# taz.de -- Berlins Selbstständige in der Krise: Die Stimmung ist wolkig bis t… | |
> Viele Solo-Selbständige trifft die Coronakrise besonders hart. Wie geht's | |
> ihnen im Novemberlockdown? Sechs Protokolle. | |
Bild: „Meine Selbstständigkeit steht auf mehreren verschiedene Säulen“, s… | |
Sandra Szaldowsky, 49, Coach und Kommunikationstrainerin: | |
Mir geht es so weit ganz gut. Ich hatte soeben zwei Beratungstermine, und | |
den Rest des Tages habe ich nun frei. Es sieht ja leider auch für mich | |
wieder nach deutlich mehr terminlosen Tagen aus, da sich Seminare und | |
Fortbildungen wieder verschieben, abgesagt werden oder in die virtuelle | |
Welt wechseln. Die Onlinearbeit ist jedoch erprobterweise wirklich nicht | |
für jedes Format geeignet. | |
Wovor mir graust, ist, dass ich vermutlich schon in Kürze in meinen noch | |
stattfindenden Seminaren eine Maske tragen soll. Für ein Einzelcoaching | |
oder meine täglichen Wege in der BVG macht mir das wenig aus, für einen | |
ganzen Tag schon. | |
Meine Selbstständigkeit steht glücklicherweise auf mehreren verschiedenen | |
Säulen. Rhetorik- und Konfliktmanagement-Seminare bei Bildungsträgern, | |
Impuls- und Klausurtage bei AuftraggeberInnen, Coachingausbildungen und | |
Einzelcoachings in meinen Berliner Räumen, die ich dann wiederum an meine | |
KollegInnen vermiete. Die Raumvermietung für Seminare und Coachings liegt | |
aktuell wieder nahezu brach, und bei den Seminaren und Coachings fährt die | |
Nachfrage gerade auch wieder weiter runter. | |
Finanziell sieht es jetzt so aus, dass ich beginne, meine Ersparnisse | |
nutzen zu müssen. Bis zum Sommer kam ich noch mit der Soforthilfe, den | |
Rücklagen vom Vorjahr und den Terminverschiebungen über die Runden. Das ist | |
nun leider nicht mehr so und die Unsicherheiten werden meine Auftragslage | |
vermutlich noch eine ganze Weile begleiten, da sich viele Firmen und | |
Privatpersonen gerade sehr gut überlegen, ob sie derzeit überhaupt über die | |
finanziellen Mittel verfügen, um sich mein Angebot leisten zu können. | |
Im März dachte ich noch, dass Menschen gerade achtsamer und solidarischer | |
würden und sich damit vielleicht Natur und Mensch ein wenig Ruhepause und | |
Regeneration gönnen könnten. Im Sommer hoffte ich, dass wir wieder zur | |
Normalität zurückkehren würden. Nun denke ich, dass es kein Zurück | |
irgendwohin geben wird, da sich einfach sehr viel verändert hat. | |
Konkret hat sich bis hierhin aus meiner Sicht Folgendes verändert: Die | |
Digitalisierung ist in Deutschland angekommen, mit ihren Vor- und | |
Nachteilen. Viele Menschen verdienen aktuell weniger oder nichts, wodurch | |
sich zumindest mittelfristig Prioritäten verschieben. Die Meinungen und | |
auch die Meinungsäußerungen werden immer vielfältiger und das offene | |
Polarisieren strengt an. | |
Es ist auch jemandem wie mir mittlerweile zu einseitig, dass die | |
Demonstrationen gegen die Coronamaßnahmen als eine Ansammlung von Spinnern | |
und Rechten bezeichnet werden. Es gibt sehr vielfältige Interessen, die | |
Menschen dazu bewegen, ihren Protest auf die Straße zu bringen. Die | |
aktuellen Maßnahmen werden nicht von allen als sinnvoll eingeschätzt und | |
das gerade verabschiedete Infektionsschutzgesetz wird aufgrund der | |
Schnelligkeit des Verfahrens sicher auch nicht von allen kritiklos | |
angenommen. | |
Und trotzdem habe ich Hoffnung, dass es genügend Menschen gibt, die an | |
einem gesellschaftlichen Miteinander interessiert sind, anstatt recht haben | |
zu wollen, und die an die Demokratie glauben. | |
