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# taz.de -- Drei mögliche Klimaretter: Politiker der Zukunft
> Donald Trump manövriert sich beim Klima ins Abseits. Zeit für neue
> Helden.
Bild: Von links nach rechts: Li Keqiang, Emmanuel Macron und Jerry Brown
## Emmanuel Macron: mit gutem Timing und ohne Plan B
So landet man einen politischen Coup. Weniger als zwei Stunden nach der
Bekanntmachung Trumps, dass die USA sich aus dem Pariser Klimaabkommen
zurückziehen werden, trägt Emmanuel Macron am Donnerstagabend im Fernsehen
zur Debatte bei und präsentiert sich als Wahrer des Pariser Abkommens.
Während in Pressemitteilungen aus aller Welt Bedauern über Trumps
Entscheidung ausgedrückt wird, zeigt der französische Präsident
Beweglichkeit und ein gutes Gefühl für Timing – Vorteile in der Politik wie
auch in der Diplomatie, erst recht, wenn man das Ganze mit Leichtigkeit
handhabt.
Indem er sich erst in französischer und anschließend – eine Premiere für
einen französischen Präsidenten – in englischer Sprache äußert, wendet si…
Macron an die Welt und, noch spezifischer, an die Amerikaner. 60 Prozent
von ihnen wollen im Klimaabkommen bleiben, auch wenn 55 Prozent der
Republikaner sich für den Austritt aussprachen. Macrons englische
Ansprache und sein Aufruf an amerikanische Wissenschaftler und Ingenieure,
nach Frankreich zu kommen, wird jenseits des Atlantiks direkt übertragen.
Sein Fazit „Make our planet great again“, eine schöne Anspielung auf Trumps
Wahlkampfslogan, wird sofort in den sozialen Netzwerken aufgegriffen und
seine Aussage so in die Welt getragen.
Zwischen Trumps Ankündigung und seiner eigenen Rede sprach Macron am
Telefon mit dem US-Präsidenten. Er suchte auch sofort den Austausch mit
Angela Merkel, sodass es eine scharfe Reaktion in Form einer
Pressemitteilung aus Paris, Rom und Berlin gab – als müsste aus dem
amerikanischen Fehler eine europäische Stärke gemacht werden. Erst letzte
Woche hatte die deutsche Kanzlerin geurteilt, dass Trumps USA und
Großbritannien nach dem Brexit keine verlässlichen Partner mehr seien und
dass Europa sich mehr auf sich selbst konzentrieren sollte.
Während der US-amerikanische Präsident das Klimaabkommen neu aushandeln
will, schließt Macron diese Möglichkeit aus: „Es gibt keinen Plan B, weil
es keinen Planeten B gibt.“
Am 11. Juni findet die erste Runde der französischen Parlamentswahlen
statt, und es ist nicht verboten, die nationalen Absichten in Macrons
internationalen Ausflügen zu sehen. Der Ehrlichkeit halber muss gesagt
werden, dass Umweltfragen in Macrons Programm eher im toten Winkel waren –
auch wenn Macron einen großen Kraftakt unternimmt, um den französischen
Journalisten und Umweltschützer Nicolas Hulot für seine Regierung zu
gewinnen.
Aber weil zur Politik auch günstige Gelegenheiten gehören, könnte Macrons
Politik sich jetzt ganz schnell grün färben – er kann damit fast nur
gewinnen. „Wir halten nicht nur unsere bisherigen Verpflichtungen ein“,
sagte er. „Frankreich sollte noch mehr tun.“ Die Zukunft des Planeten wird
zur Chefaufgabe.
Über die (schönen) Worte hinaus erwarten Stiftungen, NGOs und die
Öffentlichkeit jetzt Taten von Macron und der Regierung. Emmanuel Macron
hat in dieser Hinsicht noch einiges zu beweisen, bisher hatte seine Politik
eher einen bitteren Geschmack bei Umweltschützern hinterlassen.
Trump zu belehren, ist eine Sache. Ein großer Akteur des ökologischen
Wandels zu werden, ist eine andere. Dabei soll Hulot im Regierungsamt
helfen.
Jonathan Bouchet-Petersen; Übersetzung: Belinda Grasnick
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## Jerry Brown: der erste Öko Kaliforniens – und der USA
Jerry Brown war der erste Rock-’n’-Roller der amerikanischen Politik. In
den 70ern, während seiner ersten Zeit als Gouverneur von Kalifornien, war
er mit dem Rockstar Linda Ronstadt zusammen. Mehr ging damals nicht. Dafür
ernannte ihn der Rolling Stone zum „Groupie of the Year“.
Aber der Demokrat Brown war nie Hippie oder Hedonist, sondern laut Ronstadt
ein sehr disziplinierter und ernsthafter Mann. Und er war der erste Öko. In
Kalifornien propagierte er bereits Windenergie und stellte Solaranlagen auf
die Dächer, als die deutschen Grünen noch nicht mal gegründet waren.
Heute ist Brown 79, seit sechs Jahren erneut kalifornischer Gouverneur. Und
die letzte Hoffnung auf den Übergang in eine postfossile Welt?
Nein, das wäre überzogen.
