| # taz.de -- Wohnungsnot in Berlin: Wettstreit der Gesetzentwürfe | |
| > Nun präsentiert auch die Grünen-Fraktion ihre Vorstellungen zur | |
| > Regulierung des Wohnungsmarkts. Vorgelegt hatte vor zwei Wochen die | |
| > Linksfraktion. | |
| Bild: Sozialwohnungen gibt es derzeit viel zu wenige in Berlin | |
| Berlin taz | Nach der Links-Fraktion hat am Dienstag auch die | |
| Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus einen Gesetzentwurf zu bezahlbarem | |
| Wohnen vorgestellt. Die Debatte über mehr staatliche Regulierung auf dem | |
| Wohnungsmarkt ist damit in vollem Gang, und das nicht nur bei der | |
| Opposition. Am Samstag hatte bereits Regierungschef Kai Wegner beim | |
| CDU-Landesparteitag mehr Mieterschutz angekündigt, ohne allerdings konkret | |
| zu werden. Und am Montagabend räumte [1][der designierte | |
| SPD-Spitzenkandidat für die Berlin-Wahl 2026, Steffen Krach], mögliche | |
| Versäumnisse seiner Partei in der Wohnungspolitik ein: „Wir haben es nicht | |
| ausreichend in den Griff bekommen.“ | |
| „Bezahlbare-Mieten-Gesetz“ ist der Entwurf überschrieben, den | |
| Grünen-Fraktionschef Werner Graf, wie Krach noch unbestätigter | |
| Spitzenkandidat, im Parlament Journalisten | |
| präsentierte.[2][„Sicher-Wohnen-Gesetz“ lautet der Titel des Papiers der | |
| Links-Fraktion], das die vor zwei Wochen öffentlich machte. Beiden | |
| gemeinsam ist, dass Eigentümer einen Teil ihrer Wohnungen an Menschen | |
| vermieten sollen, die Anrecht auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS) | |
| haben. Das betrifft über eine Millionen Haushalte. | |
| Beide Entwürfe zielen auf Eigentümer mit mehr als 50 Wohnungen. Für sie | |
| gälte: je größer ihr Bestand, umso höher die Quote. Der Neubau ist dabei | |
| ausgenommen. Von dort an aber gehen die Vorstellungen auseinander. Die | |
| Linke sieht höhere Quoten vor, die sich aber auf die frei werdenden | |
| Wohnungen beschränken. Die Grünen hingegen beziehen ihre Quoten auf | |
| sämtliche Wohnungen eines Eigentümers. Das hieße, dass, bis die Quote | |
| erreicht ist, jede frei werdende Wohnung nur an WBS-Berechtigte ginge. Was | |
| laut Graf auch verhindern soll, Geringverdiener ghettohaft in weniger | |
| attraktiven Immobilien und Ortsteilen zu sammeln. | |
| Der Grünen-Entwurf sieht folgende Quoten vor: zehn Prozent für Eigentümer | |
| mit 51 bis 1.000 Wohnungen, 20 Prozent bei bis zu 2.000 und 30 Prozent bei | |
| noch mehr Wohnungen. Bei der Linksfraktion gilt: 30 Prozent bei 50 bis 500 | |
| Wohnungen, 40 Prozent bei bis zu 1.000 und 50 Prozent darüber hinaus. | |
| ## Ausschluss vom Vermietermarkt | |
| Ein anderer Unterschied zwischen den Entwürfen sind die Konsequenzen, die | |
| Fehlverhalten für Vermieter haben soll: Die Linken setzen auf Geldbußen von | |
| bis zu 500.000 Euro, die Grünen wollen jene, die sich nicht an die | |
| gesetzlichen Regeln halten, vom Vermietermarkt ausschließen. | |
| „Ich halte das nicht für besonders klug“, hatte der Linken-Abgeordnete | |
| Schenker vor zwei Wochen auf eine taz-Frage hin zu dem Grünen-Ansatz | |
| gesagt. Denn wer nicht mehr vermieten dürfte, müsse seine Wohnungen | |
| verkaufen – und die könnten so in die Hände eines Hedgefonds kommen, was | |
| nicht weiterhelfe. | |
| Schenkers Sichtweise stützte damals Sebastian Bartes als Geschäftsführer | |
| des Berliner Mietervereins. Doch dieser war am Dienstag auch bei den Grünen | |
| als Unterstützer vertreten – nun durch seinen Vorsitzenden Rainer Tietzsch. | |
| Spricht der Verein also mit zwei Stimmen? „Es gibt weit mehr als zwei | |
| Stimmen im Berliner Mieterverein“, sagte Tietzsch dazu. | |
| Aus seiner Sicht kann es den Mietern nur helfen, wenn möglichst viel an | |
| Ideen auf dem Tisch liegt. Was dann daraus wird, werde Inhalt der | |
| gesellschaftlichen Diskussion sein. Beide Fraktionen wollen ihre Entwürfe | |
| breit debattieren lassen und danach ins Parlament einbringen. Die Grünen | |
| peilen dafür 2026 an. | |
| ## Kein Vertrauen in Wegners Ankündigungen | |
| Laut Graf geht es ohnehin nicht um einen Wettstreit der | |
| Oppositionsfraktionen: „Unser Gegner ist die Rückschrittskoalition (gemeint | |
| ist Schwarz-Rot; Anm. d. Red.), die nichts für die Mieter tut.“ | |
| Regierungschef Wegner sah das [3][am Samstag beim CDU-Parteitag] zwar | |
| anders, räumte hier aber gewaltige Probleme ein und will beim Mieterschutz | |
| nachschärfen – „Die Mieten sind in den letzten Jahren, und nicht erst seit | |
| wir regieren, explodiert.“ | |
| Schon vor zwei Jahren hatte Wegner, früher im Bundestag treibende Kraft | |
| gegen den Mietendeckel, so sehr mehr Mieterschutz angekündigt, dass die | |
| Grünen-Abgeordnete Katrin Schmidberger damals jemanden schier „vom Saulus | |
| zum Paulus“ mutieren sah. [4][Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD] ist | |
| zwar ein „Wohnraum-Sicherungsgesetz“ vorgesehen, dass laut SPD „in den | |
| nächsten Monaten“ auf den Weg kommen soll. Von Quoten steht dort jedoch | |
| nichts. Werner Grafs Blick darauf lautete am Dienstag: „Auf Kai Wegners | |
| warme Worte kamen nur Kai Wegners kalte Taten.“ | |
| 23 Sep 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /SPD-Wahlkampfstart-in-Berlin/!6107717 | |
| [2] https://www.linksfraktion.berlin/politik/presse/detail/news/fraktion-die-li… | |
| [3] /Keine-gruene-Spinnereien/!6111360&s=alberti+wegner/ | |
| [4] https://www.berlin.de/rbmskzl/politik/senat/koalitionsvertrag/ | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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