# taz.de -- Kabinett will mehr Mieterschutz: Plötzlich geht da was | |
> Seit dem Koalitionsbruch entdeckt Rot-Grün den Mieterschutz: | |
> Kappungsgrenze senken, Transparenz bei möblierten Wohnungen. Nur die | |
> Mehrheiten fehlen. | |
Bild: Leider ist es eher unwahrscheinlich, dass diese Vorhaben noch vor der Neu… | |
Berlin taz | Bundesjustizminister Volker Wissing, noch nicht lange im Amt, | |
legt in puncto Mietrecht ein ordentliches Tempo vor. Zumindest, wenn man | |
ihn mit seinem Vorgänger Marco Buschmann (FDP) vergleicht. Der hatte | |
erfolgreich alle [1][Mieterschutzverbesserungen blockiert], bis die Ampel | |
zerbrach. Nicht so Wissing: Am Mittwoch beschloss die Bundesregierung im | |
Kabinett einen von ihm vorgelegten Gesetzentwurf, der zahlreiche | |
Mieterschutzmaßnahmen enthält. | |
Derzeit dürfen in angespannten Wohnungsmärkten Mieten, die noch unter der | |
ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, innerhalb von drei Jahren höchstens um | |
15 Prozent steigen. Diese sogenannte Kappungsgrenze soll nun auf 11 Prozent | |
gesenkt werden, um den Mietenanstieg stärker zu begrenzen. Das wird | |
insbesondere für Sozialwohnungen relevant, deren Bindung ausläuft. | |
Zudem sollen Gemeinden mit über 100.000 Einwohner*innen verpflichtet | |
werden, eine qualifizierten Mietspiegel zu erstellen, um mehr Transparenz | |
zu schaffen. Der Betrachtungszeitraum, um die ortsübliche Vergleichsmiete | |
zu bestimmen, soll von sechs auf sieben Jahre ausgeweitet werden. Je länger | |
der Betrachtungszeitraum, desto mehr alte und damit meist günstigere | |
Mietverträge zählen hinein – die Ausweitung soll einen preisdämpfenden | |
Effekt haben. | |
## Besserer Kündigungsschutz | |
Der Gesetzentwurf enthält zudem einen verbesserten Kündigungsschutz. Werden | |
Mieter*innen wegen Zahlungsverzug außerordentlich gekündigt, kann die | |
Kündigung schon jetzt abgewendet werden, wenn die fehlenden Zahlungen | |
innerhalb der gesetzlichen Schonfrist beglichen werden. Dies gilt | |
allerdings nicht bei ordentlichen Kündigungen – dieser Umstand wird schon | |
[2][lange von Mieterschutzverbänden] beklagt. Laut Gesetzentwurf soll nun | |
die „Schonfrist, auf die ordentliche Kündigung übertragen“ werden. Dadurch | |
könnte wohl [3][ein Teil der Zwangsräumungen] verhindert werden. | |
Daneben sollen Vermieter*innen, die [4][möblierte Wohnungen] anbieten, | |
künftig verpflichtet werden, zu Mietbeginn den Möblierungsaufschlag separat | |
auszuweisen. Damit können Mieter*innen die ortsübliche Vergleichsmiete | |
einfacher ermitteln – und somit besser überprüfen, ob die Mietpreisbremse | |
eingehalten wird. Erst vergangene Woche hatte das Kabinett beschlossen, die | |
Mietpreisbremse bis Ende 2029 verlängern zu wollen. Die 2015 eingeführte | |
Mietpreisbremse gilt derzeit noch bis Ende 2025. | |
Doch beide Gesetzentwürfe haben einen großen Haken: Es ist eher | |
unwahrscheinlich, dass diese Vorhaben noch vor der Neuwahl durch den | |
Bundestag kommen. Denn die rot-grüne Übergangsregierung ist auf Stimmen aus | |
der Opposition angewiesen. Die FDP wird die Vorhaben jedenfalls nicht | |
durchwinken, die Union spielt auf Zeit und betont, für eine eventuelle | |
Verlängerung der Mietpreisbremse bliebe auch noch nach der Neuwahl Zeit. | |
Dem widerspricht [5][der Mieterschutzbund]: Bis eine Regierung stehe und | |
ein neuer Gesetzentwurf vorliege, könne viel Zeit vergehen. Zudem müssen | |
die Länder festlegen, welche Orte als angespannt gelten, auch das könne ein | |
paar Monate in Anspruch nehmen. | |
Die Zukunft der Mietpreisbremse bleibt also ungewiss. Einen ersten | |
Stimmungstest gibt es am Donnerstagabend: Da wird die Verlängerung der | |
Mietpreisbremse in erster Lesung im Bundestag beraten. | |
18 Dec 2024 | |
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## AUTOREN | |
Jasmin Kalarickal | |
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