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# taz.de -- Honorare freier LokaljournalistInnen: Nur ein Taschengeld
> Obwohl Lokaljournalismus so wichtig ist, wird er beschissen bezahlt – zu
> diesem Ergebnis kommt eine neue Erhebung des Vereins Freischreiber.
Bild: Systemrelevant: Lokaljournalismus
Falls Sie es noch mal hören wollen: Medien sind systemrelevant. Hat sich ja
gerade in der Coronakrise erwiesen beziehungsweise erweist sich immer noch.
Ganz wichtig sind dabei lokale Informationen, und die finden in Deutschland
meistens noch in Form von Zeitungen statt. Weil [1][Lokaljournalismus] so
wichtig ist, wird dort gut bezahlt. Das gilt auch für die freien
Mitarbeiter*innen, ohne die Lokaljournalismus schlicht nicht möglich wäre.
Äh – stopp. Richtig müssen die letzten beiden Sätze lauten: Obwohl
Lokaljournalismus so wichtig ist, wird dort beschissen bezahlt. Das gilt
erst recht für die freien Mitarbeiter*innen. Zu diesem wenig
überraschenden, dennoch traurigen Ergebnis kommt der neue [2][Honorarreport
von Freischreiber]. Der 2008 als Selbstorganisation und Lobbyverband der
Freien Mitarbeiter*innen gegründete Verein ermittelt seit 2018, wer als
FreieR wie viel verdient. Die Zahlen, die über das Honorartool
www.wasjournalistenverdienen.de anonym eingegeben werden können, sind nicht
repräsentativ. Aber mit über 2.000 Angaben dennoch höchst aussagekräftig.
„In einem der wichtigsten Ressorts unserer Branche gibt es für rund ein
Viertel der freien Journalist*innen kein Honorar, sondern ein Taschengeld,
von dem sie nicht leben können“, bilanziert Freischreiber. Über ein Viertel
der freien Lokaljournalist*innen verdienen maximal 10 Euro brutto pro
Stunde.
Wer jetzt sagt „Na, ist doch mehr als der Mindestlohn von 9,35 Euro“ darf
nicht mehr weiterlesen. Und wer mit dem Argument kommt, die meisten
Lokalpolitiker*innen machten das ja auch ehrenamtlich, hat Entscheidendes
nicht verstanden.
## Es gäbe einen Weg
Über 40 Prozent der Freien kommen auf maximal 15 Euro pro Stunde. Der
Mittelwert im Lokalen liegt laut Honorarreport bei 18,64 Euro. Noch mal zur
Sicherheit: Hier ist von Brutto-Stundenhonoraren die Rede, das heißt
Steuern, Kosten für Arbeitsmittel, Akquise- und Recherchezeit sowie
Urlaubs- und Krankheitstage sind noch gar nicht drin. Freischreiber
schätzt, dass netto rund ein Drittel der Bruttosumme als tatsächlicher
Gewinn für die freien Journalist*innen übrig bleibt. Das ist unterirdisch.
(Disclaimer: Das taz-Grundhonorar liegt bei 49 Euro für einen Text von
3.000 Zeichen, für diese Kolumne gibt’s 80 Euro brutto.)
„Die Ergebnisse in diesem Jahr sind ein einziger Skandal. Dabei ist der
Lokaljournalismus systemrelevant für die Demokratie. Unsere Städte und
Gemeinden brauchen gut ausgebildete Journalist*innen, die kritisch über die
Geschehnisse vor Ort berichten. Und sie brauchen Verleger*innen, die sich
ihrer Verantwortung stellen“, so Freischreiber. Dem ist – leider – nichts
hinzuzufügen. Oder doch: Was ist eigentlich mit der Politik? Sie muss jetzt
handeln und dem Journalismus endlich den Weg in die [3][Gemeinnützigkeit]
öffnen. Vor allem im Lokalen.
23 Jun 2020
## LINKS
[1] /Corona-und-Journalismus/!5681088
[2] https://www.freischreiber.de/aktuelle/freischreiber-honorarreport-2020/
[3] /Stiftungsfinanzierter-Journalismus/!5656369
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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