# taz.de -- Spekulationsobjekt Mietwohnung: Angst vor dem Rausschmiss | |
> Wenn das Betongold an Wert verliert: Das Wohnungsunternehmen Heimstaden | |
> steckt in der Krise. Was heißt das für die Mieter*innen? | |
Bild: Angst der Berliner Mieter vor dem neuen Besitzer Heimstaden | |
Robin Schmidt zieht am Ende des Flurs einen beigefarbenen Vorhang zur Seite | |
und zeigt auf die hintere Wand. Eigentlich hat Schmidt dort jahrelang | |
Klamotten aufbewahrt, bis sich irgendwann ein muffiger Geruch breitmachte. | |
Der Schock folgte, als die Sachen weggeräumt waren: dunkle und gelbliche | |
Flecken vom Boden bis an die Decke. | |
„Im Herbst 2023 habe ich eine erste Mängelmeldung gemacht“, erzählt Schmi… | |
bei einem Besuch im März. Die Wand ist kalt und feucht. Auch eine | |
angrenzende Ecke im Schlafzimmer ist betroffen. Schmidt kramt ein | |
Schimmelspray hervor. „Einige Telefonate habe ich geführt, im Januar kam | |
dann ein Mitarbeiter, drückte mir das Spray in die Hand und versprach sich | |
zu kümmern.“ Seither sei nichts passiert. | |
Auch andere Nachbarn hätten mit Schimmelbefall an derselben Außenwand zu | |
kämpfen, sagt Schmidt. Sie vermuten, dass vielleicht ein noch unentdeckter | |
Schaden aufgetreten ist. „Ich lebe hier seit zwölf Jahren, ich hatte nie | |
Probleme mit Schimmel.“ Tatsächlich zeichnet sich an der betroffenen Seite | |
ein riesiger Fleck auf der Außenwand des Mietshauses ab. | |
Robin Schmidt heißt in Wirklichkeit anders und möchte in diesem Text nicht | |
identifizierbar sein, nicht als Mann oder Frau. Auch der genaue Wohnort | |
soll vage bleiben, nur so viel sei verraten: Es ist ein Altbau in Berlin. | |
Denn wer legt sich schon gern mit seinem*r Vermieter*in an in einer | |
Stadt, in der die Wohnungssuche oft einer Lotterie gleicht? | |
Außerdem gehört die Wohnung nicht einer Privatperson, die für Probleme | |
ansprechbar wäre. Sie gehört dem skandinavischen Immobilienunternehmen | |
Heimstaden, das Wohnungen in zahlreichen europäischen Ländern besitzt – und | |
jetzt, im Zuge der Probleme in der Immobilienwirtschaft, finanziell in der | |
Krise steckt. Und so gibt es eine Verbindung zwischen einer schimmligen | |
Wand in Berlin und dem Finanzmarkt: Für die einen bedeutet Wohnen ihr | |
Zuhause. Für die anderen ist es eine Ware. | |
In Deutschland ist Heimstaden schon mehrfach in die Kritik geraten. | |
[1][Ausgefallene Heizungen im Winter], zu spät eingeforderte | |
Nebenkostenabrechnungen und [2][unzulässige Mieterhöhungen]. Nach einem | |
medialen Aufschrei entschuldigte sich der Konzern und begründete das | |
Malheur mit einem IT-Fehler. Doch vieles spricht dafür, dass diese Fehler | |
System haben. | |
Gegründet wurde Heimstaden – norwegisch für Heimatstadt – 1998 im | |
schwedischen Malmö von Investoren aus Norwegen. 2005 übernahm dann der | |
norwegische Milliardär Ivar Tollefsen, auch bekannt für | |
Antarktisexpeditionen, extreme Bergbesteigungen und eine Rallye durch die | |
chilenische Atacamawüste. Mit offenbar der gleichen Abenteuerlust schuf er | |
ein verschachteltes Immobilienimperium. | |
Die Wohnungen in Deutschland gehören zum Unternehmen Heimstaden Bostad, an | |
dem der schwedische Pensionsfonds Alecta und Heimstaden AB die größten | |
Anteile halten. Hinter Heimstaden AB steht die Investmentgesellschaft | |
Fredensborg AS und die gehört Ivar Tollefsen. Das Schicksal schwedischer | |
Rentner*innen hängt so zum Teil davon ab, wie viel Geld Heimstaden aus | |
seinen deutschen Mieter*innen rauspressen kann. Es ist der ganz normale | |
Irrsinn der finanzmarktgetriebenen Immobiliengeschäfte. | |