Martin Kaltenmaier, 52, Betreiber der „Tomsky Bar“ in der Winsstraße in | |
Prenzlauer Berg | |
Zum Glück wird mir nie langweilig, ich weiß eigentlich immer mich zu | |
beschäftigen. Schon im Oktober hat es eigentlich keinen Spaß mehr gemacht | |
in meiner Kneipe, im Tomsky. Man hat ja so etwas wie eine Berufsehre. Und | |
die Leute gehen nun mal in die Kneipe, um ihren Alltag zu vergessen. Aber | |
wir haben uns zuletzt als verlängerter Arm des Gesetzgebers gefühlt. Unsere | |
Gäste mussten sich in Listen eintragen, wegen der Lüftung im Kalten sitzen, | |
sie durften nicht stehen, höchstens zu sechst am Tisch sitzen, und dann | |
sollten wir sie auch noch um 23 Uhr rausschmeißen. | |
Es war für mich also kein großer Schock, als der aktuelle Lockdown kam. Ich | |
habe damit gerechnet. Trotzdem halte ich die aktuellen Maßnahmen für | |
Fischen im Trüben. Ich denke, sie haben einfach nur die Kneipen und | |
Kultureinrichtungen zugemacht, weil unsere Lobby nicht so stark ist wie | |
die des Einzelhandels. | |
Ich bin froh, dass ich den Oktober noch einigermaßen selbst bezahlen | |
konnte. Ich will ja auch nicht jeden Topf abklappern, der in Frage kommen | |
könnte. Leider ist es außerdem bislang sehr undurchsichtig, was man da | |
alles beantragen kann, was einander ausschließt und so weiter. Außerdem | |
finde ich es wirklich bedenklich, dass wir erst Ende des Monats eventuell | |
Geld beantragen können, um für die Sperrstunde im Oktober entschädigt zu | |
werden und Zuschuss zur Oktobermiete zu bekommen. Ende November habe ich | |
doch längst die Dezembermiete im Kopf! | |
Im Frühjahr lief es mit der Unterstützung wirklich schneller und | |
unbürokratischer. Gut, dass wir so tolle Nachbarn hatten, die uns beim | |
Crowdfunding geholfen haben. Und einen coolen Vermieter! Er hat mir die | |
Hälfte der Miete erlassen, obwohl er gesetzlich nur zur Stundung | |
verpflichtet gewesen wäre. Das ist wirklich großartig. | |
Im Augenblick habe ich mich ziemlich zurückgezogen und bin auch gar nicht | |
in der Stadt. Was soll ich da? Meine Mitarbeiter sind auf Kurzarbeit. Die | |
anderen haben auch zu. Deshalb weiß ich auch gar nicht sehr viel darüber, | |
wie es ihnen im Moment geht. Ob es schon Schließungen gibt zum Beispiel. | |
Ich gehe gerade nicht davon aus, dass sich an der Situation bis März viel | |
ändern wird. Kein Mensch weiß, wann die Impfung kommt, für wie viele | |
Menschen sie reicht und wie sie wirkt. Das sind alles ungelegte Eier. | |
Ira Göbel, 43, freie Musikerin und Klavierlehrerin | |
Bei mir ist eigentlich alles beim Alten. Das Geld auf meinem Konto wird | |
immer weniger, weil die Konzerteinnahmen fehlen. Ich habe klassisches | |
Klavier studiert und gebe drei Tage in der Woche Klavierunterricht. | |
Außerdem bin ich Sängerin. Beim Hamburger Label Audiolith Records | |
veröffentliche ich unter dem Namen Ira Atari Elektropop und gebe Konzerte. | |
Leider konnte ich im Herbst nicht wie geplant mehr Klavierschüler | |
aufnehmen, weil ich nicht nur an normalen Schulen unterrichte, sondern auch | |
an einer Musikschule, und die macht seit dem neuen Lockdown erst | |
nachmittags auf. Und auch den Schulen droht wahrscheinlich früher oder | |
später die Schließung, wenn die Zahlen mit den Neuansteckungen weiterhin | |
ansteigen. | |
Von zu Hause aus arbeiten klingt zwar gemütlich, aber | |
Online-Klavierunterricht geben ist wahnsinnig anstrengend. Ich hoffe also, | |
dass es nicht so weit kommen muss. | |
Ich bin gespannt, wie viel Geld wir Soloselbstständigen zur Überbrückung im | |
November beantragen können. Es wäre in meinem Fall wahrscheinlich nicht | |
