# taz.de -- Tesla-Ausbaupläne nahe Berlin: Der Teflon-Autobauer | |
> Tesla will bald eine Million Autos jährlich in Brandenburg bauen. Statt | |
> auf einer Veranstaltung über die Pläne aufzuklären, gibt's glatte PR. | |
Bild: Kaffee, Kuchen und kaum Konkretes: Info-Veranstaltung von Tesla in Grünh… | |
Es war ein seltenes Ereignis: Der US-Elektroautobauer Tesla lud am | |
Dienstagnachmittag zu einer Informationsveranstaltung [1][zu seinen | |
Ausbauplänen des Werks im brandenburgischen Grünheide] ein. | |
Wer eine stundenlange frontale Powerpoint-Präsentation im Gemeindesaal | |
erwartet hat, wird enttäuscht: Die auf fünf Stunden angesetzte | |
Veranstaltung findet vor der Müggelspreehalle in der Sonne statt. An | |
insgesamt sieben Infotischen zu verschiedenen Themen rund um die geplante | |
Tesla-Erweiterung stehen jeweils zwei Mitarbeiter*innen, um die Bevölkerung | |
über den vom Autobauer eingereichten Änderungsantrag zu informieren. Tesla | |
will unter anderem die Produktionskapazität von 500.000 auf eine Million | |
Fahrzeuge jährlich verdoppeln, die Batteriespeicherproduktionskapazität auf | |
100 Gigawattstunden jährlich erhöhen und eine neue Produktionshalle | |
errichten. | |
Das Unternehmen hat neben den Infotischen Kaffee, Wasser und Kuchen | |
bereitgestellt, für die Kleinen gibt es einen Parcours mit roten | |
Mini-Teslas. Leider sind keine Kinder da. Die rund 50 interessierten | |
Anwohner*innen sind überwiegend alt, mit ihnen sprechen etwa 20 junge | |
Tesla-Mitarbeiter*innen. | |
Die Stimmung ist sachlich, Neugier und Skepsis halten sich die Waage. Keine | |
Proteste, keine Transparente, nicht einmal ein lautes Wort. Und das, obwohl | |
mehrere Mitglieder der Bürgerinitiative Grünheide gekommen sind. Nicht | |
anwesend sind erkennbare Funktionär*innen von Tesla oder der Gemeinde. | |
Auch Bürgermeister Arne Christiani, ein erklärter Befürworter des Werks, | |
bleibt der Veranstaltung fern; er hat lediglich einen Gemeindemitarbeiter | |
geschickt, um bedruckte Werbepostkarten auszulegen. Am Telefon sagt | |
Christiani der taz, die Veranstaltung sei nur ein weiterer Schritt in der | |
Umsetzung des Genehmigungsverfahrens. Ansonsten wolle er sie nicht weiter | |
kommentieren. | |
## „Je größer der Betrieb, desto größer die Beeinträchtigung“ | |
Die Bürger*innen umlagern die sieben Infostände: Alle | |
Mitarbeiter*innen im Gespräch! Besonders begehrt sind die Stände zu | |
„Gewässerschutz“ und „Infrastruktur“. Geduldig beantworten die | |
Mitarbeiter*innen Fragen zum Wasserverbrauch oder zum genauen Standort | |
des neu zu bauenden [2][Bahnhofs Fangschleuse]. | |
Ein junger Manager, der im nahegelegenen Gewerbegebiet arbeitet, freut sich | |
über die Bahnanbindung, ein älterer Hangelsberger spricht von einem | |
„Meilenstein“. Er habe sich mehr versprochen, kritisiert ein anderer, „das | |
ist eher eine Werbeveranstaltung“. Mathias Dörfer aus Fürstenwalde findet | |
die geplante Expansion toll, „weil das ja doch mächtig Arbeitsplätze in der | |
Gegend bringt“. Viele seiner Bekannten „arbeiten jetzt bei Tesla und finden | |
das gut“. Ein Rentner ist hingegen empört: „Was Tesla hier treibt, ist die | |
größte Verunstaltung der Landschaft“, findet er. Er glaubt, dass auch mit | |
der nun geplanten Erweiterung für den Autobauer „noch lange nicht Schluss“ | |
sei. „Je größer der Betrieb ist, desto schlimmer ist die Beeinträchtigung�… | |
so der frühere Geologe. | |
Die Mitarbeiter*innen sind gut an ihren schwarzen Shirts zu erkennen, | |
auf denen „Tesla Earth Day“ oder „Giga Family Day“ steht. Ein junger | |
Mitarbeiter behält alles hinter seiner Ray-Ban-Sonnenbrille im Blick. Er | |
sieht etwas wie eine jüngere Ausgabe von Elon Musk aus und lässt alle | |
Fragen wie Teflon an sich abperlen. Er weist darauf hin, dass man nichts | |
zitieren dürfe, auch die Tesla-Informationen nicht, und weigert sich | |
beharrlich, seine Position innerhalb der Firma oder auch seine Meinung zur | |
Veranstaltung mitzuteilen. Bei jeder Frage schaut er auf sein Smartphone, | |