Heimstaden expandierte in den vergangenen Jahren zu einem Unternehmen, das | |
über 161.500 Mietwohnungen in neun Ländern verfügt: Norwegen, Schweden, | |
Dänemark, Niederlande, England, Finnland, Polen, Tschechien, seit 2018 auch | |
in Deutschland. | |
Der Konzern steht damit exemplarisch für einen Trend: Wohnen als | |
Finanzanlage, einzig dem Ziel verpflichtet, Renditeerwartungen von | |
Investoren zu erfüllen. Die Niedrigzinspolitik nach der Finanzkrise und die | |
wachsende Wohnungsnot in den Städten begünstigten es, dass das Kapital | |
vermehrt in den Immobilienmarkt floss. Aus Wohnraum wurde vermeintliches | |
Betongold. | |
Das zeigt auch das [3][europäische Rechercheprojekt „Cities for Rent“], das | |
große Immobiliendeals in 16 europäischen Städten unter die Lupe genommen | |
hat. 2009 wurden demnach 7,9 Milliarden Euro in Mietwohnungen investiert. | |
Zehn Jahre später, 2019, waren es 66,9 Milliarden Euro. 2020, während der | |
Coronapandemie, ging dieser Trend leicht zurück. Platz eins bei den | |
Investitionen ist Berlin. | |
„Meist werden nur bestehende Wohnungen aufgekauft und dann die Preise nach | |
oben getrieben“, erklärt Ökonom Jorim Gerrard vom Verein Finanzwende, der | |
sich als Gegengewicht zur Finanzlobby versteht. In der [4][Studie „Rendite | |
mit der Miete“] untersuchte er, wie die Profitlogik der Immobilienkonzerne | |
die deutsche Wohnungskrise verschärft. Untersucht wurden unter anderem | |
Unternehmen wie Vonovia, LEG Immobilien, Grand City Properties, Covivo, | |
aber auch Heimstaden. | |
Heimstaden habe „extrem von den niedrigen Zinsen profitiert und konnte | |
dadurch hohe Wertsteigerungen erzielen“, sagt Gerrard. Doch diese | |
Geschäftsmodell sei ihnen nun „auf die Füße gefallen“. Seit 2022 seien d… | |
Kurse in Folge von Zinswende, Inflation und fallenden Immobilienpreisen | |
rasant abgestürzt, sagt er. Im Managersprech heißt das: Der Fair Value der | |
Bestandsimmobilien ist von 2022 auf 2023 von 345 Milliarden Schwedischen | |
Kronen auf 319 Milliarden gefallen. Was etwa einem Minus von 2,3 Milliarden | |
Euro entspricht. | |
Die hohen Wertverluste der Immobilien führten nun dazu, dass das | |
Unternehmen schwerer an Finanzierungen kommt, sagt Gerrard. Und dieser | |
Druck wirke sich unmittelbar auf Mieter*innen aus: „Die | |
Renditeerwartungen der Kapitalanleger können nur mit erhöhten Mieten oder | |
durch Weiterverkauf bedient werden, was oft zu Verdrängung führt.“ | |
Fragt man bei Heimstaden selbst nach, klingt alles weniger dramatisch. Das | |
Wort Krise benutzt Michael Lippitsch, der Pressesprecher von Heimstaden | |
Deutschland, jedenfalls nicht. Die noch immer anhaltende Mischung aus | |
gestiegenen Zinsen und Preissteigerungen sei „herausfordernd, aber wir | |
navigieren durch die aktuelle Marktlage weiterhin sehr solide“, sagt er. | |
Aber auch, dass der Vorstand beschlossen habe, „keine Dividenden | |
auszuschütten“. Zuletzt habe es allerdings wieder einen leichten Anstieg | |
bei den Immobilienwerten gegeben. | |
Auf der eigenen Internetseite, die im warmen Orange gehalten ist, | |
verspricht Heimstaden eine starke Kundenorientierung unter dem Motto | |
„friendly homes.“ Ziel sei, „ein freundliches Wohnklima für unsere | |
Mieter:innen zu schaffen und einen positiven Einfluss auf unsere | |
Gesellschaft auszuüben“. Alles gegendert mit Doppelpunkt. Auf der | |
Internetplattform Trust Pilot, bei der Unternehmen bewertet werden können, | |
bietet sich ein anderes Bild. Heimstaden bekommt dort nur 1,3 von 5 | |
möglichen Sternen. Und die Unzufriedenheit macht sich nicht nur im Internet | |
breit, sondern hat ihren Weg schon längst auf die Straße gefunden. | |
