| # taz.de -- Jüdischer Antifaschismus in England: Große Herzen, harte Fäuste | |
| > Sam Needleman ist 93. Aber wenn es gegen Nazis geht, würde er noch immer | |
| > zuschlagen. Lange zählte er zu einer Gruppe Juden, die in London | |
| > Faschisten jagten. | |
| Ich kann zwar nicht mehr richtig stehen, aber ich würde mich auch heute | |
| noch wehren, mit allem, was ich bei mir habe, vielleicht mit meinem | |
| Gehstock!“ Es sei besser, sich wehrend zu sterben, als ohne Widerstand | |
| zugrunde zu gehen, erklärt der 93-jährige jüdische Londoner Sam Needleman | |
| an einem Freitagmittag im Nordlondoner Bezirk Hendon. | |
| Needleman wurde 1928 im damals jüdisch dominierten [1][Londoner East End] | |
| geboren. Seine Eltern waren [2][Jiddisch] sprechende Flüchtlinge aus | |
| Osteuropa. Needleman hat jahrelang gegen Nazis angekämpft – und das, ohne | |
| jemals auf den kontinentaleuropäischen Kriegsschauplätzen eingesetzt worden | |
| zu sein. | |
| Sein Engagement begann im zarten Alter von acht Jahren. Es ging gegen | |
| keinen Geringeren als den englischen Faschistenführer und Gründer der | |
| British Union of Fascists, Oswald Mosley. Als der für den 4. Oktober 1936 | |
| einen provokanten Aufmarsch durch das jüdische East End veranstalten | |
| wollte, vereinigten sich Londons Hafenarbeiter:innen und | |
| Kommunist:innen mit der jüdischen Gemeinschaft, um gegen die auch als | |
| Black Shirts bezeichneten englischen Nazis zu zusammenzustehen. | |
| „[3][The Battle of Cable Street]“ wurde zu einer historischen | |
| Auseinandersetzung. Zwei- bis dreitausend Faschist:innen sahen sich mit | |
| nahezu hunderttausend Antifaschist:innen konfrontiert. „Wir Kinder | |
| haben der berittenen Polizei Murmeln entgegengeworfen, denn wir wussten | |
| nicht, ob die Polizei auf unserer Seite oder auf der der Faschisten | |
| stand“, erinnert sich Needleman. Diese Mehrdeutigkeit polizeilicher | |
| Einsatztaktik sollte sich in seinem Leben noch mehrmals an anderen | |
| Schauplätzen wiederholen. | |
| ## Eine BBC-Serie bringt die Geschichte zurück | |
| Die vergessen geglaubte Geschichte jüdischen Widerstands gegen englische | |
| Faschisten ist erst jüngst ins Bewusstsein vieler Briten zurückgekehrt. | |
| Dafür hat eine fiktive Dramaserie der BBC nach dem Drehbuch von Sarah | |
| Solemani und dem gleichnamigen Buch von Jo Bloom gesorgt: „[4][Ridley | |
| Road]“, so der Titel, erzählt, eingebettet in ein Liebesdrama, vom blutigen | |
| Kampf der sogenannten 62er-Gruppe. Die bestand aus 200 bis 300 jüdischen | |
| Aktivist:innen, die der englischen nationalsozialistischen Bewegung des | |
| Neonazis Colin Jordan die Stirn boten. In der Tradition der Kämpfe auf der | |
| Cable Street in den 1930er Jahren verhinderte diese zwischen 1962 und 1975 | |
| aktive Gruppe jeglichen Versuch der Juden und Schwarze hassenden Nazis, ein | |
| Bein auf den Boden zu bekommen. | |
| Tatsächlich waren die 62er die legitimen Nachfolger einer noch größeren | |
| Bewegung. Denn schon [5][die 43er hatten zwischen 1946 und 1951 die | |
| Versuche Mosleys und anderer Nazis buchstäblich mit jüdischen Fäusten | |
| niedergeschlagen]. | |
| Einer dieser einstigen Aktiven ist der heute 91 Jahre alte Jules | |
| Konopinski. Er gehörte sowohl den 62ern als auch der 43er-Gruppe an. In | |
| seiner Londoner Wohnung erzählt Konopinski aus seinem Leben. Geboren wurde | |
| er 1930 im deutschen Breslau, 1939 flüchtete er als Kind nach England. Was | |
| er von der BBC-Serie halte? „Schlecht! Die macht uns lächerlich, wir waren | |
