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# taz.de -- Förderprogramm für sozialen Wohnungsbau: Umverteilung im großen …
> Mit 1,5 Milliarden Förderung will der schwarz-rote Senat private
> Investoren zum Bau von sozialen Wohnraum bringen. Das ist der falsche
> Weg. Man sollte mehr Wien wagen.
Bild: Wenn von Privaten gebaut wird, dann vorzugsweise teuer: In Berlin fehlt s…
Bei der Debatte um den Bedarf an Sozialwohnungen gerät eines schnell aus
dem Blick: Noch immer [1][verlieren mehr alte Sozialwohnungen ihre
Mietpreisbindung], als dass neue gebaut werden. Weil praktisch nur noch
kommunale Bauunternehmen die Förderprogramme nutzen und sozialen Wohnraum
schaffen, will der schwarz-rote Senat nun die Förderung für sozialen
Wohnungsbau ausweiten.
Das Ziel: Sozialen Wohnungsbau auch für private Investoren und
Bauunternehmer wieder attraktiv machen. Der Anreiz: 1,5 Milliarden Euro
Fördergelder. Investoren brauchen nur noch 20 Prozent Eigenkapital, den
Rest gibt es zu günstigen Konditionen vom Staat. Und nach 30 Jahren dürfen
sie dann auch wieder saftig die Miete erhöhen – Rendite garantiert.
Flankiert wird dieses Förderprogramm mit der Ausweitung dessen, was als
sozialer Wohnungsbau gelten darf: Bald dürfen auch Menschen mit mittleren
Einkommen einen Wohnberechtigungsschein (WBS) beantragen, Sozialwohnungen
können künftig in Berlin auch [2][11,50 Euro pro Quadratmeter] kosten. Und
der Empfängerkreis für Wohngeld wurde bereits von der Ampel-Koalition im
Bund ausgeweitet.
Das heißt nichts anderes: Am Ende zahlt der Staat die teuren Mieten in
„Sozial“-Wohnungen für Menschen mit normalen Einkommen an Privatunternehmen
– und damit an die Aktionär*innen der großen Wohnungsunternehmen. Im
Grunde ist diese Politik nichts anderes als eine gewaltige Umverteilung:
Der Staat will, koste es, was es wolle, dass private Investoren sozialen
Wohnraum schaffen. Mit dem Ergebnis, dass nach 30 Jahren die geförderten
Wohnungen wieder aus der Sozialbindung fallen – und die Preise anziehen.
Womit wir wieder bei den gegenwärtigen Problemen wären.
## Mehr Wien wagen
Ein Ende der Mietpreisexplosionen in den Innenstädten ist so nicht in
Sicht, und auch Sozialwohnungen werden immer teurer – insbesondere zu
Lasten derer, die auch vor der Ausweitung der WBS-Grenzen schon auf
Sozialwohnungen angewiesen waren und es weiter sind. Der Lichtenberger
[3][SPD-Stadtrat Kevin Hönicke argumentiert], dass die Ausweitung des
Berechtigtenkreis richtig sei, weil man auch Berufsgruppen wie Pädagogen an
Kitas den Zugang zum Wohnungsmarkt erleichtern müsse. Der Rest kann dann ja
nach Spandau ziehen. Nicht, dass man am Ende noch funktionierende
Mietpreisregulierungen einführen müsste.
Langfristige Wohnungspolitik müsste anders aussehen als die Förderung von
Dax-Unternehmen: Warum leistet sich der Staat kein eigenes öffentliches
Wohnungsbauprogramm, bei dem am Ende die Häuser tatsächlich auch Gemeingut
sind und in staatlicher Hand bleiben. Dann könnten landeseigene
Wohnungsunternehmen auch nach Ablauf einer Sozialbindung die Preise
bestimmen oder gleich dauerhaft günstigen Wohnraum festschreiben. [4][In
Wien funktioniert das so seit 100 Jahren.]
## Alternative: Neue Wohnungsgemeinnützigkeit
Und wenn man unbedingt Privatunternehmen den roten Teppich ausrollen will,
dann doch bitte mit einem Konzept, das länger hält als ein kurzsichtiges
Flicken der ärgsten Not für 30 Jahre. Warum nicht etwa eine [5][neue
Wohngemeinnützigkeit] einführen? Damit wurde in der Nachkriegszeit die
halbe Bundesrepublik wieder aufgebaut, bis Helmut Kohl sie 1989 abschaffte.
Es wäre höchste Zeit, eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit wieder
einzuführen: Dann könnten sich Unternehmen gemeinnützig nennen und
Steuervorteile bekommen, wenn sie im Gegenzug eine Sozialbindung für immer
festschreiben. Motto: „Einmal gefördert, immer gebunden“.
Ein Argument für eine [6][Abkehr vom sozialen Wohnungsbau] damals unter
Kohl war übrigens, dass der Markt und private Investoren den Wohnungsmarkt
besser bedienen könnten und eine stärkere Privatisierung und Deregulierung
zu einer besseren Versorgung mit Wohnraum führen würde. Hat ja gut
geklappt.
24 Jun 2023
## LINKS
[1] https://www.morgenpost.de/bezirke/pankow/article237505957/2023-verliert-Ber…
[2] /Foerderung-sozialer-Wohnungsbau/!5936087
[3] https://twitter.com/KevinHoenicke/status/1671774199029825537
[4] /Buch-zum-Roten-Wien/!5609499
[5] https://www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm1222/neue-wohngemeinn…
[6] https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Studien/Studien_5-17_Neue…
## AUTOREN
Gareth Joswig
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Klara Geywitz
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