um dann eine ausweichende Antwort zu geben (die nicht zitiert werden | |
dürfe). Tesla werde noch darüber aufklären, wie es in Zukunft laufen solle, | |
sagt er wolkig. | |
[3][Der Änderungsantrag], den Tesla beim brandenburgischen Landesamt für | |
Umwelt gestellt hat, sieht den weiteren Ausbau der Gigafactory vor. In drei | |
Schritten soll die Produktionskapazität des Werks von 500.000 auf eine | |
Million Fahrzeuge pro Jahr verdoppelt werden, genauso wie die | |
Batteriespeicherkapazität (von 50 auf 100 Gigawattstunden jährlich). Dazu | |
werden eine neue Produktionshalle, eine Batteriezellfertigung, Kühltürme | |
und Anlagen zur Abwasseraufbereitung benötigt. Das alles muss nun genehmigt | |
werden. Auch die Zahl der Arbeitsplätze soll sich auf 22.500 verdoppeln. | |
Dass die öffentliche Auslegung der Pläne zu Beginn der Sommerferien | |
erfolgt, hat für Unmut gesorgt, genauso wie die Einwendungsfrist von nur | |
zwei Monaten. Ein Erörterungstermin ist laut Tesla für Ende Oktober | |
geplant. | |
## Sagen sie die Wahrheit? | |
Steffen Schorcht von der Bürgerinitiative Grünheide bleibt skeptisch: „Ich | |
glaube nicht, dass die uns die Wahrheit sagen.“ Er begrüßt zwar, dass Tesla | |
ankündigt, trotz erhöhter Produktion nicht mehr Wasser zu benötigen, und | |
die Errichtung einer Abwasserbehandlungsanlage plant. Allerdings ist er vor | |
allem von der neu zu bauenden, zweigeschossigen „Riesenhalle“ schockiert, | |
die 700 mal 700 Meter groß werden soll. | |
Bisher hat Tesla die genehmigte Wassermenge nicht ausgeschöpft. Die | |
Bürgerinitiative hatte darauf gehofft, dass das auch so bleibt. Die | |
Hoffnung sei nun aber geschwunden. Tesla halte offenbar an den Plänen für | |
Probebohrungen für Brunnen fest, so Schorcht. Mit dem erhöhten Einsatz von | |
Roh- und Gefahrenstoffen müsse die Gigafactory laut Störfallverordnung in | |
die obere Klasse eingestuft werden. Außerdem ist Schorcht aufgefallen, dass | |
auf dem von Tesla verteilten Lageplan der geplante Güterbahnhof nicht mehr | |
enthalten ist. | |
„Was hat die SPD-geführte Landesregierung Brandenburg Tesla zugesagt?“, | |
fragt die Bürgerinitiative in einer Presseerklärung und bilanziert: | |
„Betrachtet man den Lebenszyklus eines Tesla von der Rohstoffgewinnung bis | |
zur Entsorgung, ist die Ökobilanz negativ. Tesla leistet keinen Beitrag zum | |
Umwelt-, Arten- und Klimaschutz. Damit ist Tesla Teil des Problems und | |
nicht der Lösung. Wir brauchen mehr öffentlichen Nahverkehr und keine neuen | |
SUV.“ | |
19 Jul 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Tesla-Werk-in-Brandenburg/!5944940 | |
[2] /Tesla-Fabrik-in-Brandenburg/!5839122 | |
[3] https://www.uvp-verbund.de/trefferanzeige?docuuid=250677b6-a8f4-4850-a126-7… | |
## AUTOREN | |
Darius Ossami | |
## TAGS | |
Automobilbranche | |
Grünheide | |
Tesla | |
GNS | |
Brandenburg | |
E-Autos | |
Tesla | |
Tesla | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Tesla | |
Wassermangel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Pro-Tesla-Kampagne in Grünheide: Nicht immer nur dagegen | |
Gemeindemitglieder dürfen über die Erweiterung der Gigafactory abstimmen. | |
Eine Gruppe von Schülern wirbt im Rahmen einer Kampagne für ein „Ja“. | |
Noch viel mehr Autos aus Grünheide: Tesla will mehr | |
Die Ausbaupläne des Autobauers für sein Werk in Grünheide stoßen bei | |
Umweltschützern auf Widerstand. Sie sorgen sich um die Wasserversorgung der | |
Region. | |
Tesla-Werk in Brandenburg: E-Autobauer will sich verdoppeln | |
Die Kapazität der Fabrik soll gesteigert werden – angeblich ohne mehr | |
Wasserverbrauch. Verbände kritisieren die Pläne. | |
Rassistische Beleidigungen: Tesla muss Mitarbeiter entschädigen | |
Der US-Autobauer muss 3,2 Millionen Dollar Schadenersatz an einen | |
Ex-Mitarbeiter zahlen. Tesla war beschuldigt worden, Diskriminierung nicht | |
unterbunden zu haben. | |
Ein Jahr Tesla-Gigafactory: Durstige Fabrik im Dürregebiet | |
Nach einem Jahr Fabrikbetrieb ziehen Umweltverbände eine verheerende | |
Bilanz. Tesla gefährde das Grundwasser und verschärft den Wassermangel. |