| # taz.de -- Tesla-Werkserweiterung in Grünheide: Der Motor stottert | |
| > Um die Erweiterung zu ermöglichen, will Brandenburg Millionen | |
| > investieren. Doch die Probleme häufen sich, Verbände klagen und das | |
| > Wasser bleibt knapp. | |
| Bild: Alle Steine aus dem Weg? Infrastrukturminister Rainer Genilke (CDU) und T… | |
| Berlin taz | Handshakes, lächelnde Gesichter, markige Statements. | |
| Betrachtet man das Ergebnis des Pressetermins von Brandenburgs | |
| Infrastrukturminister Rainer Genilke (CDU) im Tesla-Werk in Grünheide am | |
| Montag, so scheint beim Elektroautobauer alles in Ordnung zu sein. „Der Um- | |
| und Ausbau der Verkehrswege rund um das Tesla-Werk kommt planmäßig und | |
| zügig voran“, sagte Genilke in einer Mitteilung. Nebenbei kündigt der | |
| Minister Investitionen in Millionenhöhe an, damit das Straßennetz [1][mit | |
| Teslas Expansionsplänen] mithalten kann. | |
| Doch ob die Werkserweiterung tatsächlich kommt, ist längst nicht so sicher, | |
| wie der Auftritt von Genilke und Werksleiter André Thierig glauben macht. | |
| Ungeachtet des politischen Rückenwinds häufen sich die Probleme für Tesla. | |
| Am Dienstag kündigte das Unternehmen an, das Grünheider Werk an fünf Tagen | |
| im Juni stillzulegen. Tesla begründete den Schritt damit, | |
| Produktionsprozesse optimieren zu wollen. Schon im Februar war es zu einem | |
| zweiwöchigen Produktionsstopp gekommen, der damals mit | |
| Lieferkettenproblemen infolge der Huthi-Angriffe im Roten Meer begründet | |
| wurde. | |
| Doch Expert:innen vermuten schon länger, dass hinter [2][den | |
| Produktionsstopps] Absatzschwierigkeiten stecken könnten. Im ersten Quartal | |
| verzeichnete Tesla zum ersten Mal einen deutlichen Absatzrückgang von 9 | |
| Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr brach die Aktie um die Hälfte ein, | |
| weltweit kündigte Tesla an, 10 Prozent der Belegschaft zu entlassen. In | |
| Grünheide fiel die Personalreduktion weniger drastisch aus, trotzdem | |
| mussten 400 Leiharbeiter:innen gehen. | |
| Ungeachtet der wirtschaftlichen Probleme hält Tesla an den | |
| Erweiterungsplänen fest. Derzeit werden pro Jahr rund 250.000 Autos von | |
| 12.000 Mitarbeiter:innen in Grünheide hergestellt. Tesla will seine | |
| Produktion auf eine Million Autos pro Jahr vervierfachen, dazu sollen bis | |
| zu 40.000 Arbeiter:innen in dem Werk schuften. | |
| ## Güterbahnhof dringend benötigt | |
| Um den logistischen Mehraufwand zu wuppen, benötigt das Unternehmen einen | |
| Güterbahnhof und zusätzliche Lagerflächen – ebendies wurde mit dem | |
| Beschluss des umstrittenen Bebauungsplans Nummer 60 durch den Gemeinderat | |
| vor drei Wochen ermöglicht. Nachdem sich eine eindeutige Mehrheit von 62 | |
| Prozent der Anwohnenden gegen den ursprünglichen Bebauungsplan | |
| ausgesprochen hatten, schlugen Tesla und die Gemeinde einen Kompromiss | |
| vor: Demnach sollte mit 50 Hektar nur noch die Hälfte der Fläche gerodet | |
| werden, ein Waldstück, umrahmt von Schienen und dem Werksgelände, soll | |
| ausgespart werden. | |
| Neben dem geplanten Güterbahnhof und den Logistikflächen plant das Land | |
| umfassende Baumaßnahmen im Straßennetz. Rund 200 Millionen Euro investiert | |
