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# taz.de -- Ein Jahr Tesla-Gigafactory: Durstige Fabrik im Dürregebiet
> Nach einem Jahr Fabrikbetrieb ziehen Umweltverbände eine verheerende
> Bilanz. Tesla gefährde das Grundwasser und verschärft den Wassermangel.
Bild: In der Klimakrise ein immer seltener werdendes Phänomen in Brandenburg: …
berlin taz | Tesla-Autos vor brennenden Wäldern und ausgedörrten Böden, die
Aufschrift „Driving For A Dead Planet“. Das Design der Plakate, die eine
kleine Gruppe vermummter Aktivist:innen während einer Protestaktion am
Dienstagmorgen an die Schaufenster des Tesla-Showrooms in der Mall of
Berlin kleben, passt so gar nicht zum nachhaltigen Image des
E-Auto-Produzenten. „Tesla klaut Wasser und verstößt gegen sämtliche
Umweltauflagen. Kein Liter Wasser mehr für Tesla“: Für die anwesenden
Journalist:innen wiederholt die Klimaaktivistin Lou Winter immer wieder
die gleichen Sätze. Keine zehn Minuten nachdem die Plakate angeklebt
wurden, sprintet die Gruppe schon wieder weiter.
Am Mittwoch jährt sich die Inbetriebnahme der Fabrik zum ersten Mal –
zynischerweise am selben Datum, an dem auch der Internationale
Weltwassertag begangen wird. Mit der kreativen Protestaktion, die von einem
Bündnis der Klimagerechtigkeitsbewegung organisiert worden ist, wollen die
Aktivist:innen [1][die gravierenden Folgen von Teslas umstrittener
Gigafactory im brandenburgischen Grünheide für Klima, Natur und Grundwasser
anprangern.]
Auch die weniger aktionistisch orientierten Klima- und
Umweltschützer:innen des Nabu Brandenburg ziehen nach einem Jahr
Gigafactory Bilanz. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am Dienstag mit
der Grünen Liga und der Grünheider Bürger:inneninitiative gehen die
Umweltschützer:innen hart mit dem US-Konzern ins Gericht. „Tesla hat
enorm viele Versprechen gemacht und sie alle nicht eingehalten“, kritisiert
Nabu-Landesgeschäftsführerin Christiane Schröder in Hinblick auf
Ankündigungen des Unternehmens, für ausreichenden Sicherheitsmaßnahmen auf
dem Fabrikgelände zu sorgen. Das Unternehmen betreibe „im großen Stil
Frevel an der Natur.“ Eine Erweiterung des Werks müsse dringend verhindert
werden.
Seitdem der amerikanische Milliardär und Tesla-Konzernchef Elon Musk im
November 2019 bekannt gab, am südöstlichen Rand Berlins inmitten eines
Trinkwasserschutzgebietes eine E-Auto-Fabrik errichten zu wollen, gibt es
massive Kritik an dem Vorhaben. Umweltverbände befürchteten vor allem,
durch den Fabrikbetrieb und Werksunfälle könnten freiwerdende Schadstoffe
das Grundwasser belasten, aus dem sich auch die Trinkwasserversorgung
Berlins und der umgebenden Gemeinden speist.
## Chemikalien im Schutzgebiet
Dass sich viele Befürchtungen seitdem bewahrheitet haben, hat Manu Hoyer
von der Bürgerinitiative Grünheide in einer „Chronik des Grauens“
protokolliert, die sie während der Pressekonferenz vorstellt. Seit der
Inbetriebnahme der Fabrik häufen sich die Vorfälle: Ein Großbrand in einer
nicht genehmigten Recycling-Anlage im September, immer wieder Austreten
flüssigen Aluminiums und [2][giftiger Chemikalien], die teilweise
ungeschützt auf den unversiegelten Teil des Betriebsgeländes versickern und
somit eine Gefahr für das Grundwasser darstellen könnten.
Hoyer kritisiert vor allem das brandenburgische Landesumweltamt, das trotz
der vielen Vorfälle, die sich in nur einem Jahr Betriebszeit ereignet
hätten, kaum seiner Kontrollpflicht nachkomme. So darf Tesla die
Wasserproben auf dem Gelände selbst entnehmen, und die Landesbehörde hat
nur eingeschränkten Zugang zu dem Gelände. „Was muss eigentlich noch in
dieser Fabrik passieren?“, fragt Hoyer.
Trotz der Bedenken wurde das Großprojekt von Tesla und der Landesregierung
in einem Rekordtempo von nicht einmal drei Jahren durchgepeitscht. Möglich
machten es zahlreiche Sondergenehmigungen, die es Tesla ermöglichten zu
bauen, bevor überhaupt eine reguläre Baugenehmigung vorlag. „Etwas
Vergleichbares gab es in Deutschland noch nicht“, sagt Nabu-Anwalt Thorsten
Deppner. Vorschriften seien in fast allen Fällen auf bestmögliche Weise für
Tesla ausgelegt worden.
Allein der Bau der Fabrik an dem Standort war nur möglich, da schon ein
Bebauungsplan für das Gelände vorlag, der der Ausweisung der Fläche als
Trinkwasserschutzgebiet vorausging. Gegen die zahlreichen Besonderheiten
beim Genehmigungsverfahren hat der Nabu Widerspruch beim Landesamt
eingelegt. Für den Fall, dass dieser abgelehnt wird, kündigte der
Umweltverband bereits eine Klage an. „Wir stehen erst am Anfang des
Rechtsweges“, sagt Deppner. Die wahrscheinlichste Folge beim Erfolg einer
solchen Klage wäre, dass Tesla massiv bei der Betriebssicherheit
nachbessern müsse, erklärt Deppner.
## Erweiterung trotz Wassermangel
Welche konkrete Gefahren von Fabrikunfällen auf die Trinkwasserversorgung
ausgehen, ist noch unklar. Bis Schadstoffe ins Grundwasser gelangen,
brauche es mehrere Jahre, erklärt Steffen Schorcht von der Grünen Liga
Brandenburg. Sollten aber die nahegelegenen Tiefbrunnen betroffen sein,
wäre das „ein Super-GAU“ für die Region, sagt Schorch.
Neben einer Gefährdung des Grundwassers steht die Gigafactory in der
Kritik, zu viel Wasser in einer Region zu verbrauchen, die ohnehin schon
seit Jahren von Dürre betroffen ist. Im vergangen Sommer wurde bereits der
Wasserverbrauch für Privatverbraucher rationiert. Der zuständige
Wasserverband Strausberg-Erkner konnte [3][weiteren Unternehmen, die sich
in der Region ansiedeln wollten, keine Genehmigung erteilen], weil eine
ausreichende Wasserversorgung nicht sichergestellt werden konnte.
Trotzdem will Tesla das Werk noch weiter vergrößern. Erst vergangenen
Mittwoch stellte das Unternehmen einen weiteren Antrag auf Ausbau des
Werkes, mit der die Produktionskapazitäten von 500.000 auf eine Million
Fahrzeuge im Jahr verdoppelt werden sollen. Daran, dass mit der Erweiterung
keine Erhöhung des Wasserverbrauchs einhergeht, wie Tesla es verspricht,
glaubt in der Pressekonferenz niemand. „Tesla wird weiterhin gegen
Vorschriften verstoßen“, vermutet Tesla-Gegnerin Manu Hoyer.
21 Mar 2023
## LINKS
[1] /Gigafactory-in-Gruenheide/!5895938
[2] /Havarie-in-Gigafactory-von-Tesla/!5846680
[3] /Illegale-Deponie-nahe-der-Tesla-Fabrik/!5876609
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
Wio Groeger
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