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# taz.de -- Mietenwahnsinn in Berlin: Konkurrenzkampf um Sozialwohnungen
> Die Erweiterung des WBS-Berechtigtenkreises durch den Senat hat die
> Wohnungsknappheit für Betroffene weiter angeheizt, kritisiert der
> Mieterverein.
Bild: Zuhause in Berlin – muss man sich auch erst mal leisten können: Bausen…
Berlin taz | Ein Drittel der Berliner Haushalte zahlt Mieten, die sie sich
überhaupt nicht leisten können. Im Schnitt blättern sie satte 45 Prozent
ihres Einkommens für die Bruttokaltmiete hin. Das geht aus einer am
Dienstag vorgestellten Studie des Berliner Mietervereins und der
Stadtforschungsgesellschaft Asum hervor.
Besonders betroffen sind demnach Ein-Personen-Haushalte und große Haushalte
mit vier und mehr Personen. Viel zu häufig geht bei ihnen angesichts
niedriger Einkommen auf dem gegenwärtigen Wohnungsmarkt nichts ohne
staatliche Hilfen.
Für Mieterverein-Geschäftsführerin Ulrike Hamann-Onnertz belegen die neuen
Daten, „dass die derzeit genutzten wohnungspolitischen Instrumente der
Landesregierung wesentliche Teile der Berliner Bevölkerung nicht
berücksichtigen“.
Dass die schwarz-rote Koalition den [1][Anspruch auf einen
Wohnberechtigungsschein (WBS) im vergangenen Jahr auf Menschen mit
mittleren Einkommen ausgeweitet] hat, sei aufgrund der explodierenden
Mietpreise auf dem freien Markt zwar „durchaus zu begrüßen“, sagt
Hamann-Onnertz. Zugleich habe sich durch diesen Schritt aber auch die
Wohnungsknappheit für WBS-berechtigte Haushalte insgesamt verschärft.
Denn seither gibt es zwar 25 Prozent mehr Berliner:innen mit Anspruch
auf einen WBS. Das schlägt sich, so die Kritik, aber nicht in einer
Erhöhung der entsprechenden Vermietungsquoten der landeseigenen
Wohnungsunternehmen nieder. Unterm Strich habe die WBS-Entscheidung des
Senats „die Konkurrenz um die soziale Ressource Wohnung“ daher nur noch
angeheizt.
## Senat setzt weiter auf Allheilmittel Neubau
Katrin Schmidberger sieht das genauso. „Die WBS-Haushalte werden
gegeneinander ausgespielt“, sagt die Sprecherin für Mieten und Wohnen der
Grünen-Fraktion zur taz. Dass die Mieten für ein Drittel aller
Berliner:innen generell kaum noch zu stemmen sind, sei dabei
„erschreckend, für Expert:innen aber leider auch nicht wirklich
überraschend, da sich genau diese Entwicklung schon lange abzeichnet“, so
Schmidberger.
Umso mehr frage sie sich, ob und wann das im schwarz-roten
Koalitionsvertrag versprochene „Berliner Wohnraum-Sicherungsgesetz“ kommt.
Damit könnten private Vermieter:innen gesetzlich etwa verpflichtet
werden, bestehende Belegungs- und Mietpreisbindungen zu verlängern und
neue im Bestand zu vergeben. Und so ähnlich findet sich das sogar schon
[2][in einem Beschluss eines SPD-Parteitages von 2021]. Passiert ist
seither nichts.
Der Senat setzt stattdessen weiter auf den Neubau als Allheilmittel. Bei
der Präsentation der aktuellen Wohnungsbauzahlen verwies Bausenator
Christian Gaebler (SPD) Ende vergangener Woche dann auch nicht ohne Stolz
darauf, dass Berlin mit 4.340 neuen geförderten Wohnungen im Jahr 2023 „zu
den bundesweiten Spitzenreitern im sozialen Wohnungsbau gehört“ hat.
Schwarz-Rot sei mit der Wohnraumförderung „auf dem richtigen Weg“, denn:
„Die Förderung ist attraktiv und wirkt.“
Tatsächlich hatte sich die Koalition aber erstens eigentlich auf 5.000 neue
Sozialwohnungen pro Jahr verpflichtet. Weil deutlich mehr Wohnungen in
Berlin aus der Sozialbindung fallen, als neu hinzukommen, hinkt der
geförderte Wohnungsbau dem Bedarf zweitens auch noch immer stärker
hinterher.
Nichts wirkt da, heißt es deshalb sinngemäß vom Mieterverein. Der Neubau
von geförderten Wohnungen sei natürlich sinnvoll. Aber wenn [3][im oberen
Fördersegment inzwischen 11,50 Euro Nettokaltmiete je Quadratmeter]
verlangt und dann noch alle zwei Jahre jeweils 30 Cent draufgeschlagen
werden können, sei das für viele Haushalte alles andere als leistbar, so
der Mieterverein. Auf der Strecke bleiben zwangsläufig die Berliner:innen,
die ohnehin jeden Cent umdrehen müssen.
28 May 2024
## LINKS
[1] /Gefoerderte-Wohnungen-in-Berlin/!5939511
[2] https://parteitag.spd.berlin/app/uploads/pdf/I_2021//Antrag_16I2021_Berline…
[3] /Foerderprogramm-fuer-sozialen-Wohnungsbau/!5942656
## AUTOREN
Rainer Rutz
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