An einem Samstag im April geht Katja Müller, eine große Frau mit | |
Sonnenbrille, in Berlin-Kreuzberg ans Mikrofon. Hinter ihr, in einem | |
Altbau, befindet sich die Berliner Zentrale von Heimstaden. Mehrere | |
Dutzende Menschen haben sich zum Protest gegen den Immobilienriesen | |
versammelt. Müller, die anders heißt und nicht mit ihrem echten Namen | |
auftauchen will, ist Aktivistin der Berliner Initiative #StopHeimstaden, in | |
der sich unzufriedene Mieter*innen seit Oktober 2020 organisiert haben. | |
„Wohnraum ist keine Ware!“ steht auf einem Transparent. Und darunter: | |
„Heimstaden, Vonovia und Co. fahrt zur Hölle“. | |
„Was haltet ihr von Indexmieten?“, ruft Müller in die Menge. „Buuuuuuuh�… | |
antworten die Teilnehmer*innen. „Was haltet ihr von Mieterhöhungen?“, fragt | |
sie. „Buuuuuuh.“ So geht das weiter. Heimstaden, Aktienrente, befristete | |
Mietverträge, schlechte Instandhaltung – alles buh. Gejubelt wird, als | |
Müller nach einem bundesweiten Mietendeckel und einer Enteignung von großen | |
Wohnungsunternehmen fragt. | |
Der Protest in Berlin erzählt im Kleinen das Große: Mieter*innen stehen | |
mit Pappschildern einem anonymen Riesenkonzern gegenüber, der in den Händen | |
eines norwegischen Milliardärs liegt. Von Heimstaden selbst ist niemand | |
gekommen, das Unternehmen hat nur drei junge Männer als Aufpasser | |
vorbeigeschickt. Sie beobachten die Protestaktion von einer Bordsteinkante | |
aus. Auf das silberfarbene Unternehmensschild hat jemand einen Sticker | |
geklebt: „Heimstaden enteignen“ steht nun da. | |
In Deutschland vermietet Heimstaden 29.700 Wohnungen in neun Städten, | |
20.300 davon in Berlin. Einen Großteil davon ergatterte der Konzern durch | |
einen Megadeal im Jahr 2021, als der schwedische Konzern Akelius seine | |
Wohnungsbestände in Deutschland, Schweden und Dänemark für 9,1 Milliarden | |
Euro verkaufte. Mit zwei Folgen: Der Besitzer Roger Akelius, ebenfalls | |
Milliardär, schüttete im Jahr nach dem Deal eine [5][Rekorddividende von 6 | |
Milliarden Euro] zugunsten dubioser Stiftungen in den Bahamas aus. Und | |
Heimstaden stieg in Berlin damit zum zweitgrößten privaten Vermieter nach | |
Vonovia auf. | |
Für Berliner Mieter*innen war dieser Deal von Anfang an mit einer | |
Unsicherheit verbunden. Heimstaden versprach zwar eine langfristige, | |
mieterfreundliche Strategie. Dennoch war der Zeitpunkt des Megadeals | |
überraschend. 2021 wurde in Berlin in einem Volksentscheid für die | |
Vergesellschaftung von großen Wohnungsunternehmen gestimmt. Die meisten | |
Investoren hätten sich in der Zeit zurückgehalten, doch Heimstaden sei | |
trotzdem reingegangen, erklärt Ökonom Gerrard. Eine Strategie, die bewusst | |
mit dem Risiko spielte. | |
„Vermutlich hätte das auch funktioniert, wenn die Krise mit der Zinswende | |
nicht gekommen wäre“, sagt Gerrard. Doch nun steigt der Renditedruck. | |
„Heimstaden hat einen Fokus auf Wertsteigerung durch aggressive | |
Modernisierung und nutzt alle Mieterhöhungsspielräume, wohl auch in | |
Graubereichen.“ | |
Diese Entwicklung lässt sich auch an Zahlen ablesen: „Die Mieten von | |
Heimstaden liegen oft deutlich höher als die umliegenden | |
Durchschnittsmieten“, sagt Gerrard. Außerdem könne man bei | |
profitgetriebenen Wohnungsunternehmen ein Muster erkennen: „Viel Fokus auf | |
Modernisierung, weniger auf Instandhaltung.“ Es ist die Logik des | |
Finanzmarkts. | |
Während Modernisierungen den Wert des Unternehmens steigern und es | |
erlauben, die Mieten zu erhöhen, ist das bei Instandhaltungen nicht der | |
Fall. Bestehende Wohnungen zu pflegen und zu warten, wird aus | |
