# taz.de -- Schrumpfendes BIP: Gegen die Krise anbauen | |
> Das BIP ist zum zweiten Jahr in Folge gesunken. Um es anzukurbeln und | |
> Härten sozial abzufedern, sollte der Staat Wohnungen bauen. | |
Bild: Die machen es richtig: Bauen, bauen, bauen | |
Jetzt ist es amtlich: Deutschland steckt seit zwei Jahren in einer | |
Wirtschaftskrise. Bedenklicher aber als das Schrumpfen der | |
Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent im vergangenen Jahr, das das | |
Statistische Bundesamt nun konstatierte, sind die Begleiterscheinungen | |
dieses Rückgangs: die Gefahr, dass Klimaschutzmaßnahmen zurückgenommen und | |
die Kosten der Krise schlicht auf die Beschäftigten abgewälzt werden. | |
Der vermutlich nächste Kanzler Friedrich Merz macht damit Wahlkampf, dass | |
er das Verbrenner-Aus zurücknehmen will, vom grünen Stahl hält er nichts. | |
Die sozial- und arbeitsmarktpolitischen Forderungen der Union zielen darauf | |
ab, den Faktor Arbeit für die Unternehmen billiger und vor allem flexibler | |
zu machen. Obendrauf sollen die Unternehmen in den Genuss einer | |
Steuersenkung kommen. | |
Es droht eine neoliberale Scheinlösung der Krise, die eine Umverteilung von | |
unten nach oben bedeuten wird. Dabei wird ein Zurückdrehen in Sachen | |
Klimaschutz der Industrie nicht weiterhelfen. Im Gegenteil: Der Autobauer | |
VW zum Beispiel steckt derzeit in der Krise, gerade weil er die | |
Antriebswende nicht konsequent genug verfolgt hat und seine Elektroautos | |
nun nicht mit der Konkurrenz aus China mithalten können. | |
Vor allem aber kann die Wirtschaftskrise nur mit der Einsicht gelöst | |
werden, dass „die Wirtschaft“ nicht allein aus Unternehmen besteht. Auch | |
die Menschen im Land sind Teil des wirtschaftlichen Lebens. Sie steigern | |
das Bruttosozialprodukt, indem sie arbeiten und einkaufen gehen. Doch | |
sorgen sie sich in Zeiten der Krise um ihren Arbeitsplatz. Zudem leiden sie | |
weiterhin unter den hohen Preisen. Erst im vergangenen Jahr erreichten die | |
Reallöhne wieder ein Vor-Corona-Niveau. In den Städten kommen die hohen | |
Mieten hinzu. | |
## Wohnraumpolitik ist Wirtschaftspolitik | |
Statt Geld in pauschale Steuersenkungen zu stecken, sollte der Staat es | |
lieber in ein breit angelegtes soziales Wohnungsbauprogramm investieren. | |
Denn noch prekärer als in der Industrie ist die Lage auf dem Bau. Der Staat | |
könnte mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Er würde nicht nur in | |
einer wichtigen Branche Arbeitsplätze sichern, er würde auch weite Teile | |
der Bevölkerung durch bezahlbaren Wohnraum finanziell entlasten. | |
Die Menschen hätten dann mehr Geld zur Verfügung, mit dem sie Besseres | |
anstellen könnten, als es an ihre Vermieter zu überweisen. So würde die | |
Konjunktur weiter gestärkt. Last, but not least wäre das auch fürs Klima | |
gut, weil gut isolierte Neubauten weniger geheizt werden müssen als | |
unsanierte Altbauten. | |
15 Jan 2025 | |
## AUTOREN | |
Simon Poelchau | |
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