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# taz.de -- Pariser Klimaabkommen und die USA: Was hat Trump getan und wie weit…
> Was bedeutet der Ausstieg der USA aus dem Abkommen? Wird neu verhandelt?
> Alles, was Sie dazu wissen müssen.
Bild: So sieht der Klimawandel aus: Reste eines Hauses nach Hurrikan Sandy 2012…
## Was hat Trump getan?
US-Präsident Donald Trump hat erklärt, sein Land aus dem Pariser Abkommen
zum Klimaschutz zurückzuziehen. Gleichzeitig kündigte er an, das Abkommen
„neu zu verhandeln“, um zu sehen, ob es für die USA einen besseren Deal
gebe.
## Was war nochmal das Pariser Abkommen?
Am 12. Dezember 2015 haben 195 Staaten in Paris beschlossen, die Erwärmung
der Erde dürfe bis 2100 2 Grad Celsius nicht überschreiten, sie solle
lieber bei 1,5 Grad stoppen. Dafür müssen die CO2-Emissionen aus der
Verbrennung von Kohle, Öl, Gas und aus der Waldzerstörung zwischen 2050 und
2100 praktisch aufhören. Arme Staaten bekommen ab 2020 jährlich 100
Milliarden Dollar für Energiewende und Anpassung an den Klimawandel. Alle
Staaten verpflichten sich, Klimapläne vorzulegen, um ihre Anstrengungen zu
zeigen. Was in den Klimaplänen steht, ist freiwillig. Alle paar Jahre
präsentieren die Staaten ihre Bilanz. Über Details des Abkommens wie
Zeitrahmen, Transparenzregeln und Berechnungsgrundlagen wird bis 2020
beraten.
## Wird das Abkommen jetzt neu verhandelt?
Alle anderen Staaten haben erklärt, es werde keine neuen Verhandlungen
geben. Mal sehen.
## Gab es das schon mal?
Die USA sind unter Präsident George W. Bush 2001 schon einmal aus einem
Klimaabkommen „ausgestiegen“. Sie fühlten sich nicht mehr an die
Verpflichtungen des Kioto-Protokolls von 1997 gebunden. Was folgte, waren
zwei Verhandlungsstränge in den UN-Klimakonferenzen: Einer mit den USA,
einer ohne sie. Verhandler erinnern sich mit Grausen.
## Wie geht der Ausstieg vor sich?
Bisher gibt es nur Trumps Erklärung. Die USA müssen den Exit beim
UN-Klimasekretariat anmelden. Der Ausstieg wird gültig drei Jahre nach dem
Inkrafttreten des Abkommens, also am 4. November 2019. Dann gilt ein Jahr
Übergangsfrist. Raus sind die USA also am 5. November 2020.
## Dann sind in den USA Präsidentschaftswahlen …
… darauf hoffen nun alle …
## … kann eine neue Präsidentin dann wieder einsteigen?
„Die Tür ist jederzeit offen“, heißt es von der UNO. Auch die anderen
Staaten würden sich wohl freuen.
## Hätte es noch schlimmer kommen können?
Durchaus. Trump hätte auch die Grundlage des gesamten Prozesses kündigen
können – die UN-Klimarahmenkonvention von 1992. Das wäre schneller
gegangen, hätte nur ein Jahr gebraucht, und ein Wiedereintritt wäre dann
sehr unwahrscheinlich.
## Warum hat er das nicht getan?
Unklar. Vielleicht war ihm das ein zu starkes Symbol. Oder es hätte vor
Gericht landen können. Und so bleiben die USA zumindest die nächsten vier
Jahre am Verhandlungstisch, wenn die Regeln gemacht werden. Das wollte
Außenminister Rex Tillerson so.
## Also können die USA einfach wieder rein, wenn sie wollen?
In Amerika wird es nicht so einfach. Die USA sind dem Pariser Abkommen nur
per Erlass des Präsidenten beigetreten. Denn der Kongress lehnt
internationale Verträge, vor allem zum Klimawandel, ab. Obamas Argument
war, dass er international nur festschreibt, was in den USA ohnehin gemacht
wird. Nämlich Klimaschutz über Gesetze und Verordnungen wie den Clean Power
Plan (CPP).
## Den was?
Der Regierungsplan CPP von 2014 sieht vor, dass die USA den CO2-Ausstoß aus
Kohlekraftwerken bis 2030 um 32 Prozent senken, um ihre Klimaziele zu
erreichen. Der CPP ist das Herzstück der amerikanischen Bemühungen zur
Rettung des Weltklimas. Weil Trump im Wahlkampf versprochen hat, „die Kohle
zurückzubringen“, muss er den CPP kippen – und dafür aus dem Pariser
Abkommen aussteigen, um gar nicht erst zu Klimaschutzmaßnahmen verpflichtet
werden zu können.
## Es geht ihm also gar nicht um globalen Klimaschutz?
Eher nicht. Deshalb haben auch 22 einflussreiche republikanische Senatoren
in einem Brief vom 25. Mai von Trump einen „klaren Bruch mit dem Abkommen“
gefordert. Sie warnen durch das Pariser Abkommen vor einem „signifikanten
Prozessrisiko“ bei Klagen der Umweltverbände, das die Streichung des CPP
gefährde.
