# taz.de -- Ausweitung des Abgas-Skandals: Konzerne drohen, Politik schweigt | |
> Auch Mercedes und BMW könnten beim Abgastest betrogen haben. Das | |
> Verkehrsministerium reagiert nicht. Daimler droht der Deutschen | |
> Umwelthilfe. | |
Bild: Was da rauskommt, würde Daimler gern im Ungefähren lassen | |
BERLIN taz | Nachdem die Deutsche Umwelthilfe (DUH) letzte Woche auf | |
überhöhte Stickoxidwerte bei Mercedes- und BMW-Fahrzeugen aufmerksam | |
gemacht hat, ist der Automobilkonzern Daimler juristisch gegen den | |
Umweltverband vorgegangen. Erfolgreich verlangte der Mercedes-Hersteller, | |
dass die DUH eine Formulierung in ihrer Pressemitteilung veränderte. | |
Der Forderung, [1][ein Drohschreiben vom Anwalt des Unternehmens (pdf)] aus | |
dem Internet zu nehmen, widersetzte sich der Umweltverband jedoch. Ob auch | |
BMW juristische Schritte plant, ist offen. Man sehe „keine Veranlassung“, | |
darüber zu informieren, teilte ein Sprecher mit. | |
Die DUH [2][hatte vorige Woche die Ergebnisse von Abgastests vorgestellt], | |
die ein Schweizer Prüflabor im Auftrag der DUH und des ZDF-Magazins | |
„Frontal 21“ durchgeführt hatte. Dabei zeigte sich unter anderem, dass ein | |
Mercedes- und ein BMW-Fahrzeug den zulässigen Grenzwert einhielten, wenn | |
ein Prüfzyklus im Labor gefahren wurde. Als der identische Zyklus auf der | |
Straße nachgefahren wurde, stieg der Wert auf etwa das Dreifache an. | |
Ähnlich verhielt sich ein VW, der über eine Abschalteinrichtung verfügt, | |
die die Abgasreinigung auf der Straße teilweise deaktiviert. | |
Dass sie ebenfalls eine solche illegale Vorrichtung nutzen, haben BMW und | |
Mercedes zurückgewiesen – und die DUH und das ZDF unter Androhung | |
juristischer Schritte und hoher Schadenersatzforderungen davor gewarnt, | |
auch nur den Eindruck zu erwecken oder einen entsprechenden Verdacht zu | |
äußern. Der Anwalt von Daimler, Christian Schertz, verlangte zudem, das | |
entsprechende Schreiben nicht zu veröffentlichen. | |
Nachdem die DUH dennoch aus dem Schreiben zitiert und es ins Internet | |
gestellt hat, schickte Schertz dem Verband eine Abmahnung. In einem Punkt | |
gab die DUH nach: Sie änderte eine Formulierung in der Pressemitteilung, | |
die nahelegte, dass der Daimler-Anwalt nicht nur die Veröffentlichung | |
seines Schreibens, sondern auch der Messergebnisse selbst gefordert hatte. | |
Den Drohbrief selbst ließ die DUH aber im Netz. Für diesen Fall hatte | |
Schertz angekündigt, vor Gericht eine einstweilige Anordnung zu beantragen. | |
Zur Frage, ob und wann das geschieht, äußerte er sich auf taz-Anfrage | |
nicht. | |
Die Deutsche Umwelthilfe ist entschlossen, in dieser Frage notfalls durch | |
alle Instanzen zu gehen. „Es handelt sich um einen bisher einzigartigen | |
Versuch der Einschüchterung eines Umweltverbands“, sagte | |
DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch der taz. „So etwas darf nicht geheim | |
bleiben.“ | |
Aus der Politik gibt es hingegen weiterhin keine Reaktion auf die | |
spektakulären Messergebnisse. Schon gegenüber dem ZDF hatte das von | |
Alexander Dobrindt (CSU) geführte Verkehrsministerium eine Stellungnahme | |
abgelehnt. Auch auf taz-Anfrage gab es am Dienstag keine Antwort auf die | |
Frage, ob das Ministerium eine andere Erklärung für die Messergebnisse habe | |
als eine illegale Abschalteinrichtung. Verwiesen wurde lediglich auf | |
laufende Prüfungen des Kraftfahrtbundesamtes, die noch nicht abgeschlossen | |
seien. | |
22 Dec 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.duh.de/uploads/media/Daimler_AG_Schreiben_RA.pdf | |
[2] /Hohe-Abgaswerte-bei-Autoherstellern/!5258616 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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