und | |
eine verursachergerechte, aber auch sozialverträgliche CO2-Bepreisung des | |
Verkehrs.“ | |
Die Behörde schlägt in einem umfassenden Papier etwa vor, das | |
Dieselprivileg ab 2023 schrittweise abzuschaffen – bisher wird Diesel | |
geringer besteuert als Benzin. [4][Außerdem solle die steuerliche | |
„Subventionierung“ von Dienstwagen ab 2022 schrittweise abgebaut werden.] | |
Die Pendlerpauschale solle ab 2027 abgeschafft werden, heißt es weiter. Sie | |
setze Fehlanreize für den Klimaschutz. Die Pauschale unterstützte den Trend | |
zu langen Arbeitswegen. Zugleich würden Arbeitswege überdurchschnittlich | |
häufig in Pkw mit nur einem Insassen zurückgelegt. Um soziale Härten | |
abzufedern, sollten Wegekosten in Härtefällen bei der Einkommenssteuer | |
berücksichtigt werden. | |
Messner sagte: „Natürlich wird man uns wieder vorwerfen, den üblichen | |
„Giftschrank“ aufzumachen. Es ist aber die bittere Wahrheit, dass wir im | |
Verkehrssektor viel Zeit verloren haben und daher nun viele Stellschrauben | |
gleichzeitig bewegen müssen, damit die Klimawende noch gelingt.“ Das | |
Umweltbundesamt hatte erst vor Kurzem eine Liste mit klimaschädlichen | |
Subventionen vorgelegt. | |
Die Behörde schlägt weiter vor, den Öffentlichen Personennahverkehr, den | |
Rad- und Fußverkehr und die Schiene mit zusätzlichen Milliarden Euro massiv | |
auszubauen. Für neue Pkw solle es strengere, europäische | |
CO2-Flottenzielwerte geben, um die Markteinführung von Elektroautos zu | |
beschleunigen. Die Alternative sei eine nationale E-Quote. Der Kauf neuer | |
CO2-armer und damit klimaschonender Pkw könne durch einen Bonus gefördert | |
werden – und der solcher mit hohem CO2-Ausstoß durch einen Malus verteuert. | |
Bereits in der laufenden Dekade müssten die Weichen gestellt werden, damit | |
Deutschland bis 2045 klimaneutral werden könne, heißt es in dem Papier. | |
Dazu seien auch Instrumente nötig, die erst nach 2030 wirkten. | |
Das Umweltbundesamt schlägt etwa die Einführung einer Pkw-Maut auf allen | |
Straßen ab etwa 2030 vor. „Eine fahrleistungsabhängige Pkw-Maut setzt | |
Anreize, Autofahrten zu verkürzen oder ganz einzusparen oder stattdessen | |
auf klimafreundlichere Verkehrsmittel umzusteigen“, heißt es im Papier. | |
Eine Pkw-Maut würde künftig den größten Beitrag zur Straßenfinanzierung | |
leisten. Dies sei auch nötig, weil eine zunehmende Elektrifizierung des | |
Verkehrs zu sinkenden Einnahmen durch die Energiesteuer führe. Die | |
Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland war 2019 vom Europäischen | |
Gerichtshof gestoppt worden. | |
Messner sprach sich außerdem für ein generelles Tempolimit von 120 | |
Stundenkilometern auf Autobahnen aus. Dieses könnte praktisch sofort und | |
ohne Mehrkosten dem Klima helfen und erhöhe zudem die Verkehrssicherheit. | |
SPD, Grüne und FDP haben in ihrem Sondierungspapier einem generellen | |
Tempolimit aber bereits eine Absage erteilt – die FDP ist gegen ein | |
Tempolimit. | |
4 Nov 2021 | |
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[1] /Klimaschutz-und-soziale-Gerechtigkeit/!5783176 | |
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[4] /Umweltschaedliche-Subventionen/!5807481 | |
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