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# taz.de -- USA und Pariser Klimaabkommen: Mit Fake Facts zum Ausstieg
> Donald Trump will das Pariser Abkommen zum Klimaschutz verlassen. Seine
> Begründung strotzt vor verdrehten Tatsachen und Fehlern.
Bild: Naturbursche: US-Präsident Donald Trump
Berlin taz | Schon der Name ist falsch. Als US-Präsident Donald Trump mit
fast 40 Minuten Verspätung am Donnerstagnachmittag Washingtoner Zeit im
Rosengarten des Weißen Hauses vor die wartende Menge tritt, nennt er das
Klima-Abkommen von Paris den „Paris Accord“. Offiziell heißt der Vertrag
allerdings „Paris Agreement“. Eine unbedeutende Ungenauigkeit – aber ein
Zeichen, dass Trump die Details nicht so wichtig sind.
Die lang erwartete Urteilsverkündung zum Klimaschutz durch Donald Trump
strotzt dann auch vor Halbwahrheiten und verdrehten Tatsachen. In der knapp
30-minütigen Ansprache wiederholt der bekennende Klimaleugner immer wieder
ein Thema: Der Vertrag ist unfair, weil er den USA Pflichten auferlegt, die
andere Länder nicht haben; Klimaschutz ist eine Bürde für die
US-Wirtschaft; und das Pariser Abkommen sei ein Mittel der anderen Staaten,
die USA ökonomisch zu unterjochen.
Da sind die Fakten nicht mehr wirklich wichtig.
Trump erklärt, das Abkommen sei für Millionen von verlorenen Jobs in den
USA verantwortlich – aber es ist überhaupt erst seit November 2016 in
Kraft. Die Verpflichtungen der USA daraus im „Clean Power Plan“ wiederum
greifen noch nicht – der Plan hängt in den USA vor den Gerichten fest. Dass
die USA historisch weltweit am meisten Treibhausgas in die Luft geblasen
haben, dass sie immer noch einen der höchsten pro-Kopf-Ausstöße aller
Länder haben und auch absolut hinter China noch auf Platz zwei der
Verschmutzer liegen, erwähnt er nicht. Wenn er von den „großen
Verschmutzern“ redet, meint er nicht sein eigenes Land.
## Er jongliert mit seltsamen Zahlen
Trump verspricht seinen Zuhörern, er werde aussteigen oder „einen besseren
Deal verhandeln.“ Allerdings ist bislang niemand in Sicht, der mit ihm
diesen Deal machen könnte. „Keine Nachverhandlungen“ ist der globale
Konsens. Die Kündigung des Vertrages würde formell erst 2020 greifen, doch
die darin enthaltenen nationalen Ziele zur CO2-Minderung sind rechtlich
nicht bindend.
Trump jongliert mit seltsamen Zahlen. Das Abkommen werde in den USA bis
2025 insgesamt 2,7 Millionen Arbeitsplätze kosten, zitiert er die „National
Economic Research Associates“ – keine international anerkannten
unabhängigen Ökonomen, sondern eine Firma von Wirtschaftsberatern, die
ihren Kunden aus der Industrie gern aufschreiben, was Umweltgesetze kosten.
Laut „Source Watch“ hat das Institut etwa für die Kohleindustrie errechnet,
dass Öko-Auflagen der Umweltbehörde EPA die Industrie 11 Milliarden Dollar
jährlich kosten. Renommierte Forscher bei der OECD, dem Zusammenschluss der
Industrieländer, haben dagegen Rechnungen präsentiert, dass Klimaschutz
sich insgesamt für die G20-Staaten sehr schnell in Wachstum, Arbeitsplätzen
und Modernisierung niederschlagen kann.
## Pruitt flunkert zu China
Trump erweckt den Eindruck, China habe den besseren Deal bekommen. „Noch 13
Jahre“ dürfe das Land seine Emissionen steigern, klagt er – korrekt. Dass
China erst vor wenigen Jahrzehnten mit der Industrialisierung begonnen hat
und weniger als die Hälfte der Emissionen pro Kopf vorweist, sagt er nicht.
Er beklagt sich, China und Indien „dürfen hunderte von zusätzlichen
Kohlekraftwerken bauen, wir aber nicht.“ Das Abkommen selbst verbietet gar
nichts – sondern die USA haben das in ihrem eigenen Klimaplan so
festgelegt. Und gerade China und Indien haben im letzten Jahr den Bau von
etwa 120 Kraftwerken gestoppt.