| das Land Brandenburg für den Ausbau der umliegenden Landesstraßen und | |
| Autobahnzubringer. Allein die Anschlussstelle Freienbrink-Nord wird | |
| voraussichtlich 255 Millionen Euro verschlingen, die allerdings der Bund | |
| zur Hälfte bezuschusst. Tesla hingegen hat bislang nur 12 Millionen in den | |
| Ausbau eines Teilstücks der L 38 investiert. | |
| Zudem soll der Bahnhof Fangschleuse vorverlegt werden, um näher am Werk zu | |
| sein. Die Deutsche Bahn teilte der taz zur weiteren Planung mit: | |
| „Voraussichtlich Ende 2024 wird mit der Baugenehmigung gerechnet. Anfang | |
| 2025 beginnen die Bauarbeiten. Für Ende 2026 ist die Inbetriebnahme des | |
| neuen Güter- und Personenbahnhofs Fangschleuse vorgesehen.“ | |
| Wenigstens aufseiten der Landespolitik scheint es keine Zweifel zu geben, | |
| ob der millionenschwere Infrastrukturausbau tatsächlich nötig ist. Der | |
| geplante Verkauf der noch im Eigentum der Brandenburger Forsten | |
| befindlichen Waldflächen wird im Parlament vermutlich auf wenig Widerstand | |
| stoßen. Rein rechnerisch könnte Stimmen der Linken, Grünen, Freien Wähler | |
| und AfD den Verkauf noch stoppen; dass dieses Szenario eintritt, ist | |
| allerdings unwahrscheinlich. „Eigentlich versuchen wir immer die Rodung von | |
| Wald zu verhindern“, sagt Isabell Hiekel, umweltpolitische Sprecherin der | |
| Grünen, „Aber wenn Fläche für die erforderliche Schienenanbindung gebraucht | |
| wird, dann stimmen wir einem Verkauf zu.“ | |
| ## Wasserfrage weiterhin ungeklärt | |
| Doch auch der größte politische Rückenwind kann [3][hydrologische | |
| Gegebenheiten nicht einfach ignorieren]: Die Frage, ob in der | |
| dürregeplagten Region die Wasserversorgung für die Riesenfabrik ausreicht, | |
| ist weiter ungeklärt. Das zeigen zwei Klagen gegen das Brandenburger | |
| Landesamt für Umwelt (LfU), über die die Märkische Oderzeitung am Dienstag | |
| berichtete. | |
| Konkret geht es um die Erhöhung der Grundwasserfördermengen, die das LfU | |
| dem Wasserverband Strausberg-Erkner 2020 zusagte. 3,8 statt 2,5 Millionen | |
| Kubikmeter durfte der WSE nun jährlich aus dem Boden pumpen, um Tesla | |
| versorgen zu können. Allerdings hielt die Behörde es nicht für nötig, die | |
| Umweltverbände und andere Dritte über mögliche Auswirkungen zu befragen. | |
| Dagegen klagten die Grüne Liga und der Nabu und bekamen 2022 recht – die | |
| Beteiligung musste nachgeholt werden. An der Erhöhung der Fördermenge | |
| rüttelte das Gericht allerdings nicht. | |
| Im Zuge der Beteiligung kam heraus, dass die erhöhte Wasserentnahme dazu | |
| führte, dass die Schleuse im nahegelegenen Woltersdorf im Sommer aufgrund | |
| niedriger Wasserstände mehrere Wochen schließen musste. Um einer weiteren | |
| Klage vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Spree-Havel zu entgehen, | |
| führte das LfU nachträglich eine tägliche Höchstentnahme Menge von 20.000 | |
| Kubikmetern pro Tag ein. | |
| Gegen den Änderungsbescheid legten sowohl der WSE als auch die | |
| Umweltverbände Klage ein. Der WSE moniert gegenüber der MOZ, dass ein | |
| tägliches Limit gar nicht umsetzbar sei, da man den Verbrauchern nicht | |
| einfach den Hahn abdrehen könne. | |
