| # taz.de -- Schwarz-rote Wohnungspolitik: Nichts als Politiksimulation | |
| > Teuer ankaufen und Vergesellschaftungen ideologisch ausschließen: Berlins | |
| > Senat stellt Phrasen und Scheinerfolge vor echte Mietenpolitik. | |
| Bild: Mieterfeinde: Senatschef Kai Wegner (CDU) und Bausenator Christian Gaeble… | |
| Das dümmste Argument gegen die Vergesellschaftung von Wohnraum ist | |
| gleichfalls das beliebteste der herrschenden politischen Klasse Berlins: | |
| „Durch Enteignung entsteht keine einzige neue Wohnung.“ Dass die Wegners | |
| und Gaeblers nicht müde werden, diesen intellektuellen Tiefflug auf | |
| Dauerschleife abzuspulen, liegt auch daran, dass er ihnen viel zu wenig um | |
| die Ohren fliegt. | |
| Das Nicht-Argument wird medial weitgehend akzeptiert; kaum jemand, der das | |
| eigentliche Ziel der Vergesellschaftung betont, Mieten vom – | |
| finanzmarktgetriebenen – Profitdruck zu befreien. Der Verweis auf den | |
| Neubau ist eben keine Antwort auf die Nöte, denen Mieter:innen jetzt | |
| schon ausgesetzt sind. Stattdessen ist die rhetorische Finte eine Absage an | |
| eine mietpreisbegrenzende Sozialpolitik, auf die längst auch die | |
| Mittelschicht angewiesen wäre. | |
| Von den üblichen aktivistischen Kräften und der Linken abgesehen, blieb | |
| dann auch die Kritik der Kommentator:innen aus, als der Regierende | |
| Bürgermeister Wegner diese Woche mal eben jeden Vergesellschaftungsplänen | |
| und damit der Demokratie in dieser Stadt eine Absage erteilte. Die | |
| Begründung war die altbekannte. Stattdessen verkündeten die Senatsvertreter | |
| [1][ganz beseelt den Kauf von 4.500 Wohnungen durch die Howoge] – | |
| ausgerechnet vom Haupt-Vergesellschaftungskandidaten Vonovia. | |
| Selbst Springers Mann für rechte Attacke, Gunnar Schupelius, fiel in seiner | |
| B.Z.-Kolumne auf: Der Kauf von Wohnungen schafft keine einzige neue | |
| Wohnung. Nun ging es Schupelius nicht darum, die Senats-Doppelmoral | |
| offenzulegen, sondern um seinen grundsätzlichen | |
| neoliberal-staatsfeindlichen Standpunkt. Richtig wäre hingegen die Kritik: | |
| Der Senat kauft Wohnungen zum Marktpreis, für die bei einer | |
| Vergesellschaftung nur etwa ein Drittel der Summe fällig würde. | |
| Dazu kommt: Indem CDU und SPD kürzlich erst die Vorgaben für eine | |
| mietenbegrenzende Sozialpolitik für die Wohnungsbaugesellschaften mit einer | |
| neuer [2][Kooperationsvereinbarung] aufgeweicht haben, bedeutet der | |
| Eigentümerwechsel eben keine deutliche Besserstellung der Mieter:innen. | |
| Denen ist letztlich egal, wer die Mieten maximal erhöht. | |
| ## Sinnloses Rahmengesetz | |
| Offen zutage liegt nun auch endgültig, wie der Senat die Stadtgesellschaft | |
| mit seinen – [3][nicht ernsthaft verfolgten – Plänen für ein | |
| Vergesellschaftungsrahmengesetz] an der Nase herumführt. Erdacht, um Zeit | |
| zu gewinnen und sich der Enteignungsfrage nicht stellen zu müssen, ist nach | |
| Wegners abermaliger, endgültiger Absage deutlich: Das Gesetz soll, anders | |
| als suggeriert, nicht als Vorarbeit für eine Vergesellschaftung dienen. Es | |
| ist pure Politiksimulation. | |
| Dass es auch auf Vergesellschaftungen in anderen Bereichen anwendbar sein | |
| sollte, wie stets betont, kann auch niemand mehr behaupten: Denn für alle | |
| relevanten Bereiche der Daseinsvorsorge, für Strom- und Gasnetz, Fernwärme | |
| oder Wasserbetriebe, ist die Vergesellschaftung längst eingeleitet oder | |
| vollzogen. Auf Nachfrage wusste Wegner auch nicht zu erklären, wozu sein | |
| Rahmengesetz nötig sein sollte. | |
| Die Woche hat damit einmal mehr Klarheit gebracht: Dieser Senat | |
| interessiert sich nicht für die Nöte von Berlins Mieter:innen. Seine | |
| behauptete, aber konzeptlose Fokussierung auf Neubau schafft weder mehr – | |
| bezahlbaren – Neubau, noch kann seine Ankaufpolitik im kleinen Stil den | |
| immer schwindelerregenderen Mietanstieg der Stadt bremsen. Der Mangel an | |
| Konzepten und politischem Willen wird durch Wortphrasen und | |
| Erfolgssimulation ersetzt. | |
| 26 Apr 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
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