| # taz.de -- Studie der Linken zum Wohnungsmarkt: Den Mietenmarkt auf links dreh… | |
| > Wohnungsnotlage statt angespannter Wohnungsmarkt: Dieser feine | |
| > Unterscheid könnte der Linkspartei helfen, ihre Gesetzesvorhaben zu | |
| > begründen. | |
| Bild: Die Linke propagiert den Mietennotstand: Caren Lay, Elif Eralp, Ines Schw… | |
| Dass Berlin einen angespannten Wohnungsmarkt hat, gehört zum | |
| Allgemeinwissen aller Mieter:innen und Wohnungssuchenden in der Stadt. | |
| Dass sich die Situation in den vergangenen beiden Jahren unter dem | |
| schwarz-roten Senat sogar noch zugespitzt hat, zeigt auch [1][eine aktuelle | |
| Civey-Umfrage]. Demnach sagen fast zwei Drittel der Befragten, dass sich | |
| der Wohnungsmarkt seitdem verschlechtert habe. Nur 3 Prozent sehen eine | |
| Verbesserung. | |
| Der angespannte Wohnungsmarkt ist jedoch mehr als eine subjektive | |
| Wahrnehmung, er ist zugleich eine rechtliche Kategorie, die seit | |
| mittlerweile zehn Jahren vom Senat wiederholt festgestellt wurde. | |
| Angebotsmieten, die schneller steigen als im Bundesschnitt, eine niedrige | |
| Leerstandsquote und die zunehmende Differenz zischen Bestands- und | |
| Neuvermietungsmieten halten seitdem als Begründung dafür her, dass Berlin | |
| Bundesgesetze wie das Verbot von Umwandlungen ehemaliger Miet- in | |
| Eigentumswohnungen und die Mietpreisbremse umsetzen kann. Erst Mitte | |
| November begründete Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) die | |
| Fortführung beider Maßnahmen mit der weiterhin angespannten Lage. | |
| Eine von der Linken in Auftrag gegebene und am Mittwoch vorgestellte Studie | |
| des Sozialwissenschaftlers Andrej Holm geht nun erstmals über die bisherige | |
| Definition hinaus. Demnach kann Berlins Situation nicht mehr mit einer | |
| angespannten Wohnungsmarktlage adäquat beschrieben werden, vielmehr müsse | |
| von einer „Wohnungsnotlage“ gesprochen werden. Dadurch habe es die Stadt | |
| mit manifesten Defiziten in der sozialen Wohnraumversorgung zu tun, die | |
| weit über eine angespannte Marktlage hinausgingen. Weitergehende Eingriffe | |
| in den Mietenmarkt Berlins sollen damit begründet werden. | |
| Die Studie von Holm dient der Linken als Begründung für ihr im September | |
| vorgelegtes [2][„Sicher-Wohnen-Gesetz“], das, so die Hoffnung der Partei, | |
| nach einem Regierungswechsel im Herbst nächsten Jahres zum Tragen kommen | |
| soll. Kernpunkt des Gesetzes ist eine Verpflichtung für alle privaten | |
| Vermieter mit mindestens 50 Wohnungen, je nach Wohnungsanzahl zwischen 30 | |
| bis 50 Prozent ihrer jährlich frei werdenden Wohnungen an Haushalte mit | |
| niedrigen und mittleren Einkommen zu vermieten. Pro Jahr sollen dadurch | |
| etwa 17.000 bezahlbare Wohnungen auf den Markt kommen. | |
| ## Linkes Mietenprogramm | |
| Für die Linke ist die Mietenfrage das zentrale Thema für den anstehenden | |
| Wahlkampf. Dabei wird die Partei nicht müde, immer wieder neue Initiativen | |
| vorzuschlagen. Neben der strikteren Verfolgung von Wuchermieten, möblierten | |
| Wohnungen oder Ferienappartements, der Umsetzung des | |
| Enteignungs-Volksentscheids, einem Mietenstopp für die landeseigenen | |
| Wohnungen und einem kommunalen Neubauprogramm steht das | |