| Die Umweltverbände erzürnt, dass sie auch beim Änderungsbescheid wieder | |
| nicht befragt worden seien. „Uns geht es um die Frage, ob die | |
| Grundwasserversorgung durch die erhöhten Fördermengen überdehnt werden“, | |
| sagt Michael Ganschow von der Grünen Liga Brandenburg. Um die Frage zu | |
| klären, gebe es viele Faktoren zu berücksichtigen, diese werden aber „den | |
| politischen Gegebenheiten untergeordnet“. | |
| Denn eigentlich dürfe in der Regel nur so viel Wasser entnommen werden, wie | |
| auch wieder nachsickert. „Man sieht, dass die Grundwasserstände sinken“, | |
| zweifelt Ganschow. Ein Erfolg vor Gericht könnte die Wasserversorgung des | |
| Werks ernsthaft gefährden. | |
| 6 Jun 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Entscheidung-ueber-Tesla-Werkserweiterung/!6007566 | |
| [2] /Aktionscamp-in-Gruenheide/!6006311 | |
| [3] /Ein-Jahr-Tesla-Gigafactory/!5920241 | |
| ## AUTOREN | |
| Jonas Wahmkow | |
| Kai Liesegang | |
| ## TAGS | |
| Tesla | |
| Wassermangel | |
| Grünheide | |
| Gigafactory | |
| Tesla | |
| Elon Musk | |
| Tesla | |
| Insolvenz | |
| Schwerpunkt Europawahl | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Tesla | |
| Verkehrswende | |
| Wassermangel | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Teslabahnhof: Fangschleuse geht 2026 in Betrieb | |
| Ab Freitag ist die Strecke des RE1 zwischen Erkner und Fürstenwalde wieder | |
| frei. Grund waren Bauarbeiten zur Verlängerung des Bahnhofs Fangschleuse. | |
| Tesla-Protestcamp in Grünheide: Effizienz in Musks Sinne | |
| Die Polizei holt Aktivisten im Tesla-Protestcamp von den Bäumen. Eine | |
| Räumung soll das aber nicht sein. | |
| „Gigafactory“ in Grünheide: Tesla legt Ausbaupläne auf Eis | |
| Aufgrund von Absatzschwierigkeiten will der Autobauer mit der Erweiterung | |
| warten. Derweil gibt es erste Anzeichen für belastetes Grundwasser. | |
| Insolventer Tesla-Herausforderer: Fisker ist pleite | |
| Der US-amerikanische Elektroautohersteller bekommt die schwächelnde | |
| Nachfrage zu spüren. Nun sucht der einstige Tesla-Herausforderer Schutz vor | |
| den Gläubigern. | |
| Hohe Strafzölle auf E-Autos: EU findet Chinas Geld unfair | |
| Der chinesische Staat steckt Milliarden in die E-Auto-Industrie. Die | |
| EU-Kommission reagiert mit Strafzöllen. Das könnte weitreichende Folgen | |
| haben. | |
| Absatz Elektroautos stockt: Tesla startet Discount-Aktion | |
| Der US-Autobauer stoppt tageweise seine Produktion in Deutschland. Denn | |
| seit dem Wegfall der Prämie stockt der Absatz von Elektroautos hierzulande. | |
| Gemeinderat für Fabrikerweiterung: Tesla siegt, Demokratie verliert | |
| Niederlage für die Tesla-Gegner: Der Gemeinderat von Grünheide votiert | |
| trotz Protesten und Volksabstimmung für eine größere Elektroautofabrik. | |
| Protest gegen Tesla-Fabrik: Sturm auf Tesla-Gelände | |
| Etwa 800 Menschen haben sich Zugang zum Areal des E-Autobauers in | |
| Brandenburg verschafft. Andere blockierten Transporter zur | |
| Auto-Beförderung. | |
| Ein Jahr Tesla-Gigafactory: Durstige Fabrik im Dürregebiet | |
| Nach einem Jahr Fabrikbetrieb ziehen Umweltverbände eine verheerende | |
| Bilanz. Tesla gefährde das Grundwasser und verschärft den Wassermangel. |