# taz.de -- Armut in Deutschland: Wohnen wird zum Luxus | |
> Schaut man auch auf die Wohnkosten, sind in Deutschland viel mehr | |
> Menschen von Armut bedroht, als bisher angenommen. Dagegen hilft nur gute | |
> Politik. | |
Bild: Bezahlbarer Wohnraum ist rar | |
Wer eine neue Wohnung suchen muss – sei es wegen eines neuen Jobs, einer | |
Zwangsräumung oder weil man einen barrierefreien Zugang braucht –, dem kann | |
man nur wünschen: Viel Glück. Jeder weiß, es macht einen Unterschied im | |
Portemonnaie, ob man einen zwanzig Jahre alten Mietvertrag hat, oder ob man | |
im Jahr 2024 unterschreibt. | |
Dass Wohnkosten bei üblichen Statistiken zur Armut keine Berücksichtigung | |
finden, ist eigentlich kaum zu begreifen. Gut, [1][dass der Bericht „Wohnen | |
macht arm“ der Paritätischen Forschungsstelle] das endlich aufgreift. Mit | |
einer neuen Berechnungsmethode wurden erstmals die verfügbaren Einkommen | |
nach Abzug der Wohnkosten berücksichtigt. | |
Das Ergebnis: Damit sind 5,4 Millionen mehr Menschen armutsgefährdet. | |
Besonders trifft es junge Erwachsene, Rentner*innen, Alleinerziehende. | |
Das ist zutiefst entsetzlich und wenig überraschend zugleich. Viele | |
Haushalte sind mit Wohnkosten überbelastet, es fehlen bezahlbare Wohnungen, | |
Menschen rutschen in Altersarmut. | |
## Es braucht ein gesellschaftliches Umdenken | |
All das sind keine neuen Erkenntnisse. Der Bericht bestätigt im Grunde, was | |
viele in ihrem Alltag seit Jahren spüren: Das Grundbedürfnis Wohnen ist zum | |
Luxus geworden. | |
Wir leben in einer Gesellschaft, in der es normal ist, [2][Menschen in die | |
Obdachlosigkeit] zu räumen. Selbst die Zukunft der Mietpreisbremse ist | |
ungewiss. Dabei ist klar, es braucht viel mehr: Armutsbekämpfung muss gute | |
Löhne und eine Wohnungspolitik umfassen, die das Allgemeinwohl wieder in | |
den Fokus rückt. | |
Dafür braucht es neben konkreten Einzelmaßnahmen auch ein | |
gesellschaftliches Umdenken: Lieber führt man die x-te Bürgergelddebatte, | |
anstatt über [3][Steuerschlupflöcher von Immobilienkonzernen] zu sprechen. | |
In einer Zeit, in der der Wohnungsbau stockt, die Zahl der Sozialwohnungen | |
weiter sinkt und die Mieten weiter steigen, wird die Idee eines zeitlich | |
befristeten bundesweiten Mietendeckels immer noch als kommunistisches | |
Schreckgespenst bemüht. Die Immobilienlobby scheint gute Arbeit geleistet | |
zu haben. | |
13 Dec 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Studie-Paritaetischer-Wohlfahrtsverband/!6051376 | |
[2] /Anwaeltin-ueber-Zwangsraeumungen/!5996788 | |
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## AUTOREN | |
Jasmin Kalarickal | |
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