# taz.de -- Zwangsräumungen in Berlin: Umverteilung auf die andere Weise | |
> Die Zahl der Zwangsräumungen in Berlin ist gestiegen. Es ist zynisch, | |
> aber so schafft der schwarz-rote Senat doch neuen Wohnraum – zumindest | |
> für einige. | |
Bild: Demo gegen Zwangsräumungen in Berlin. Archivbild | |
Man kann nicht behaupten, dass der schwarz-rote Senat keinen neuen Wohnraum | |
schafft. Zumindest für einige in dieser Stadt tut er das durchaus. Zwar | |
stagnieren die Neubauzahlen auf niedrigem Niveau und der [1][700 Millionen | |
Euro teure Rückkauf von 4.500 Wohnungen von Vonovia in Lichtenberg] wirft | |
auch nichts Zusätzliches ab. | |
Doch wo Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) versagt, springt | |
Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos, für CDU) ein: Nach dem Stopp | |
des Pilotprojekts ihrer linken Vorgängerin Lena Kreck zur Verhinderung von | |
Zwangsräumungen sind diese im vergangenen Jahr massiv angestiegen – und | |
damit haufenweise Wohnungen frei geworden. | |
Wie aus einer aktuellen Antwort der Justizverwaltung auf eine Anfrage des | |
Linken-Abgeordneten Niklas Schenker hervorgeht, wurden 2023 insgesamt 2.369 | |
Berliner Haushalte gewaltsam aus ihren Wohnungen geworfen. Ein Jahr zuvor | |
waren es noch 1.931 Räumungen. Macht summa summarum 4.300 zusätzliche | |
frische Wohnungen für den angespannten Wohnungsmarkt der Hauptstadt. | |
Badenbergs Verdienst ist dabei, ein [2][Projekt von Senatsjustizverwaltung, | |
Kammergericht und Amtsgerichten kurz vor der Umsetzung gestoppt zu haben.] | |
Das sah vor, dass statt einer rein postalischen Zustellung | |
Justizbedienstete die Klagen persönlich übergeben, mit mehreren Versuchen | |
und ergänzt um Informationen zu Hilfsangeboten, um Räumungen abzuwenden. | |
## Schützenhilfe vom Regierenden | |
Doch die Justizsenatorin sah ihre Chance gekommen, für etwas mehr | |
Durchmischung auf dem ansonsten mittlerweile eher starren Wohnungsmarkt zu | |
sorgen. Als flankierende Maßnahme [3][verschärfte sie noch die Regeln für | |
Ersatzfreiheitsstrafen], sodass arme Menschen länger im Gefängnis bleiben | |
müssen, wodurch das Risiko eines Wohnungsverlustes steigt. | |
Schützenhilfe kommt vom Regierenden Kai Wegner (CDU): Durch seine | |
[4][rigorose Absage an die Umsetzung des Volksentscheids zur Enteignung | |
großer Immobilienkonzerne] wird die Zahl frei werdender Wohnungen weiter | |
steigen. Denn zu Zwangsräumungen kommt es vor allem durch Mietschulden, die | |
nicht mehr beglichen werden können. Und da ohne Enteignung die Mondpreise | |
für die eigenen vier Wände weiter steigen werden, dürften auch | |
Zwangsräumungen weiter zunehmen. | |
Für die einstigen Mieter*innen, die teilweise schon seit Jahrzehnten in | |
ihrer Wohnung leben und im schlimmsten Fall auf der Straße landen, ist das | |
natürlich blöd. Auch für das offizielle Ziel, Obdachlosigkeit in der | |
Hauptstadt bis 2030 zu beenden, ist das nicht gerade förderlich. Aber | |
irgendwas ist ja immer. | |
7 May 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Kauf-von-Vonovia-Wohnungen/!6003533 | |
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[3] /Verschaerfung-der-Ersatzfreiheitsstrafe/!5992103 | |
[4] /Schwarz-rote-Wohnungspolitik/!6006822 | |
## AUTOREN | |
Marie Frank | |
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