# taz.de -- Angriffe auf Geflüchtete: Mehr rechte Attacken | |
> Die Angriffszahlen auf Asylbewerber:innen und Asylunterkünfte | |
> steigen. Ist das eine Folge des rechten Diskurses? | |
Bild: Bautzen, 02.11.2022: Absperrband nach einem Brandanschlag auf das Spreeho… | |
BERLIN taz | Geflüchtete Menschen sind in Deutschland zunehmenden Angriffen | |
ausgesetzt. 45 [1][Angriffe auf Asylunterkünfte] zählte die Bundesregierung | |
für die ersten drei Monate des Jahres 2023. Zum Vergleich: Im ersten | |
Quartal 2022 waren es 42 Angriffe. | |
Auch körperliche und verbale Angriffe auf Asylbewerber:innen stiegen | |
von 350 im ersten Quartal 2022 auf 408 im Jahr 2023. 37 Menschen erlitten | |
körperliche Verletzungen. Die überwiegende Mehrheit der Attacken wird dem | |
rechten Spektrum zugeordnet. | |
Begangene Straftaten umfassen vor allem Sachbeschädigung, Volksverhetzung | |
und die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Die | |
Bundesregierung erfasste aber auch schwere Brandstiftung, Herbeiführen | |
einer Sprengstoffexplosion und gar das Vorbereiten einer staatsgefährdenden | |
Gewalttat. | |
Die Daten gehen aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage | |
der Linkenabgeordneten Clara Bünger hervor. Die Unterlagen liegen der taz | |
vor. | |
## Besonders prekär Geflüchtete im Süden Deutschlands | |
Der Anstieg sei besorgniserregend, aber keine Überraschung, sagte Bünger. | |
„Seit Wochen erleben wir verbale Angriffe auf das Recht auf Asyl, Rufe nach | |
verschärfter Abschottung und eine unerträgliche ‚Das Boot ist | |
voll‘-Rhetorik.“ Daran beteiligten sich laut Bünger nicht nur AfD und | |
Union, sondern auch SPD und Grüne. „Sie bereiten den Boden für rassistische | |
Mobilisierungen auf der Straße und Gewalttaten gegen Geflüchtete“, | |
kritisierte die Linken-Abgeordnete. | |
Tareq Alaows, der flüchtlingspolitische Sprecher von Pro Asyl, teilt die | |
Kritik an den Ampelparteien. Doch seiner Ansicht nach habe vor allem die | |
Union die Debatte geprägt – etwa CDU-Parteichef Friedrich Merz mit seinen | |
Aussagen über „Sozialtourismus“. Die Ampelparteien seien dann mit | |
eingestiegen. „Wir hören nur über Abschottung, Abschiebung und | |
Außengrenzen. Das verschiebt den Diskurs nach rechts“, sagte Alaows der | |
taz. Der rechte Rand fühle sich durch die politische Debatte bestätigt. | |
Alaows erwartet von der Bundesregierung, dass sie einen | |
lösungsorientierteren Diskurs prägt, gerade auch auf der aktuellen | |
Innenminister:innenkonferenz. „Wir müssen die Menschen schützen, | |
anstatt auf rechte Narrative einzusteigen“, sagte Alaows. | |
Besonders prekär steht es um den Schutz der Geflüchteten im Süden | |
Deutschlands. Jeder sechste Angriff auf Geflüchtete im ersten Quartal 2023 | |
geschah in Bayern. Bayern und Baden-Württemberg führen auch die Liste der | |
Angriffe auf Unterkünfte an. In Bayern kam es zu 12 Attacken, in | |
Baden-Württemberg zu 7 von insgesamt 45. | |
Das Bayerische Innenministerium teilt auf taz-Anfrage mit die Polizei | |
beobachte die Lage aufmerksam. Gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft führe | |
sie konsequent Ermittlungen und stehe in Absprache mit den Unterkünften um | |
etwa Schutzkonzepte zu entwickeln oder die Polizeipräsenz zu erhöhen. „Wir | |
nehmen [2][jede Straftat an und in Asylunterkünften] sehr ernst“, schreibt | |
ein Sprecher. Bayern unternehme erhebliche Anstrengungen um die Sicherheit | |
zu gewährleisten. | |
Die Integrationsbeauftragte des Bundes, Reem Alabali-Radovan, ist | |
angesichts dieser Zahlen besorgt. „Geflüchtete, die bei uns leben, müssen | |
sich hier sicher fühlen“, sagte sie der taz. Viele hätten eine traumatische | |
Flucht hinter sich. Es sei unsere Verantwortung, der Hetze Grenzen zu | |
setzen. „Die aktuelle politische Stimmung in der Migrationsdebatte in | |
Deutschland und Europa beunruhigt mich sehr“, sagte Alabali-Radovan. | |
15 Jun 2023 | |
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## AUTOREN | |
Moritz Müllender | |
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