| viel professioneller unterwegs“, unterstreicht der Mann, der einst den | |
| Nickname „Mad Jules“ trug, weil er Mitglieder in „verrückte“ Situation… | |
| brachte, und dem bei einem Kampf einmal das Nasenbein gebrochen wurde. | |
| Konopinski beschreibt das Klima nach dem [6][Zweiten Weltkrieg] in London, | |
| als die 43er entstanden. „[7][Winston Churchill] duldete die Neuformierung | |
| von faschistischen Bewegungen als Zeichen der Rückkehr Großbritanniens nach | |
| dem Krieg zu seiner demokratischen Tradition und dem Recht auf | |
| Meinungsfreiheit“, so beginnt er. Auch die nachfolgende Regierung unter dem | |
| Labour-Premier Clement Attlee von 1945 bis 1951 habe das nicht geändert. So | |
| wurde aus der Siegermacht gegen den Faschismus im Krieg eines der wenigen | |
| europäischen Länder, in denen faschistische Treffen ungeniert im Namen der | |
| Demokratie geduldet wurden. | |
| Oswald Mosley und andere Faschisten witterten die Möglichkeit, sich neu zu | |
| etablieren, hielten Treffen ab, bevorzugt in jüdischen Vierteln, wo sie auf | |
| judenfeindliche Mitläufer:innen hofften. Mit aufhetzerischen | |
| antisemitischen Reden und aggressiven Graffiti an den Häuserwänden | |
| versuchten sie die jüdische Bevölkerung einzuschüchtern. | |
| „Vor den späteren Einwanderungswellen aus der Karibik und Indien waren | |
| jüdische Menschen der Inbegriff des Fremden“, erklärt Konopinski. Jüdischen | |
| Gemeinschaften hätten sich weder auf die Politik noch auf jüdische | |
| Vertreter:innen wie dem Dachverband Jewish Board of Deputies verlassen | |
| können, meint er. Es blieb nur eins: Die Sache in die eigenen Fäuste zu | |
| nehmen. | |
| ## Faschisten prügeln | |
| Zur eigentlichen Gründung der 43er-Gruppe kam es im Mai 1946, als Gerry | |
| Flamberg, Morris Beckman, Lenny Sherman und Alec Carson durch Zufall auf | |
| eine Versammlung des Faschistenführers Jeffrey Hamm stießen. Die vier | |
| britischen Veteranen des Zweiten Weltkriegs beschlossen, der Versammlung | |
| mit ihren Fäusten ein sofortiges Ende zu bereiten. Als die Heldentat bald | |
| darauf im jüdischen Maccabi Club die Runde machte, fassten 39 Menschen, | |
| größtenteils ebenfalls ehemalige Soldaten des britischen Militärs, den | |
| Entschluss, die Angelegenheit planmäßiger anzugehen. Die 43er waren | |
| geboren. | |
| Auch Jerry Kaffin, heute 94 Jahre alt, trat damals der Organisation bei. | |
| „Ich war außer mir, als ich aus dem Militärdienst zurückkehrte und erfuhr, | |
| dass die Nazis, die wir bekämpft und besiegt hatten, sich nun auf unseren | |
| eigenen Straßen bewegten.“ Militärische Auszeichnungen und Kampfeinsätze | |
| von Gruppenmitgliedern sollten schon bald beim Kontakt mit der Polizei von | |
| Nutzen werden, weil das die Beamten beeindruckte. | |
| Später schlossen sich Hunderte Jüdinnen und Juden der Bewegung an. Darunter | |
| befand sich auch ein gewisser [8][Vidal Sassoon, später einer der | |
| bekanntesten Friseure der Welt]. So groß wurde die Gruppe, dass sie bald in | |
| einzelne Einheiten eingeteilt wurde – Nordlondon, Ostlondon, und so weiter. | |
| Auch ein Rabbiner war von Anfang an mit von der Partie. Rabbi Leslie | |
| Hardman war der erste jüdische Geistliche gewesen, der das befreite | |
| Konzentrationslager Bergen-Belsen betrat. Hardman war sich darüber im | |
| Klaren, dass alles daran gesetzt werden müsste, um einen Aufstieg von | |
| Faschist:innen in Großbritannien zu verhindern – „Never Again!“, „Nie | |
| wieder!“, so lautete das Motto der Haudegen. Trotz des Zuspruchs Hardmans | |