Unternehmenssicht eher als lästiger Kostenblock betrachtet. Darunter fallen | |
zum Beispiel Reparaturen, der Ersatz von Heizungsanlagen oder auch | |
Schimmelbeseitigung. | |
Andere Einsparungen sind nicht unbedingt auf den ersten Blick ersichtlich. | |
In den Geschäftsberichten tauchen sie laut Studie oft unter dem Stichwort | |
Digitalisierung oder Effizienzsteigerung auf. Real führe das oft zu einer | |
Verschlechterung des Kundenservices. Die Folge: Das Unternehmen ist für | |
Mieter*innen schlecht erreichbar, oder es kommt zu fehlerhaften | |
Abrechnungen. | |
Mieter*in Robin Schmidt kommt das alles sehr bekannt vor. Seit Heimstaden | |
2021 zum neuen Eigentümer wurde, hat Schmidt zwei Mieterhöhungsschreiben | |
bekommen. Eines liegt der taz vor. Wer die Mieterhöhung so nicht | |
akzeptieren will, wird darauf aufmerksam gemacht, dass Heimstaden bei einem | |
Widerruf „Klage auf Zustimmung erheben“ wird. Was im Prinzip nichts anderes | |
als eine Drohung ist. | |
Schmidt ließ sich aber beim Berliner Mieterverein beraten und wehrte sich. | |
Die Wohnung wurde nach dem Berliner Mietspiegel nicht korrekt zugeordnet. | |
Von Heimstaden erfolgte daraufhin keine Reaktion, keine Klage, die Miete | |
wurde nicht erhöht. Die Frage ist nur: Bei wie vielen ist der Konzern damit | |
durchgekommen? Mietervereine in Berlin und Hamburg gehen nach ihren | |
Erfahrungswerten davon aus, dass [6][die Hälfte der Mieterhöhungsschreiben | |
von Heimstaden] fehlerhaft sind. | |
Auch wenn Schmidt die Mieterhöhungen abwehren konnte, mit dem | |
Schimmelbefall ist er nicht weitergekommen. „Das ist ein gravierender | |
Mangel und massiv gesundheitsschädigend“, sagt Schmidt, „Aber ich kann | |
eigentlich nur bei einer Servicenummer anrufen und mit wechselnden | |
Ansprechpartnern sprechen. E-Mails und Briefe werden erst gar nicht | |
beantwortet.“ Es sei ärgerlich, dass Mieter*innen ohne Anwalt kaum | |
Möglichkeiten hätten, sich zu wehren. Ein Schritt, den viele ohnehin | |
scheuen. „Wie kann es eigentlich sein, dass sich Investoren einkaufen, aber | |
sich nicht kümmern? Warum gibt es da keine Kontrollfunktion?“ Nach erneuter | |
Beratung beim Mieterverein hat Schmidt nun einen Anwalt eingeschaltet. | |
Ausgang ungewiss. | |
Die Krise von Heimstaden hat offenbar eine Neuausrichtung der | |
Unternehmensstrategie erforderlich gemacht. „Heimstaden hat sich | |
verkalkuliert. Sie sind spät eingestiegen und haben zu höheren Preisen | |
gekauft“, erklärt Gerrard vom Verein Finanzwende. „Die Renditen sind aber | |
nicht ausreichend gestiegen, um die Wertsteigerung zu erfüllen, wie sie den | |
Investoren versprochen haben.“ Nun lässt sich in den Geschäftsberichten | |
lesen, dass sie einen Privatisierungsplan machen. Geplant seien „Stück für | |
Stück Verkäufe an private Haushalte, das ist besonders schmerzhaft, denn so | |
werden tatsächlich Leute rausgedrängt“, sagt Gerrard. Die wenigsten | |
Mieter*innen könnten es sich leisten, eine Wohnung zu kaufen. | |
In den Niederlanden hat der Verkauf von Wohnungen bereits begonnen. | |
Heimstaden selbst wiegelt für Deutschland aber ab. Die | |
Privatisierungsstrategie betreffe „bislang in erster Linie die Niederlande | |
und Dänemark und hatte nur geringfügige Auswirkungen auf unser Geschäft in | |
Deutschland“, sagt Pressesprecher Lippitsch. Man erwäge aber | |
„Privatisierungsverkäufe in allen unseren Märkten, auch in Deutschland“. | |
Genauer wird er nicht. | |
Katja Müller von #StopHeimstaden bleibt skeptisch. Sie schickt der taz den | |
Screenshot eines Stellengesuchs. Heimstaden sucht darin eine Leitung für | |
ein Privatisierungsteam in Deutschland. Aktivistin Müller gehört zum | |