„China hat seine Emissionen nicht verringert“, sagt danach Scott Pruitt,
der Chef der Umweltbehörde EPA zu CNN. Die Zahlen sprechen dagegen: Seit
drei Jahren sinken die chinesischen Emissionen und Kohleverbräuche.
## Ein riesiger Unterschied
„Mit Erneuerbaren können wir ein Prozent Wachstum befeuern“, sagt Trump.
„Für die drei bis vier Prozent Wachstum, die ich erwarte, brauchen wir alle
Energieformen“. Da ist der Präsident sehr optimistisch. Seit 2015 bewegt
sich das US-Wachstum zwischen 0,8 und 3,5 Prozent.
Wieder seltsame Zahlen: Selbst wenn das Pariser Abkommen erfolgreich sei,
so Trump, werde es „im Jahr 2100 nur 0,2 Grad weniger Erwärmung bringen“.
Möglicherweise bezieht er sich auf eine sehr konservative Studie der Uni
MIT. Die Experten vom „Climate Action Tracker“ aus verschiedenen Thinktanks
sehen dagegen das Potenzial, dass die Erwärmung „mit Paris“ bei jetziger
Anstrengung um 0,8 Grad geringer ausfällt als „ohne Paris“. Wenn das
Pariser Ziel von höchstens 2 Grad erreicht wird, steigt die Differenz sogar
auf 1,6 Grad – ein riesiger Unterschied zwischen Klimawandel und
Klimakatastrophe.
Amerika bleibe ein „Anführer im Umweltschutz“, so Trump. Dort gebe es „d…
sauberste Luft, das sauberste Wasser.“ 2009 lebten aber nach einem Bericht
der „American Lung Association“ 60 Prozent der US-Amerikaner in Gegenden,
wo die Luftverschmutzung so stark war, dass sie krank machen kann. Die
Werte haben sich allerdings seitdem in manchen Bereichen verbessert.
## Die Länder haben sich ihre Ziele selbst gegeben
„Der Grüne Klimafonds verpflichtet die Industrieländer, 100 Milliarden
Dollar im Jahr zu zahlen“, beschwerte sich der Präsident. Das ist schlicht
falsch. Im Pariser Abkommen steht eine Zusage der Industrieländer von 2009,
dass sie ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar für Hilfen zum Klimaschutz
in armen Ländern „mobilisieren“ wollen – aus staatlichen Hilfsgeldern, a…
auch aus Krediten und Investitionen. Im „Grünen Klimafonds“ haben die
Industrieländer 2014 insgesamt etwa zehn Milliarden Dollar versprochen. Die
USA haben drei Milliarden zugesagt, bisher aber nur eine Milliarde gezahlt,
der Rest wird nicht mehr fließen.
Während die USA „Milliarden und Milliarden“ gezahlt hätten, würden andere
Länder nichts tun – wieder falsch. China etwa hat angekündigt, 3,1
Milliarden Dollar in Klimahilfen zu investieren, allerdings nicht über den
„Grünen Klimafonds“. Deutschland hat eine Milliarde gezahlt, pro Kopf zwö…
Dollar, deutlich mehr als die neun Dollar der US-Amerikaner. Den Rekord
halten Schweden und Luxemburg mit jeweils fast 60 Dollar pro Einwohner. Die
„Milliarden“ aus den USA seien an Länder geflossen, die gleichzeitig den
USA die Jobs gestohlen hätte, so Trump weiter. Bisher flossen die Gelder
des Grünen Fonds aber eher an Staaten wie Tadschikistan, Fidschi, Peru,
Salomon-Inseln oder Malawi.
„Unsere Wirtschaft ist geschrumpft, während der Rest der Welt diese
Klimaziele nicht einhalten muss“, sagte EPA-Chef Scott Pruitt. Fakt ist,
dass im Pariser Abkommen jedes Land selbst seine Ziele definiert hat und
sie gerade nicht von außen diktiert bekommt. Wer Klimaziele einhalten muss,
hat sie sich selbst gegeben. Und wenn er sie nicht erreicht, gibt es keine
Sanktionen. Nicht einmal, wenn er aus dem Abkommen aussteigt – und auch
nicht, wenn er diesen Ausstieg mit windigen Argumenten begründet wie Donald
Trump.
2 Jun 2017
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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