Aber er ist jetzt die wichtigste und sichtbarste Symbolfigur für den Kampf
gegen den Klimawandel unterhalb der Staatenebene. Nach Trumps Rede war er
sofort zu Stelle mit einer öffentlichen Gegendarstellung von Trumps Logik,
dass postfossiles Leben auf Kosten amerikanischer Arbeitsplätze gehe.
„Insane“ nannte Brown diese Position, wahnsinnig. Mit Kollegen anderer
Staaten kündigte er eine Allianz für das Einhalten des Klimaabkommen von
Paris an.
„Gott sei Dank gibt es nicht nur Trump“, sagt der baden-württembergische
Energie- und Umweltminister Franz Untersteller (Grüne). Untersteller war
2014 nach Sacramento gereist, um den Gouverneur im Angesicht der stockenden
staatlichen Fortschritte für ein Bündnis zu gewinnen. Der etwas grummelig
daherkommende Brown habe mit einer Miene zugehört, dass Untersteller schon
wieder abreisen wollte, aber nach 15 Minuten habe er gesagt: „Großartige
Idee.“ Heute ist die Unter-2-Grad-Koalition der Bundesstaaten und Regionen
das weltgrößte Bündnis auf subnationaler Ebene mit 170 Mitgliedern, die 1,2
Milliarden Menschen repräsentieren. Entgegen den Popmythen passieren auch
in Kalifornien keine Wunder. Auch hier reicht es längst nicht, aber
immerhin hat Brown in Bereichen wie erneuerbare Energie, saubere Autos und
Emissionshandel Standards gesetzt, die in den USA ganz vorn sind und die
auch auf den Rest des Landes ausstrahlen, Trump hin oder her, der
Gouverneur arbeitet seit Jahren an den verschiedensten Allianzen und ist
regelmäßig in China, jetzt gerade wieder.
Das ist vielleicht die symbolisch wichtigste Botschaft: Wer Zukunft sucht,
blickt heute nach Osten. Aber Kalifornien, der westlichste Westen, das
Symbol für das Großartige, aber auch die Verwerfungen unseres Strebens,
glaubt an seine Zukunft – und kämpft dafür. Nicht gegen die
Weltgesellschaften wie Trump, sondern gegen ihren Untergang.
Peter Unfried
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## Li Keqiang: baut auf, baut ab
Gewissermaßen war Li Keqiang der Schnellste. Noch weit vor Emmanuel Macron
reagierte er auf den Ausstieg der USA aus dem Pariser Abkommen – am
Donnerstag nämlich schon, da versprach der chinesische Ministerpräsident in
Berlin: „China steht zu seiner internationalen Verantwortung.“ Es werde
„seinen Teil zu einem grünen und nachhaltigen Wachstum der Weltwirtschaft“
leisten.
Viele Details über das umweltpolitische Profil von Li Keqiang sind nicht
bekannt. Aber Chinas Bemühungen sind offensichtlich. Klimaexperten loben,
dass es im Kampf gegen die Treibhausgase eine immer klarere „Führungsrolle“
einnehme.
Auch dank des schwächeren Wirtschaftswachstums hat China 2016 4,7 Prozent
weniger Kohle als im Vorjahr verbraucht – der dritte Rückgang in Folge. Die
Entwicklungs- und Reformkommission (NDR) hatte bereits vor einigen Monaten
angedeutet, dass Chinas CO2-Ausstoß womöglich bereits 2014 seinen
Höchststand erreicht hatte.
Li Keqiang hat sich dafür ausgesprochen, Kohlekraftwerke und
Schwerindustrie zu reduzieren, und anders als für Trump ist der Abbau von
Arbeitsplätzen für ihn keine Hürde. Schon 2016 mussten Tausende von
Fabriken schließen. 1,3 Millionen Arbeitsplätze fielen in der
Kohleindustrie weg, weitere 500.000 in der Stahlindustrie. Li betont aber,
dass mit den Erneuerbaren viele neue Jobs entstehen.
Schon jetzt ist China im Aufbau der Solar- und Windenergie weltweit
führend. Im aktuellen Fünfjahresplan bis 2020 sind weitere Investitionen
von umgerechnet rund 360 Milliarden Euro vorgesehen. Die Leistung der
Windenergieanlagen soll von 151 Gigawatt auf über 205 Gigawatt steigen. Bei
Solarstrom ist gar eine Verdreifachung vorgesehen. Zu den 3,5 Millionen in
der Erneuerbare-Energien-Industrie beschäftigten Chinesen sollen weitere
zehn Millionen hinzukommen.
Auch soll es eine Quote für Autos mit alternativen Antrieben von 8 Prozent
des Absatzes geben. Diese wird allerdings, wie gestern bekannt wurde, nicht
2018, sondern erst 2019 kommen – auch auf Druck der deutschen
Autoindustrie.
Im Kampf gegen die Erderwärmung und den Smog in den Großstädten sieht die
Regierung allerdings auch den massiven Ausbau von Atomkraft als
unverzichtbar an. Rund 80 neue Atomkraftwerke sollen allein in den nächsten
15 Jahren gebaut werden.
Felix Lee, Michael Brake (mit Agenturen)
2 Jun 2017
## AUTOREN
Jonathan Bouchet-Petersen
Peter Unfried
Felix Lee
Michael Brake
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