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# taz.de -- Selbstständig durch die Corona-Krise: Nur langsam kehrt Normalitä…
> Freiberuflern waren von der Pandemie hart betroffen. Nun arbeiten die
> einen wieder. Die anderen verdienen weiter keinen Cent. Ein
> Stimmungsbericht.
Bild: Konzertveranstalter Marc Weiser kann immer noch nicht wieder arbeiten
Berlin taz | Es ist nun das dritte Mal in diesem Jahr, dass wir mit
denselben sechs Berliner Soloselbstständigen gesprochen haben. Anlass war
und ist die Coronakrise und die besorgte Frage, wie diese für Berlin so
wichtige Personengruppe über die Runden gekommen ist.
Sie alle konnten [1][Anfang April und Mitte Mai] nicht mehr oder kaum noch
arbeiten, verdienten nichts oder wenig – und kamen dafür noch ausgesprochen
beschwingt daher. Die meisten von ihnen sind inzwischen zurück in ihrem
gewohnten Alltag – haben aber deshalb noch lange nicht aufgehört, darüber
nachzudenken, was die Krise mit ihnen und der Welt, in der sie leben,
gemacht hat.
Das Berliner Prekariat ist krisenerprobt. Viele sind zu einer Zeit in die
Stadt gekommen, als die Mieten noch kein Problem waren. Hier konnte man
mehr als irgendwo anders Projekte realisieren, deren vorderstes Ziel nicht
unbedingt das große Geld ist.
Wenn man sich mit einigen von Berlins rund 200.000 Freiberuflern unterhält,
bekommt man viele Einblicke: etwa, dass sie lange vor Corona oft genug
finanzielle Probleme hatten. Dass sie beispielsweise immer mal wieder
knietief im Dispo steckten, um die nächste weltverändernde Idee zu
realisieren. Man erfährt, dass sie nicht vorhaben, sich eines Tages
woanders als im Secondhandladen einzukleiden oder nicht in der Kantine zu
essen, nur weil das jetzt in gewissen Vierteln dieser Stadt plötzlich nicht
mehr zum guten Ton gehört.
## Am Rande des Machbaren
Unverdrossen operieren sie am Rande des Machbaren. Für diese Leute war und
ist die Coronakrise einerseits eine Bedrohung wie für alle anderen auch.
Sie wären andererseits aber auch die Ersten, denen die Puste ausgehen
würde, wenn die Krise wieder an Schwere zunehmen und finanzielle
Unterstützung ausbleiben würde.
Es gab – und gibt noch immer – einen weiteren Grund, warum in dieser Szene
so gute Laune herrscht. Viele unserer Befragten haben zum allerersten Mal
überhaupt finanzielle Hilfe vom Staat erhalten. Berlins Kreative fühlen
sich plötzlich wieder gut aufgehoben in einer Stadt, die sie nicht immer in
Watte gepackt hat. Und viele von ihnen blicken wohl auch deshalb mehr denn
je nicht nur auf sich selbst, sondern viel mehr über den Tellerrand, auf
das Gemeinwohl, das Befinden der ganzen Welt. Sie sehen die Coronakrise als
Chance zum großen gesamtgesellschaftlichen Kurswechsel.
Genau diese Hoffnung ist es nun, nach der Rückkehr in etwas mehr
Normalität, die bei den meisten recht zart entstanden ist. Gut, sie
beobachten erfreut, dass der Tourismus noch nicht wieder so brummt wie
zuvor. Aber was ist aus dem gesellschaftlichen Zusammenhalt geworden, den
unsere Befragten selbst so erlebt hatten? Warum, fragen die Befragten,
gehen die Leute im Alltag so achtlos miteinander um, warum misstrauen sie
so sehr dem sogenannten Establishment? Und warum sind viele Diskussionen
wie die übers bedingungslose Grundeinkommen, die dank Corona wieder
hochgekocht sind, so schnell wieder versandet?
Man sollte diesen Leuten vielleicht auch in Zukunft zuhören.
25 Jul 2020
## LINKS
[1] /Freiberufler-in-der-Coronakrise/!5682402&s=SoloSelbstst%C3%A4ndig/
## AUTOREN
Susanne Messmer
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