| waren die meisten der Mitglieder kaum religiös. Needleman beispielsweise | |
| bezweifelte die Existenz Gottes. Das sei für ihn ein weiterer Grund | |
| gewesen, auf die Schlagkraft seiner eigenen Fäuste zu vertrauen. | |
| Politisch blieben beide Gruppen, die 43er wie die 62er, vielschichtig. Der | |
| Historiker Daniel Sonabend, der ein Buch über das Thema geschrieben hat, | |
| sagt, dass sich sowohl liberale und konservative als auch kommunistische, | |
| zionistische und antizionistische Jüdinnen und Juden miteinander gegen den | |
| [9][Faschismus] verbündet hätten. Es gab eine von den 43ern herausgegebene | |
| Zeitung namens On Guard, in der auch Gastbeiträge von schwarzen | |
| Bürgerrechtlern erschienen. Und die Gruppe habe bei ihren handfesten | |
| Auseinandersetzungen mit den Faschisten oft den physischen Beistand | |
| britischer Kommunist:innen erhalten. | |
| „Wir sahen uns als die ersten Juden seit der Zeit Judah Maccabis, welche | |
| zurückschlugen“, erinnert sich Jules Konopinski. Dazu zählte auch das | |
| Sammeln von Informationen. Die Neonazi-Gruppen wurden infiltriert, um von | |
| geplanten Veranstaltungen im Voraus zu wissen und diese zu sprengen. | |
| ## Ein Zentrum der Auseinandersetzungen | |
| Einer der Orte, an denen es mehrfach zu Auseinandersetzungen kam, war | |
| Ridley Market, mitten im Ostlondoner Stadtteil Hackney gelegen, heute ein | |
| afrikanisch-karibischer Markt, damals jüdisch geprägt. Hier traten die | |
| Faschist:innen mit Vorliebe auf, und hier stießen sie auf jüdischen | |
| Widerstand. Nicht immer wurden dabei die Fäuste benötigt. „Manchmal reichte | |
| es auch einfach, früher auf den Markt zu sein als die Faschist:innen. Wir | |
| gingen schon um drei Uhr morgens dorthin und eröffneten eine Versammlung | |
| mit wenigen Leuten, denn die Polizei erlaubte immer nur eine Versammlung“, | |
| weiß der heute 94-jährige Jerry Kaffin noch. | |
| Warum sie eigentlich mit Gewalt die Faschisten bekämpften? „Weil es | |
| Menschen gibt, mit denen niemand normal sprechen kann“, antwortet Jules | |
| Konopinski. Historiker Sonabend erklärt dazu, dass die Argumente der | |
| friedlichen Konfliktlösung in Europa durch die christliche Mehrheit | |
| definiert sei. Für diese sei es einfach zu behaupten, alle Menschen seien | |
| gleich und man dürfe keine Gewalt anwenden. „Das sieht aus der Perspektive | |
| von unterdrückten und oft bedrohtem Minderheiten ganz anders aus“, glaubt | |
| er. | |
| Der Kampf gegen die Neonazis endete nicht immer erfolgreich. Jerry Kaffin | |
| berichtet davon, wie er bei einer schlecht vorbereiteten Aktion so | |
| zusammengeschlagen worden sei, dass er mit einer offenen Kopfwunde in ein | |
| Krankenhaus gefahren werden musste. Stolz ist er darauf, dass es ihm | |
| trotzdem gelang, diese Verletzung vor seiner ängstlichen Großmutter zu | |
| verbergen. | |
| Ein anderes Erlebnis steuert der heute 90 Jahre alte Harry Kaufman bei, der | |
| noch heute der Meinung ist, bei der Fahrt im Bus nicht alt genug zu sein, | |
| um sich einen Sitz anbieten lassen. Kaufman sei bei einer Aktion von einem | |
| Polizisten verhaftet worden, nur weil es „so ausgesehen hätte, als wolle | |
| ich gleich Mosley die Fresse polieren“. Er erinnert sich: „Dafür erhielt | |
| ich vor Gericht ein Bußgeld in Höhe von 20 Pfund aufgedrückt.“ Die heute | |
| umgerechnet 850 Euro musste damals sein Vater bezahlen, sie wurde | |
| allerdings von der 43er-Gruppe später zurückerstattet. | |
