# taz.de -- Innenministerkonferenz beredet Migration: Innenminister für noch m… | |
> Nach der EU-Asylreform will die Innenministerkonferenz weitere | |
> Verschärfungen beraten. Indien oder Georgien sollen sichere | |
> Herkunftsstaaten werden. | |
Bild: Protest von Geflüchtetenhelfer:innen Anfang Juni vor dem Bundestag | |
BERLIN taz | Wenn sich ab Mittwoch wieder die Innenminister:innen von | |
Bund und Ländern auf ihrer halbjährlichen Konferenz (IMK) treffen, wird | |
diesmal ein Thema im Vordergrund stehen: Migration. Dafür wird schon die | |
Debatte um das [1][verschärfte europäische Asylsystem] sorgen, das | |
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gerade mit einfädelte – aber auch | |
die zuletzt gestiegenen Geflüchtetenzahlen hierzulande. „Die aktuelle | |
Debatte um Reformen im Asyl- und Aufenthaltsrecht wird uns sicherlich | |
beschäftigen“, erklärte Gastgeberin Iris Spranger (SPD), Berlins | |
Innensenatorin. | |
Nach taz-Informationen wollen die Innenminister:innen mit mehreren | |
Beschlüssen auf striktere Regeln in der Asyl- und Migrationspolitik | |
drängen. Von Faeser ist ein Bericht zur Asyllage geplant. Das Bundesamt für | |
Migration und Geflüchtete konstatierte in diesem Jahr bisher 125.566 | |
Erstanträge auf Asyl – 76 Prozent mehr als im Vorjahr. Die meisten kamen | |
von Syrer:innen, Afghan:innen und Türk:innen. Die Kommunen hatten | |
zuletzt [2][über mangelnde Aufnahmekapazitäten geklagt]. | |
Ein Vorstoß auf der IMK kommt aus Sachsen-Anhalt. „Mit Blick auf das | |
anhaltend hohe Migrationsgeschehen muss die [3][Liste der sicheren | |
Herkunftsstaaten] erweitert werden, damit Asylverfahren beschleunigt und | |
Rückführungen leichter vollzogen werden können“, sagte Innenministerin | |
Tamara Zieschang (CDU) der taz. „Bei Asylanträgen von Staatsangehörigen aus | |
Ländern wie Georgien, Indien, Algerien, Marokko, Tunesien, Moldau liegt | |
die Anerkennungsquote bei deutlich unter 5 Prozent.“ In 95 Prozent dieser | |
Fälle bestehe also kein Schutzgrund, so Zieschang. „Demzufolge ist es nur | |
folgerichtig, diese Länder auf die Liste der sicheren Herkunftsstaaten zu | |
setzen.“ Mit einer solchen Einstufung würden die Asylverfahren und | |
Abschiebungen deutlich beschleunigt. | |
## Grenzkontrollen im Osten und Süden gefordert | |
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) fordert wiederum | |
intensivere Grenzkontrollen, insbesondere an der deutsch-schweizerischen | |
Grenze. „Wir brauchen vorübergehend zusätzlich stationäre und mobile | |
Binnengrenzkontrollen und müssen den Grenzschutz parallel dazu weiter | |
intensivieren“, so Strobl zur taz. Dies werde man „zu einem Schwerpunkt der | |
Innenministerkonferenz machen“. Im ersten Quartal 2023 habe man an der | |
deutsch-schweizerischen Grenze 2.500 illegale Einreisen festgestellt, eine | |
Steigerung von mehr als 315 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, so | |
Strobl. Deshalb brauche es auch dort Kontrollen, wie es sie bereits an der | |
deutsch-österreichischen Grenze gebe. | |
Auch Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) hatte zuletzt | |
stationäre [4][Grenzkontrollen im Osten Deutschlands] gefordert. Bis zu | |
einer Umsetzung der EU-Asylreform führe daran „kein Weg vorbei“, so | |
Stübgen. Es müsse möglich sein, Geflüchtete auch an der Grenze zu Polen | |
durch die Bundespolizei zurückzuweisen. Andernfalls werde man bis | |
Jahresende allein in Brandenburg mehr als 10.000 illegale Einreisen haben. | |
Faeser lehnt stationäre Grenzkontrollen an der deutsch-polnischen Grenze | |
bisher ab: Das Migrationsgeschehen dort sei schwankend, die Maßnahme eine | |
Ultima Ratio. Sie selbst will auf der IMK nach taz-Informationen für ihre | |
[5][Rückführungsoffensive] werben, die bereits im Ampel-Koalitionsvertrag | |
versprochen wurde. Vor allem Straftäter und Gefährder sollen schneller | |
abgeschoben werden – zu Jahresbeginn wurde hierfür die Abschiebehaftdauer | |
von drei auf sechs Monate verlängert und FDP-Mann Joachim Stamp [6][als | |
Bevollmächtigter für Migrationsabkommen] ernannt. Bisher ist von der | |
Offensive indes nicht viel zu sehen: So wurden im vergangenen Jahr 12.945 | |
Personen abgeschoben – ein Jahr zuvor waren es 11.982 Menschen. Ein | |
Sprecher Faesers sagte der taz am Dienstag, dass sich zumindest die | |
„generelle Rückkehrzusammenarbeit“ der Behörden „verbessert“ habe. | |
Berlins Innensenatorin Spranger will auf der IMK nach taz-Informationen | |
einen anderen Weg betonen: freiwillige Rückkehr. Auch tritt Berlin für | |
vereinfachte Verfahren bei den Ausländerbehörden ein, um diese zu | |
entlasten, und für ein Informationssystem zu Migrationsbewegungen. | |
## Innenminister:innen begrüßen EU-Asylreform | |
Zu Faesers europäischem Asyldeal kommt von den Innenminister:innen | |
Zustimmung. Es sei gut, dass dieser „nicht aufgeweicht“ wurde, erklärte | |
Stübgen. Thüringens SPD-Innenminister Georg Maier sagte der taz: „Sicher | |
hätte ich mir weitere Verbesserungen gewünscht.“ Die Asylreform sei aber | |
„ein wichtiger Schritt, weil sie den Status quo verbessert, für eine | |
solidarische Verteilung von Flüchtlingen in Europa sorgt und am Ende die | |
Kommunen entlastet“. Zugleich warnte Maier: „Gerade die Union sollte jetzt | |
aber nicht den Bogen mit immer schärferen Forderungen überspannen. Das | |
Thema taugt nicht zu Skandalisierungen.“ | |
Ein Bündnis antirassistischer Initiativen kritisiert die Verschärfungen | |
dagegen deutlich. Bei der IMK drohe, dass es vor allem um „Abschottung und | |
Abschiebung“ gehe. Stattdessen brauche es aber sichere Fluchtwege und ein | |
Bleiberecht. Das Bündnis will am Donnerstag in Berlin gegen die | |
IMK-Beschlüsse demonstrieren. | |
13 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Zaehes-Ringen-um-neues-Asyl-System/!5939573 | |
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[6] /Migrationsbeauftragter-der-Bundesregierung-Stamp/!5911993 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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