| „Sicher-Wohnen-Gesetz“ dabei im Vordergrund. | |
| Beim Pressegespräch zur Studien-Vorstellung im Abgeordnetenhaus sagte | |
| Spitzenkandidatin Elif Eralp dann auch: „Ohne Mietenregulierung wird es mit | |
| uns nicht gehen.“ Ein Problem für eine Koalition mit SPD und Grüne sei das | |
| nicht: Diese hätten zumindest teilweise ähnliche Vorstellungen, wenngleich | |
| auch „abgeschwächt“. | |
| Eralp ist sich dabei bewusst, dass ein Gesetz, das in die | |
| Vermietungspolitik privater Vermieter eingreift und damit auch deren | |
| Profite beschneidet, gerichtlich angegriffen wird. Die Studie von Holm soll | |
| dazu dienen, dies abzuwehren und „das Gesetz sicherer, verfassungsfester zu | |
| machen“. Die grundlegende Kompetenz des Landes Berlin zur | |
| Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Wohnungswesens hatte sich die Partei | |
| bereits durch ein vorheriges Rechtsgutachten bescheinigen lassen. | |
| ## Kriterien des Notstands | |
| Die „Wohnungsnotlage“ begründete Ex-Kurzzeit-Staatssekretär Holm am | |
| Mittwoch mit einer Vielzahl von Indikatoren. So kommt die Studie zu dem | |
| Ergebnis, dass derzeit mehr als 530.000 Berliner Haushalte (27 Prozent) | |
| mehr als 30 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens für die Miete aufwenden | |
| müssen und damit den Grenzwert der Leistbarkeit überschreiten. 15 Prozent | |
| der Haushalte, insgesamt 280.000, leben demnach auf zu kleiner Wohnfläche, | |
| mehr als ein Drittel davon in überbelegten Wohnungen mit weniger Räumen als | |
| Personen. | |
| Ein Umzug in größere Wohnungen ist dabei nicht möglich, denn 75 Prozent der | |
| angebotenen Wohnungen befänden sich mit ihren Mieten „im teuersten | |
| Segment“. Holm sagt: „Die zurzeit angebotenen Wohnungen bieten keine | |
| Versorgungsmöglichkeiten und leisten keinen Beitrag zur sozialen | |
| Wohnraumversorgung.“ | |
| Den 100.000 Sozialwohnungen in der Stadt stehen eine Million Haushalte | |
| gegenüber, die Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein haben. Hinzu | |
| kommt: Etwa 40 Prozent der Haushalte, die Sozialleistungen empfangen, | |
| überschreiten die Bemessungsgrenzen für angemessene Mieten. Den Staat | |
| kostet das jährlich mehr als 100 Millionen Euro. | |
| ## Kein Mengenproblem | |
| Und noch etwas ist der Linken und den Studienautoren wichtig: Der Neubau, | |
| der seit 2015 fast dem Bevölkerungsanstieg entspricht, führe nicht zu einer | |
| Minderung die Misere. Vielmehr seien die Mieten parallel zur | |
| Neubauentwicklung explodiert. Statt in neu gebaute Wohnungen zu ziehen, | |
| rückten die Menschen zusammen; die Zahl der Single-Haushalte sinkt. | |
| Für den mietenpolitischen Sprecher der Linken, Niklas Schenker, zeigen die | |
| Befunde, dass es sich bei der Wohnungsmarktkrise nicht um ein „reines | |
| Mengenproblem“ handele. Stattdessen fehle es an „passenden Wohnungen“. Im | |
| Ergebnis bliebe nur der Schluss: „Wir müssen die Menge des bezahlbar zu | |
| verteilendes Wohnraums erhöhen.“ | |
| 3 Dec 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.tagesspiegel.de/berlin/wohnungsmarkt-verkehr-schulen-fur-viele-… | |
| [2] /Abgeordnetenhaus/!6109322 | |
| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
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