## Haben die Gerichte das letzte Wort?
Wahrscheinlich. Trump hat den neuen Chef der Umweltbehörde EPA, Scott
Pruitt, im März angewiesen, den CPP zu überarbeiten. Pruitt muss die
Behörde vor Gericht umdrehen: Von einer Verteidigerin ihres CPP muss die
EPA zu einem Ankläger werden. Und sicher wird jeder einzelne Schritt dahin
von einzelnen US-Staaten und Umweltverbänden beklagt werden.
## Und was sagt die Wirtschaft zum Ausstieg?
Fast die komplette US-Wirtschaft ist dagegen. Die IT-Goliaths aus dem
Silicon Valley wie Google, Facebook oder Apple sind entsetzt. Die Chefs der
Großbanken Goldman Sachs und JPMorgan Chase kritisierten Trump direkt. Die
Chefs von Disney und Tesla, Robert Iger und Elon Musk, kündigten ihre
Posten als Trump-Berater auf. Kritik kam auch von den Ölkonzernen Exxon
Mobile und Chevron, dem Autobauer Ford, der Kaufhauskette Walmart und der
Kaffeeschlürferei Starbucks. Insgesamt versuchten über 600 Unternehmen, den
Präsidenten umzustimmen. Einzig Konzerne, die mit Kohle ihr Geld verdienen,
applaudierten Trump.
## Woher kommt dieser Jubel für Klimaschutz bei vielen Großkonzernen?
Weil Klimaschutz das größte Geschäft der Menschheitsgeschichte sein kann –
und immer mehr daran glauben. Trump denkt in Kategorien des 20.
Jahrhunderts: Man buddelt Kohle aus und verbrennt sie für Strom. Die
Zukunft dagegen ist herrlich komplex. Solarenergie, Windräder,
Elektroautos, Heizungen – alles ist verbunden und gekoppelt. Das geht nur
mit jeder Menge künstlicher Intelligenz. Ein Riesending für IT-Konzerne.
## Und Exxon?
Konzerne denken kurzfristig. Klimaschutz heißt kurzfristig, dass die Kohle
kaputt geht – das passiert in den USA bereits. Kohle wird zumindest in den
USA durch billiges, weniger klimaschädliches Gas ersetzt wird. Gut für
Exxon. Die Autoindustrie wiederum investiert bereits Milliarden in
Elektroautos. Ein Geschäft, dass nur Sinn macht, wenn Klimaschutz kommt.
## Und Banken?
Die hassen politisches Hin und Her. Ob es ein Solarpark ist, der Profit
abwirft, ein Kohlekraftwerk, ein Elektroauto oder ein Diesel-SUV, ist
Banken und Investoren egal.
## Dann sind all die Umweltsünder von vormals auf einmal die Guten?
Hier wird es richtig interessant: Donald Trump ist böse, der Rest gut, mit
so einer einfachen Rechnung können Großkonzerne ihr Image aufpolieren, die
fröhlich die Welt verpesten. Eigentlich sind wir alle ein bisschen Trump.
Sein Kernargument ist, dass Umweltschutz Arbeitsplätze kostet. Das sagen
in Europa auch viele. Korrekt müsste man sagen: Der Umbau zu einer grünen
Wirtschaft vernichtet Jobs und Werte wie Kohlekraftwerke und Dieselautos
und schafft neue Jobs und Werte wie Windparks, effiziente Maschinen und mit
etwas Glück schwebende Skateboards. Trump macht jetzt gnadenlos Politik für
die Jobs und Werte, die auf der Verliererseite stehen. Allerdings hat die
EU schon immer sehr großzügig die Schwerindustrie – etwa Stahlwerke – fast
komplett von Klimaschutzauflagen befreit.
## Warum?
Weil sonst Jobs dahin abwandern, wo es weniger Klimaschutz gibt. Die Idee
von Paris war, genau dieses Problem zu lösen – indem alle handeln. Daraus
soll ein grüner Kapitalismus entstehen, in dem der profitiert, der
Klimaschutz betreibt. Im Prinzip sagt nun der Rest der Welt: Wir haben
diesen Kipppunkt bereits überschritten. Das alte Geschäft ist nicht mehr
profitabel.
## Erhebt Europa jetzt CO2-Zölle gegen die USA?
Sicher nicht. Aber ein weltweiter Preis für CO2 wäre die wirksamste
Klimaschutzmaßnahme. Es gibt den schon in der EU, in einigen US-Staaten und
Kanada, in China ab 2018. Bisher werden 60 Prozent der weltweiten
Emissionen überhaupt nicht besteuert. Und selbst in den USA fordern
Republikaner inzwischen eine Kohlenstoffsteuer. Ob die kommt, ist aber
unter Präsident Trump unsicher.
## Glaubt Trump, dass er damit durchkommt?
Der Klimawandel ist in den USA ohnehin für viele eine Glaubenssache. Der
republikanische Kongressabgeordnete Tim Walberg sagte kürzlich: „Wenn es
damit ein echtes Problem gibt, kann Gott das schon richten.“
2 Jun 2017
## AUTOREN
Bernhard Pötter
Ingo Arzt
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