wirklich viel. Ich habe gelesen, dass die Unterstützung auch eine Art | |
Anerkennung für die Arbeit der Kulturschaffenden sein soll, ähnlich wie die | |
Soforthilfe vom Senat im Frühjahr, bei der 5.000 Euro ausgezahlt wurden. | |
Das wäre dringend notwendig für alle MusikerInnen, die im Moment einfach | |
keine Einnahmen haben, da Auftrittsverbot herrscht. | |
Als Alternative könnte ich mir gut vorstellen, wenn Kulturschaffende ein | |
vorübergehendes Grundeinkommen bekommen würden. Denn eigentlich arbeiten | |
wir ja alle weiter. Wir haben eben nur Auftrittsverbot, und Hartz IV wäre | |
wirklich nicht das richtige Instrument. | |
Ich glaube nicht, dass 2021 das neue 2019 wird, dass wir wieder auf | |
Konzerte und Festivals gehen und ausgelassen feiern werden – selbst wenn | |
der Impfstoff kommt. Obwohl es also gerade wirklich schwer ist für | |
KünstlerInnen und MusikerInnen und auch für die Kinder, die jetzt die ganze | |
Zeit Maske tragen müssen, finde ich die Maßnahmen, also den neuen Lockdown, | |
in Ordnung. Da niemand wirklich weiß, wie man mit dieser Situation umgehen | |
soll, hoffe ich auf den gesunden Menschenverstand meiner Mitmenschen. Wie | |
soll man auch im Moment genau wissen, was hilft? | |
Leider sehen das nicht alle Leute so entspannt. Die Zahl der Coronaleugner | |
nimmt leider weiter zu. Wir müssen aufeinander achten, kritisch und | |
informiert bleiben, dann werden wir diese schwierige Zeit gemeinsam gut | |
überstehen. | |
Philipp Schünemann, 50, Inhaber von „Onkel Philipp’s Spielzeugwerkstatt“… | |
der Choriner Straße in Prenzlauer Berg: | |
Mir war schon lange klar, dass es im Herbst wieder so kommen würde. An der | |
Schule meiner Kinder herrscht gerade ein Riesenchaos, viele Lehrer sind | |
krank, viele in Quarantäne, einige Klassen schon zu. Es ist nur noch eine | |
Frage der Zeit, dass wir wieder Homeschooling bekommen. Ich finde das ja an | |
sich ganz schön, kann aber auch nicht einfach meinen Laden schließen und zu | |
Hause bleiben. Also bleibt vieles an meiner Frau hängen, die gerade noch | |
studiert. Die muss dann leider auch mal die Kinder vor die Glotze setzen | |
oder zur Schwiegermutter bringen. Zum Glück nehmen wir es mit dem | |
Homeschooling nicht so furchtbar genau. | |
Seit fast 24 Jahren habe ich nun meinen Spielzeugladen für Neues und | |
Recyceltes. Im Moment läuft der Laden relativ normal. Heute Morgen herrscht | |
zwar gerade Totenstille, aber so was hat mich nur früher aus der Ruhe | |
gebracht. Heute kann ich es genießen, weil ich weiß, dass es am Ende unterm | |
Strich wieder stimmt. Ich nehme die Dinge, wie sie kommen, kann mich auch | |
gut an schwierige Situationen anpassen und versuche, das Beste draus zu | |
machen. | |
Als Ausgleich zum Trubel im Laden und in der Familie ziehe ich mich öfter | |
mal auf mein Boot zurück und übernachte auf dem Tegeler See. Nach dem | |
Aufstehen habe ich heute den Heizer angemacht, bin eine Runde im eisigen | |
Wasser geschwommen, habe danach ein heißes Fußbad genommen, mein Müsli | |
gegessen und bin dann mit meinem E-Rad zum Laden gefahren. Mein Auto habe | |
ich abgeschafft. | |
Eigentlich glaube ich nach wie vor, dass viele Menschen durch Corona zum | |
Nachdenken gekommen sind. Über die Umwelt, über den Klimawandel. Die | |
Menschheit muss umdenken. Es muss nicht immer alles wachsen. Wenn es stabil | |
und gleichförmig weitergeht, heißt das für mich nicht Stagnation. | |
Veränderung ist gut, ja, aber nicht Expandieren um jeden Preis. | |
Natürlich: Wenn jetzt ein harter Lockdown käme oder wenn ich in Quarantäne | |