| Nicht alle entkamen wie Harry Kaufman ohne weiteren Schaden. Wer dem | |
| Polizeichef Charles Satterthwait bei der Verhaftung in die Quere kam, wurde | |
| mit Bemerkungen wie „verdammter Jude“ zusammengeschlagen. Auch andere | |
| [10][Polizeibeamte waren Juden gegenüber nicht immer freundlich gesinnt]. | |
| Nach der Erinnerung von Jules Konopinski hatte sich die Gruppe eine Grenze | |
| der Gewalt gesetzt, nach der nicht weiter geschlagen wurde. „Trotzdem war | |
| es reines Glück, dass auf keiner Seite jemand bei den Auseinandersetzungen | |
| das Leben verloren hat“, gesteht er zurückblickend ein. | |
| Sam Needleman erinnert sich bis heute gut an die Kämpfe: „Bei | |
| Straßenkämpfen geht es darum, ohne Angst und nicht blindwütig auf | |
| gefährliche Situationen zuzugehen“, charakterisiert er seine wilden Tage. | |
| Waffen wären dabei oft nur improvisiert gewesen. Jerry Kaffin erinnert sich | |
| an die abgeschnittenen Riemen der Gurthalter aus der Londoner U-Bahn, die | |
| zum Kampf eingesetzt wurden. | |
| Einige der jüngeren Mitglieder, so wird berichtet, hielten sich nicht immer | |
| an Grenzen der Gewalt. Besonders sadistisch soll sich ein als die | |
| Goldstein-Brüder bekanntes Duo verhalten haben, das nach den Recherchen des | |
| Historikers Sonabend vermutlich damit ihre kindliche Misshandlung durch | |
| ihren Vater an anderen Familienmitgliedern austrugen. „Das Gute war, die | |
| waren auf unserer Seite“, sagt dazu Jerry Kaffin. Auch viele | |
| Geschäftsinhaber hätten die Gruppe unterstützt, bisweilen auch jüdischer | |
| Gangster. | |
| ## Die nächste Generation | |
| Um 1951 löste sich die 43er-Gruppe selbst auf, nachdem sie Oswald Mosley | |
| und andere erfolgreich aus den Verkehr gezogen hatten, wie Konopinski es | |
| schildert. Tatsächlich zog der Faschistenführer in diesem Jahr nach Irland | |
| um und lebte später in Frankreich. Viele aktive | |
| [11][Antifaschist:innen] waren da aus ihren jungen Jahren | |
| herausgewachsen und besaßen nun Arbeit und Familie. | |
| Bei den 43ern machten auch Frauen mit, von denen manche genauso gut | |
| zuschlagen konnten wie die Männer. Einer jungen jüdischen Frau, Wendy | |
| Turner, gelang es sogar, zur Geliebten des Neonazis Victor Burgess zu | |
| werden. Sie gab beständig Informationen an die 43er weiter. | |
| Die seit letztem Monat laufende BBC-Serie „Ridley Road“ erinnert mit den | |
| fiktiven Vivienne, die sich bei den Faschist:innen einnistet, an diese | |
| Geschichte. In Wahrheit blieb sie nicht ohne fatale Folgen. Wendy Turner | |
| entschloss sich 1982 zum Suizid. | |
| Nach der Auflösung der 43er-Gruppe blieb es über zehn Jahre lang ruhig. | |
| Doch als der Neonazi Colin Jordan am 1. Juli 1962 eine Hetzveranstaltung | |
| auf dem Londoner Trafalgar Square abhalten wollte, aktivierten ehemalige | |
| Mitglieder des antifaschistischen Netzwerks ihre Verbindungen. Jules | |
| Konopinski berichtet, er habe alte Mitglieder der 43er gesprochen. | |
| Gemeinsam wurde beschlossen, wieder von Neuem Widerstand zu leisten. | |
| Die verschiedensten jüdischen Vereine und Gruppierungen wurden kontaktiert, | |
| um die Neonazis bei der Veranstaltung numerisch zu überstimmen. Nach | |
| Angaben von Konopinski kamen etwa 2.500 jüdische Londoner:innen und | |
| Unterstützer:innen zusammen. Sobald die ersten Worte gefallen waren, | |
| sei die Schar der Neonazis von der Menge auseinandergerissen worden. | |
| Viele der älteren jüdischen Antifaschist:innen konnten oder wollten | |
| damals nicht mehr mitmachen, so wie Jerry Kaffin. Die neue Gruppe benannte | |