engeren Organisationsteam von #StopHeimstaden. Organisiert werden | |
Mieter*innenversammlungen, um sich über Probleme auszutauschen, | |
Rundschreiben mit neuen Informationen, Demovorbereitungen und Pressearbeit, | |
aber auch sehr praktische Hilfe. Im Februar 2024 konnten sich interessierte | |
Mieter*innen Hilfe beim Widerspruch gegen zu hohe | |
Nebenkostenabrechnungen holen. | |
„#StopHeimstaden ist im engen Austausch mit verschiedenen Mieterinitiativen | |
in Berlin und anderen deutschen Städten. Aber jetzt wollen wir uns auch | |
europäisch vernetzen“, sagt sie. „Das, was in anderen Regionen geschieht, | |
kann uns auch in Deutschland erwarten.“ Denn Heimstaden ist kein deutsches | |
Problem, kein schwedisches, es ist ein internationales Problem. | |
In der niederländischen Stadt Eindhoven hat Heimstaden zum Beispiel bei | |
einem ehemaligen Sozialwohnungskomplex angekündigt, tausende Wohnungen | |
verkaufen zu wollen. Mieter*innen dort wehren sich aber nicht nur gegen | |
die Privatisierungspläne. Ihre Vorwürfe klingen vertraut: Die | |
Instandhaltung werde vernachlässigt, Beschwerden ignoriert, Mieterhöhungen | |
trotzdem durchgesetzt. | |
„Viele Fenster sind hier schlecht isoliert, heizen ist unglaublich teuer“, | |
sagt Abel Heijkamp von Bond Precaire Woonvorm, einem Verein, der | |
Mieter*innen unterstützt. Schon jetzt seien verschiedene | |
Mieterorganisationen aus unterschiedlichen europäischen Städten über die | |
European Action Coalition vernetzt, so Heijkamp. „Aber mit Heimstaden | |
haben wir jetzt auch einen gemeinsamen Gegner“, sagt er in einem Telefonat | |
der taz. | |
Man müsse „die schädlichen Geschäftsmodelle politisch begrenzen“, sagt | |
Ökonom Jorim Gerrard. Dazu gehöre nicht nur Mietenregulierung. Wichtig sei | |
auch, „die verschiedenen Steuerprivilegien, die das Geld erst in diesen | |
Markt lenken“, anzugehen. Bei den sogenannten Share Deals wird zum Beispiel | |
regelmäßig die Grunderwerbssteuer umgangen. | |
Die Ampel wollte dieses Schlupfloch schließen, aber bislang ist nichts | |
passiert. Generell müsse es „weniger attraktiv werden, Wohnen als | |
Finanzanlage zu sehen, sondern wieder als gemeinnützige Investition, etwa | |
durch eine neue Gemeinnützigkeit“, sagt Gerrard. Auch das war eigentlich | |
ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag: Steuervorteile für die, die | |
dauerhaft bezahlbaren Wohnraum schaffen. Und auch das hängt gerade im | |
Finanzministerium. | |
In Berlin, wo sich eine Mehrheit der Bürger*innen für eine Enteignung | |
großer Wohnungskonzerne ausgesprochen hat, passiert ebenfalls nicht viel – | |
obwohl eine [7][Expertenkommission Enteignungen für zulässig hält.] Der | |
Berliner Senat verfolgt die [8][Strategie der Verschleppung]. Für den 1. | |
Juni hat ein [9][breites Bündnis in der Hauptstadt] zu einer großen | |
Demonstration aufgerufen. Das Motto: „Die Miete ist zu hoch.“ | |
1 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesspiegel.de/berlin/berliner-wirtschaft/schornstein-unbenutz… | |
[2] /Fehlerhafte-Mieterhoehungen/!5969638 | |
[3] https://interaktiv.tagesspiegel.de/lab/mietmarktlabor-berlin-wie-internatio… | |
[4] https://www.finanzwende.de/ueber-uns/aktuelles/rendite-mit-der-miete | |
[5] /Akelius-schuettet-Dividende-aus/!5843609 | |
[6] https://www.berliner-mieterverein.de/presse/pressearchiv/fehlerhafte-mieter… | |
[7] /Gutachten-zu-Wohnungspolitik-in-Berlin/!5940303 | |
[8] /Deutsche-Wohnen-enteignen/!5976292 | |
[9] /Grossdemo-der-Mietenbewegung/!6012832 | |
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Jasmin Kalarickal | |
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