müsste, dann hätte ich schon Sorge, gerade im Weihnachtsgeschäft – das ist | |
natürlich die wichtigste Zeit für den Einzelhandel. Aber ich lasse es | |
einfach auf mich zukommen. Was bleibt mir auch anderes übrig! | |
Die meisten Menschen, habe ich das Gefühl, versuchen wie ich, das Beste aus | |
der Situation zu machen. Sie entwickeln neue Ideen und stecken auch in den | |
schwierigsten Lagen nicht den Kopf in den Sand. Die Politik sollte die | |
eigentlichen Gewinner der Krise, die Internetriesen, mal mehr in ihre | |
Schranken weisen. Und nicht bei den kleinen Leuten so viel reglementieren – | |
man kann den Menschen viel mehr Eigenverantwortung zutrauen. Meine Kunden | |
tragen meistens ganz selbstverständlich ihre Masken und halten Abstand. | |
Ohne dass ich sie darauf hinweisen muss. | |
Marc Weise, 53, ist Kurator und Konzertveranstalter. Als Musiker ist er | |
bekannt unter dem Namen Marc Marcovic: | |
Überraschenderweise geht es mir momentan eigentlich gut. Ich habe viele | |
Anträge gestellt, 12 insgesamt, bei den unterschiedlichsten Stellen wie | |
Musicboard, Musikfonds, Senat oder BBK. Es gibt ja diverse Förderangebote, | |
für Künstler, Musiker, Kuratoren … Jedenfalls habe ich jetzt zwei | |
Stipendien bekommen, eins vom Musicboard, eins vom Senat – und damit | |
innerhalb von drei Tagen die Zusage über 15.000 Euro. Dann wurden | |
allerdings alle Doppelanträge zurückgezogen, ich bekomme jetzt doch nur ein | |
Stipendium, das vom Senat, 9.000. Immerhin! | |
Das Gute an dem Programm finde ich, dass es spartenübergreifend galt: für | |
Puppenspieler, Komponisten, Musiker, Lichtdesigner, alle möglichen Berufe. | |
Und das Geld wurde ausgeschüttet ohne künstlerische Bedingungen. Man muss | |
also kein Ergebnis abliefern, nur einen Bericht schreiben, wie man diese | |
sechs Monate verbracht hat. | |
Ich habe mir auch dieses Sofortprogramm der Bundesregierung angeschaut, die | |
„Novemberhilfen“. Das war aber schon wieder viel zu viel Bürokratie und | |
auch völlig unklar, ob und welche Kosten ich anrechnen kann und vor allem | |
ob die Novemberhilfe mit meinem erhaltenen Stipendium kompatibel ist. Auch | |
Hartz IV habe ich bis jetzt nie beantragt, obwohl ich zweimal knapp davor | |
war. Das klang ja erst mal gut, als es hieß, wegen Corona kann man Hartz | |
unbürokratisch beantragen. Am Ende sind da aber doch tausend Fallstricke | |
mit Kindergeld, Anrechnung von Betreuungszeiten fürs Kind und, und, und. | |
Die Hilfsprogramme vom Land sind dagegen überraschend gut, der | |
Kultursenator legt sich da wohl sehr ins Zeug. | |
Also, ich verbringe viel Zeit mit Anträge-Schreiben! (lacht) Eine Idee zum | |
Beispiel ist für ein Festival in einem Atelierhaus in Oberschöneweide. Das | |
sind sehr, sehr große Räume, was ja genau das ist, was gerade gesucht wird | |
– weil man dort die Abstände einhalten kann. Wenn also Veranstaltungen | |
wieder erlaubt werden, ist man dort auf der sicheren Seite. | |
Einen anderen Antrag, den ich geschrieben habe, ist für ein Kulturfest in | |
der Galiäakirche in Friedrichshain. Da gibt es natürlich auch Platz, sogar | |
mit Abstand passen da 30, 40 Leute rein. Man muss jetzt eben | |
Veranstaltungen planen, die unter Coronabedingungen funktionieren: entweder | |
große Räume oder draußen, Konzerte auf der Straße. Ich plane auch schon | |
Chöre, die oben auf den Dächern stehen. | |
Wenn man improvisiert, geht ja sogar jetzt manches. Am letzten Wochenende | |
zum Beispiel habe ich eine Veranstaltung zu 30 Jahre Mainzer-Straße-Räumung | |
in der Galiläakirche „durchgeführt“. Sie war finanziert vom Musicboard, | |
