# taz.de -- Kritik an Wohnungspolitik der Regierung: Mietenpolitik der Ampel? D… | |
> In Berlin trifft sich der zusammengeschrumpfte Wohngipfel der | |
> Bundesregierung. Draußen fordert ein breites Bündnis bezahlbare Mieten | |
> und einen bundesweiten Mietendeckel. | |
Bild: Protest in Berlin am 5. Dezember 2024: Zum Wohngipfel der Bundesregierung… | |
Berlin taz | Vor dem Institut für Bautechnik in Berlin-Schöneberg ist es am | |
Donnerstag ungewöhnlich laut. Weit über hundert Menschen haben sich hier | |
gegen 14 Uhr versammelt und schlagen mit Kochlöffeln auf Topfdeckel. Ein | |
Mann hält ein Schild in die Luft. „Mieter sind keine Zitronen“, steht | |
darauf. | |
Aufgerufen zum Protest hat ein breites Bündnis aus 50 Mietinitiativen und | |
zivilgesellschaftlichen Organisationen unter dem Titel „Offensiv für | |
Wohnraum“. Nicht nur in Berlin, sondern in über 30 Städten sind | |
Mieten-Proteste geplant. Und wer sich fragt, was es mit den Topfdeckeln auf | |
sich hat – dem liefert Lara Eckstein, Sprecherin des Bündnisses, die | |
Antwort: „Wir fordern einen bundesweiten Mietendeckel.“ | |
Anlass für den Protest ist ein zusammengeschrumpfter Wohngipfel der | |
Bundesregierung. Ursprünglich sollte dieser in Hamburg mit Bundeskanzler | |
Olaf Scholz stattfinden, wurde mit dem Chaos der gescheiterten | |
Ampelregierung aber abgesagt. Stattdessen trifft nun | |
[1][Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD)] im Institut für Bautechnik | |
Vertreter*innen des „Bündnisses bezahlbares Wohnen“. Dem Bündnis | |
gehören mehr als 30 Akteure aus Politik, Bau- und Immobilienbranche sowie | |
aus der Zivilgesellschaft an. Bahnbrechende Ergebnisse werden nicht | |
erwartet, es soll vor allem Bilanz gezogen werden. | |
Für Jasmina Rühl von der Berliner Nachbarschaftsinitiative PrinzEbers war | |
die Bundespolitik der letzten Jahre „ein Totalausfall“. Das Mietrecht werde | |
ausgehöhlt „und gegen uns gerichtet“. Rühl berichtet aus dem Kiez, viele | |
kämpften um den Verbleib im Viertel, hätten Angst, die Wohnung zu | |
verlieren, müssten „Horrorheizrechnungen“ bezahlen, die Mieten stiegen „… | |
den Himmel.“ Auch sie findet: Es braucht einen Deckel. | |
Keine neue Idee. Das Land Berlin war vor Jahren mal vorangeschritten und | |
hatte einen auf Landesebene eingeführt. Dieser wurde aber [2][vom | |
Bundesverfassungsgericht gekippt], mit der Begründung, das Mietrecht liege | |
in der Kompetenz des Bundes. | |
Sebastian Bartels, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, erinnert | |
aber auch daran, dass man auch eine „Öffnungsklausel für Bundesländer“ | |
schaffen könnte. Und er fordert die Mietpreisbremse, die Ende 2025 | |
ausläuft, zu verlängern. Um das zu tun, müssen sich SPD und Grüne | |
Mehrheiten im Parlament suchen. | |
Caren Lay, wohnungspolitische Sprecherin der Linkengruppe im Bundestag, | |
beklagt auf der Kundgebung „Mieten auf Höchststand und Sozialwohnungen auf | |
historischem Tiefststand“. | |
Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP hat in puncto Wohnungspolitik | |
wenig geliefert: Die Strategie, Mietenpolitik zu vernachlässigen und allein | |
auf Neubau zu setzen, ist gescheitert. Die Mieten steigen weiter, auf die | |
pro Jahr versprochenen 400.000 Wohnungen, davon 100.000 bezahlbar, warten | |
die Menschen im Land vergeblich. | |
Immerhin: Die [3][neue Wohngemeinnützigkeit,] die Steuervorteile für die | |
verspricht, die dauerhaft bezahlbaren Wohnraum schaffen, wurde kürzlich in | |
einer Schmalspurvariante eingeführt. Das von Klara Geywitz geführte | |
Bauministerium betont zudem gern, dass die Fördermittel für den sozialen | |
Wohnungsbau auf Rekordhöhe sind. Bis 2028 wird den Ländern eine Rekordsumme | |
von 21,65 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Nur reicht das bislang | |
nicht, um den Negativtrend aufzuhalten. Es fallen [4][immer noch mehr | |
Sozialwohnungen aus ihrer Bindung] als neue entstehen. | |
Das Bundesbauministerium selbst stellt sich selbst dennoch kein schlechtes | |
Zeugnis aus. Aus Ministeriumskreisen heißt es: Seit 2021 wurden jährlich | |
deutschlandweit knapp 300.000 Wohnungen fertig gebaut. Das sei noch nicht | |
genug, aber: Die Lage am Bau sei stabil geblieben – trotz der denkbar | |
schwierigen Rahmenbedingungen. Dort ist man überzeugt: Viele der | |
getroffenen strategischen Maßnahmen werden „ihre volle Wirkung mittel- und | |
langfristig entfalten“. | |
Die mittelfristige Perspektive hilft aber Menschen, die akut unter | |
Wohnungsnot leiden, wenig weiter. Sabine Bösing, Geschäftsführerin der | |
Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, warnte an diesem Tag vor dem | |
kommenden Winter: „Für Menschen, die ohne Schutz auf der Straße leben, ist | |
die Kälte eine lebensbedrohliche Gefahr.“ | |
5 Dec 2024 | |
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## AUTOREN | |
Jasmin Kalarickal | |
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