| sich nach ihrem Gründungsjahr als 62er und blieb länger als ihr Vorgänger | |
| bestehen, galt dabei aber als effektiver und brutaler. „Es dauerte länger, | |
| weil wir gegen drei verschiedene Gruppen vorgehen mussten, Jordans National | |
| Socialist Movement, den Leuten des unabwendbaren Faschisten John Tyndall, | |
| der später das Great Britain Movement, die National Front und die British | |
| National Party mitgründete, sowie die letzten Versuche Mosleys“, erinnerst | |
| sich Jules Konopinski. Die Leitung der Gruppe übernahm ein Veteran, der | |
| militärische Kampferfahrung aus dem Birma-Konflikt mitbrachte. | |
| ## Was geblieben ist | |
| Auch wenn das etablierte britische Judentum damals nichts von den Aktionen | |
| wissen wollte, so gibt es heute eine wichtige Organisation, die aus alledem | |
| erwachsen ist. Einige der ehemaligen Mitglieder der 62er-Gruppe gründeten | |
| später die Nichtregierungsorganisation [12][Community Security Trust | |
| (CST)]. Die von der britischen jüdischen Gemeinschaft getragene Gruppe | |
| schützt nicht nur Synagogen und jüdische Einrichtungen vor Neonazis, | |
| sondern auch Moscheen. Ihr Chef Gerald Ronson war einst ein Mitglied der | |
| 62er-Gruppe. | |
| Andere frühere Aktive arbeiteten für [13][das 1974 gegründete | |
| antifaschistische Magazin Searchlight], das die Aktionen von Neonazis in | |
| Großbritannien wie auf der ganzen Welt akribisch untersucht. Aus dem | |
| Magazin erwuchs wiederum im Jahr 2004 die Organisation [14][Hope Not Hate]. | |
| Garald Ronson, der heutige Chef des Community Security Trust, schreibt in | |
| seinen Erinnerungen, dass er und andere langsam begannen zu verstehen, dass | |
| der Kampf von Hooligans gegen andere Hooligans nicht der intelligenteste | |
| Weg zur Lösung des Problems sei. „Ich verstand, dass ich eine Gruppe von | |
| Verrückten bekämpfte, aber auch, dass wir ausgeklügelter vorgehen müssten | |
| als diese. Hierfür benötigten wir eine andere Art von Organisation, mehr | |
| als ein Bund von gut meinenden 200 starken Jungen, die sich undiszipliniert | |
| verhielten.“ | |
| Die Geschichte der antifaschistischen jüdischen Bewegungen in London wäre | |
| fast in Vergessenheit geraten. Erst die Recherchen des Historikers Daniel | |
| Sonabend führten dazu, dass die Erinnerungen jener, die damals dabei waren, | |
| doch noch aufgezeichnet wurden. Derzeit arbeitet der junge Filmemacher | |
| Jamie Goldberg an einen Dokumentarfilm über die 43er- und die 62er-Gruppe, | |
| in der er noch lebende Zeitzeugen wie Konopinski, Kaufman und Needleman | |
| interviewt. „Ich war sofort von den Geschichten dieser Leute fasziniert“, | |
| sagt er voller Enthusiasmus auf einer Veranstaltung mit dem ersten | |
| Prescreening von Teilen des Films. | |
| Neben den Veteranen der Antifaschist:innen waren dort auch | |
| Überraschungsgäste eingeladen: Oswald Mosleys leibhaftiger Enkel Ivo Mosley | |
| und Urenkel Scipio. Beide sind überzeugte Antifaschisten. | |
| Zum Foto nach den Interviews erheben Jules Konopinski und Jerry Kaffin ihre | |
| Fäuste. Kaffin sitzt dabei in seinem Armsessel. „Wir waren Jungs mit großen | |
| Herzen und guten Fäusten,“ bemerkt Konopinski zum Abschied. | |
| 23 Nov 2021 | |
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| [12] https://cst.org.uk/ | |
| [13] https://www.searchlightmagazine.com/ | |
| [14] https://hopenothate.org.uk/ | |
| ## AUTOREN | |
| Daniel Zylbersztajn-Lewandowski | |
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