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# taz.de -- Regulation des Wohnungsmarktes: Sozialquote für Eigentümer
> Eine Studie der Linken zeigt: Berlin könnte private Vermieter stärker in
> die Pflicht nehmen. Denkbar sind feste Quoten für WBS-Berechtigte.
Bild: Nachmieter nur mit WBS
Berlin taz | Dass private Wohnungsunternehmen selbst bestimmen können, wer
bei ihnen, wie lange und zu welcher Miete wohnt, scheint gesetzt. Dabei war
das nicht immer so: Bundesweit bis in die 1960er Jahre machte der Staat
entsprechende Vorgaben, in Berlin sogar noch länger. Das Ganze hieß
Wohnraumbewirtschaftungsgesetz. Doch heutzutage gibt sich der Staat
machtlos. Der letzte Versuch, in die Vertragsfreiheit einzugreifen, war der
Mietendeckel, der dann allerdings wegen fehlender Zuständigkeit der
Bundesländer [1][vor dem Verfassungsgericht scheiterte].
Die Berliner Politik hat seitdem die Hände in den Schoß gelegt,
insbesondere von CDU und SPD gibt es [2][nicht einmal mehr Versuche, der
massiven Wohnungskrise zu begegnen], abseits des vor sich hergetragenen
Mantras „Bauen, bauen, bauen“. Dabei hat ausgerechnet das Urteil zum
Mietendeckel eine Tür aufgemacht und auf Kompetenzen verwiesen, die den
Ländern bleiben, um in den privaten Wohnungsmarkt einzugreifen.
Die Berliner Linksfraktion hat diese Spielräume in einem Gutachten ausloten
lassen, erstellt von der Professorin für Öffentliches Recht und Direktorin
des Zentrums für Europäische Rechtspolitik an der Universität Bremen, Pia
Lange. Und siehe da: Ein neues Wohnraumbewirtschaftungsgesetz ist möglich.
Heißen aber soll das nicht so, schließlich will die Linke nicht
rückwärtsgewandt sein. Präsentiert wurde am Mittwoch daher das Konzept für
ein „Sicher-Wohnen-Gesetz“, das in den nächsten Monaten erarbeitet werden
soll.
Die vorgelegte Studie kommt zu dem Ergebnis, „dass das Land Berlin
weitreichende Eingriffe in den Wohnungsmarkt vornehmen kann, von denen
bisher kein Gebrauch gemacht wurde“. Wie Lange bei der Vorstellung im
Abgeordnetenhaus sagte, sei dies angesichts eines nicht ausgeglichenen
Wohnungsmarktes auch geboten: „Der Staat hat die objektive Verpflichtung,
die angemessene Versorgung mit Wohnraum sicherzustellen.“ Dies sei derzeit
nicht gegeben.
## WBS-Empfänger-Quote
Kernpunkt ist die Verpflichtung für gewerbliche Vermieter:innen – die
Linke nennt als Mindestgrenze den Besitz von 50 Wohneinheiten –, einen
Anteil ihrer freiwerdenden Wohnungen – maximal 35 Prozent – zu einem
festgesetzten Mietpreis an Menschen mit Wohnberechtigungsschein (WBS) zu
vergeben; zu Preisen zwischen 7 und 11,50 Euro pro Quadratmeter. Für die
landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften gilt das längst: Sie müssen 63
Prozent der Wohnungen an WBS-Berechtigte vergeben. Der mietenpolitsche
Sprecher der Linken, Niklas Schenker, nennt das „die wichtigste
wohnungspolitische Maßnahme der letzten Jahre“.
Aber sie reiche nicht aus angesichts von 1,1 Millionen Haushalten, die
aufgrund ihres unterdurchschnittlichen Einkommens einen WBS-Anspruch haben,
während zugleich die Zahl der Sozialwohnungen, derzeit noch 90.000,
kontinuierlich sinke. Schenker sagt: „Wer hier eine bezahlbare Wohnung
verliert, findet garantiert keine neue.“ Dagegen helfen sollen zwei weitere
Eingriffsmöglichkeiten: Die Privaten sollen demnach einen Anteil der
Wohnungen für besonders notleidende Mieter:innen vorhalten, für die die
Stadt dann „Benennungsrechte“ ausübt. Zudem sollen Kündigungen
eingeschränkt werden können, wenn sonst die Obdachlosigkeit droht.
Als Grundlage für die Eingriffe will Die Linke Transparenz in den
Wohnungsmarkt bringen. Das seit Jahren geforderte Mietenkataster mit Daten
zu allen Wohnungen steckt fest, bleibe aber wichtig. Derzeit sei noch nicht
einmal bekannt, wie viele Vermieter wie viele Wohnungen besitzen, so
Schenker. Zur besseren Durchsetzbarkeit von wohnungspolitischen Maßnahmen
schwebt der Partei zudem der Aufbau eines Landesamtes für Wohnungswesen
vor. Praktisch: Die Mitarbeiter:innen, die für den Mietendeckel eingestellt
wurden, sind schon da.
Damit die Regulierungsideen nicht als sozialistische Wahnvorstellungen
abgetan werden, gibt sich Studienautorin Lange viel Mühe:
Selbstverständlich müssten Eingriffe in Eigentumsgrundrechte
„verhältnismäßig sein“, ein Wohngebäude dürfe durch die Maßnahmen „…
aufgezehrt werden“. Außerdem müsse anhand ihrer Wirtschaftskraft zwischen
Vermietern differenziert und Ausnahmen für Härtefälle vorgesehen werden.
Lange betont jedoch: Aufgrund der Relevanz von Wohnungen als sozialem Gut
müssten Vermieter „eine stärkere Beeinträchtigung ihrer Eigentumsrechte
akzeptieren“ als andere Eigentümer. Ein Problem bleibt: Auch SPD und CDU
müssen das akzeptieren.
11 Sep 2024
## LINKS
[1] /Mietendeckel-Gesetz-in-Berlin/!5766576
[2] /Schwarz-rote-Wohnungspolitik/!6006822
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Die Linke Berlin
Mietendeckel
Mietenpolitik
Deutsche Wohnen & Co enteignen
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
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