durfte aber nun nicht stattfinden wegen Corona. Darum haben wir nur im | |
kleinen Rahmen was gemacht in der Kirche, die Performances gefilmt, dazu | |
viele Zeitzeugeninterviews geführt, außerdem haben wir historisches | |
Filmmaterial – und daraus schneiden wir jetzt einen Film. | |
Ich muss auch sagen: Ich kenne zwar viele Leute, Künstler, Musiker, die | |
jetzt Hartz IV bekommen. Übrigens wollen viele von ihnen darüber nicht | |
reden. Als ob sie die Illusion aufrechterhalten müssten, dass sie gerade | |
ohne Hilfe klarkommen. Aber ich kenne auch viele, denen es weiterhin sehr | |
gut geht. Die mit Film zu tun haben, mit Digitalen. Da gibt es keine Krise. | |
Sylvia Beckmann, 56, freie Fitness- und Gesundheitstrainerin: | |
Im Moment stehe ich vor genau derselben Situation wie im April. Ich arbeite | |
als Fitness- und Gesundheitstrainerin und als Bewegungstherapeutin in | |
verschiedenen Fitnessstudios und Pflegeeinrichtungen. Das heißt: Ich | |
arbeite viel mit Senioren im Reha-Sport. Das kann ich also alles nicht mehr | |
machen – und Internet macht in meinem Bereich keinen Sinn, weil es voll ist | |
mit kostenlosen Angeboten. | |
Für mich ist das besonders blöd, weil ich die Leute gerade wieder alle | |
eingefangen hatte, als der neue Lockdown kam. Ich hatte trotz | |
Hygienevorschriften und reduzierten Gruppengrößen alle wieder da, wo ich | |
sie haben wollte, alle waren wieder so fit wie vorm ersten Lockdown, auch | |
ich selbst, und das hat viel Überredungskunst und gute Laune erfordert. Ich | |
habe nach der Sommerpause volle Pulle gearbeitet, habe gut aufgeholt, das | |
war eine große Freude, hätte ich in dem Tempo aber gar nicht durchhalten | |
können. Man kann nicht täglich acht Stunden Fitnesstrainerin sein. Das | |
schafft man einfach körperlich nicht. | |
Ich fand es nicht nachvollziehbar, dass es ausgerechnet uns wieder | |
getroffen hat. Wir haben alle Auflagen erfüllt, man kann das wirklich gut | |
gestalten, und Sport ist so wichtig. Die Politik fängt halt einfach mit | |
irgendwas an, weil es einfach mehr Einzelhandel gibt als Fitnessstudios, | |
Gastronomie und Kultureinrichtungen. Auch, wenn ich nicht gewusst hätte, | |
wie man es besser hätte machen können, fand ich das ungerecht. | |
Ich finde, seit dem Sommer ist die Ernsthaftigkeit im Umgang mit dem Virus | |
verloren gegangen. Ich war wirklich sauer auf die Partygänger. Man nimmt | |
sich in Acht, trägt wirklich viel Verantwortung, wenn man jede Woche mit | |
400 teilweise alten Menschen arbeitet. Und dann diese Rücksichtslosigkeit. | |
Es gibt in letzter Zeit immer mehr Personen, mit denen man sich überhaupt | |
nicht mehr unterhalten kann. Das eine ist, Dinge zu hinterfragen. Das finde | |
ich gut, das mache ich ja auch zunehmend und das hat nichts mit Querdenken | |
zu tun. | |
Das andere ist, das Virus zu leugnen. Das geht gar nicht. Ich kenne viele | |
Leute in der Intensivmedizin und weiß, was da gerade abläuft. Das ist | |
wirklich nochmal eine andere Nummer als im März. | |
Ich warte wirklich sehnlich auf die Novemberüberbrückung. Angeblich soll | |
der Antrag wieder sehr einfach gestaltet sein, das würde ich schön finden. | |
Ich denke, ich werde die Krise überstehen, wenn ich weiter so unterstützt | |
werde wie bislang, auch, wenn ich mich darüber ärgere, dass Weihnachten | |
dieses Jahr eher ausfallen wird. Nächstes Jahr kehrt die Normalität zurück, | |
ob früher oder später. | |
21 Nov 2020 | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
Susanne Memarnia | |
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