# taz.de -- Reaktionen auf EU-Innenministerkonferenz: Entsetzen über EU-Asyl-E… | |
> Das Ergebnis der EU-Innenminister*innenkonferenz sorgt bei Aktivist*innen | |
> für Bestürzung. Auch Linke kritisieren die Einigung scharf. | |
Bild: Regenwolken über dem Flüchtlingslager Karatepe, Lesbos, Griechenland | |
Berlin taz | „Ein historischer Fehler“, ein „Angriff auf die | |
Menschenrechte“, eine „Schande“ oder schlicht „katastrophal“. | |
Menschenrechtsorganisationen und die Linkspartei haben bestürzt auf [1][die | |
Ergebnisse des EU-Innenminster*innengipfels] reagiert. | |
Diese hatten sich am Donnerstag auf eine deutliche Verschärfung der | |
EU-Asylpolitik geeinigt, auch die Bundesregierung hat zugestimmt. Geplant | |
sind nun Schnellverfahren für bestimmte Geflüchtete an den EU-Außengrenzen | |
unter haftähnlichen Bedingungen. Außerdem sollen Asylbewerber*innen in | |
sogenannte sichere Drittstaaten außerhalb der EU zurückgebracht werden, | |
wenn sie über solche Länder eingereist sind. | |
Die Linkenvorsitzende Janine Wissler sagte dazu: „Der Beschluss ist ein | |
Erfolg für die rechten Kräfte in Europa und wird sie weiter stärken. Diese | |
Lehre sollte man gezogen haben aus der Debatte um den Asylkompromiss 1993 | |
und der Welle rechter Gewalt damals.“ | |
Die fluchtpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Clara | |
Bünger, sagte der taz: „Die Ideen von Horst Seehofer zur massiven | |
Einschränkung des Rechts auf Asyl in der EU werden jetzt von einer | |
SPD-Ministerin [2][mit Unterstützung der Grünen] umgesetzt. Das war ein | |
schwarzer Tag für die Menschenrechte, die beim politischen Bemühen um eine | |
immer stärkere Abschottung der EU keine Rolle mehr spielen.“ Es sei „eine | |
Schande und äußerst erschreckend, wie sehr sich rechte Narrative im | |
politischen Abschottungsdiskurs der letzten Jahre durchgesetzt haben.“ | |
## Menschenrechtlicher Tabubruch | |
„Die Bundesregierung hätte niemals zustimmen dürfen“, sagte Tareq Alaows, | |
flüchtlingspolitischer Sprecher von ProAsyl, der taz. „Die Ampel trägt die | |
Verantwortung, wenn nun Kinder in Haftlager kommen.“ Er nannte die Einigung | |
„einen zweiten Asylkompromiss“. Als Asylkompromiss wird die weitgehende | |
Einschränkung des deutschen Asylrechts bezeichnet, die 1993 im Bundestag | |
auch mit den Stimmen der SPD beschlossen wurde. | |
Markus Beeko, Generalsekretär von Amnesty in Deutschland, erklärte: „Die | |
Beschlüsse sind kein Durchbruch, sondern ein menschenrechtlicher Tabubruch, | |
eine Missachtung des verfassungsmäßigen Auftrags und ein gebrochenes | |
Versprechen des eigenen Koalitionsvertrages.“ [3][Im Koalitionsvertrag | |
hatten sich SPD, Grüne und FDP eigentlich darauf verständigt], die | |
Regelungen für Geflüchtete deutlich zu liberalisieren. | |
„Die Entscheidung der EU-Innenminister*innen wird katastrophale Folgen für | |
schutzbedürftige Menschen haben“, vermutet Parnian Parvanta, | |
stellvertretende Vorsitzende von Ärzte ohne Grenzen Deutschland. | |
„Gefängnisartige Camps wie auf den griechischen Inseln werden zum Standard | |
auf europäischem Boden.“ Die dort eingesperrten Personen erhielten absehbar | |
„keine angemessene medizinische Versorgung und werden mit ihren Traumata | |
weitgehend allein gelassen.“ | |
[4][Zahlreiche Organisationen], darunter etwa die Flüchtlingsräte der | |
Bundesländer, rufen für Freitag 17 Uhr zum Protest vor dem Bundestag in | |
Berlin auf. | |
9 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Zaehes-Ringen-um-neues-Asyl-System/!5939573 | |
[2] /Einigung-der-EU-Innenminister/!5939569 | |
[3] /Asylpolitik-der-Gruenen/!5935900 | |
[4] /Beratungen-in-Luxemburg/!5939231 | |
## AUTOREN | |
Frederik Eikmanns | |
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