Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Wir retten die Welt: Ideolügner sind wie Fußpilz
> Sie nerven, auch wenn sie bei uns keinen allzu großen Schaden anrichten –
> zumindest in Deutschland. Aber anderswo regieren diese Typen.
Bild: So weit kommt es noch: Wir resignieren und passen uns an den Klimawandel …
Nachbar Christian schnitt seine Hecke. Ich wollte nicht nur dumm rumstehen
und half ihm mit der Astschere. Meine Hand rutschte ab, ich schnitt mir in
den Daumen. Es blutete ziemlich und tat erstaunlich weh.
Was mich aber am meisten schmerzte, war Christians Frage. „Sag mal, wie ist
das eigentlich? Wir hatten da letztens so einen Vortrag von einem Physiker,
der behauptet hat, die Klima-Modelle seien alle nicht verlässlich. Und die
Regierungen würden die Daten manipulieren.“
Seufz. Die nun wieder. Mit unschöner Regelmäßigkeit tauchen die Zombies der
Klimadebatte auf: Die selbsternannten „Klimaskeptiker“, die schon bei ihrer
Namenswahl lügen. Denn Skeptiker fragen kritisch nach, sind aber Argumenten
zugänglich. Wissenschaftler sind Skeptiker. „Klimaskeptiker“ sind
Ideologen. Da liegt das Wort „Lüge“ schon ganz nahe.
Und diese Ideolügner haben mal wieder Oberwasser. Nicht nur in der
US-Regierung, wo inzwischen die Bohrloch-Ingenieure von ExxonMobil
(Naturwissenschaftler) den Klimawandel ernst nehmen, nicht aber die
ideologisch verbohrte Clique im Weißen Haus. Denen eifert nun auch der
konservative „Berliner Kreis“ der CDU nach. Die „stark überbewerteten“…
die Meinung in der CDU-Fraktion) Abgeordneten meinen, das mit dem
Klimawandel sei alles nicht klar, der UN-Klimarat ein „Weltrettungszirkus“,
Deutschland mache viel zu viel, die zwei Grad seien ohnehin nicht mehr zu
erreichen, wir sollten uns lieber an den Klimawandel anpassen statt ihn zu
bekämpfen undundund. Die ganze Leier.
## Ihre Dummheit tut fast weh
Das Fürchterliche daran: Nichts stimmt, aber es stimmt auch schon seit
Jahrzehnten nicht. Natürlich hat sich das Klima immer geändert, aber in
Jahrtausenden, nicht in Jahrzehnten, ihr Dummies! Natürlich macht
Deutschland nur zwei Prozent der globalen Emissionen aus, aber die gleiche
Ausrede benutzt die Kohleprovinz Hebei in China. Natürlich sind die zwei
Grad noch zu erreichen, man muss nur sehr schnell handeln. Natürlich müssen
wir uns an den Wandel anpassen, aber wie denn, wenn wir weiter CO2
rausblasen und die Temperaturen auf drei oder vier Grad mehr klettern?
„Wenn Dummheit weh täte, würdest du den ganzen Tag vor Schmerz brüllen“,
sagte früher mal ein Freund zu mir. Die Dummheit der Klimaleugner tut mir
inzwischen fast körperlich weh. Es wäre vor allem eine Aufgabe für ihre
konservativen Kollegen, ihnen mal kräftig ihre Holzköpfe zu waschen. Denn
hier geht es um urbürgerliche Tugenden: den Respekt vor der Wissenschaft,
die Anerkennung von Leistungen der Forscher, das Ideal einer Bildung, die
Dinge beim Namen nennt.
Die Leugner sind wie Fußpilz. Sie nerven, auch wenn sie bei uns keinen
allzu großen Schaden anrichten. Aber anderswo regieren diese Typen. Und
Verschwörungstheorien sind nicht zu stoppen. Außerdem besteht die reale
Gefahr, dass diese Scheißegal-Haltung zu wissenschaftlichen Fakten andere
Bereiche infiziert: Im Abschlussbericht der Großen Koalition zum
Untersuchungsausschuss in der VW-Affäre behaupten die
CDU/CSU/SPD-Abgeordneten mal eben so, es gebe keine wissenschaftlichen
Beweise für die schädliche Wirkung von Stickoxiden in der Luft – auch wenn
die Forscher genau das Gegenteil belegen.
## Fakten gegen Fakes
Und wie Fußpilz wird man die Klimaleugner niemals wieder richtig los. Man
muss einfach immer wieder die Salbe rausholen und draufhauen. So wie es das
„Deutsche Klima-Konsortium“, eine Vereinigung von Wissenschaft und
Behörden, nach dem Trump-Ausstieg aus dem Pariser Abkommen mal wieder getan
hat. Fakten gegen Fakes, auch wenn es nervt. Ihr könnt die Augen zumachen,
das Problem geht davon nicht weg.
Auf dieser Welle wollte Anfang der Woche dann auch noch die „Alternative
für Deutschland“ reiten, die sich ihr Programm im Klima- und Umweltteil
offenbar von den allerdurchgeknalltesten Mitgliedern hat schreiben lassen.
Dann aber sagte die Partei den Termin kurzfristig ab. Wir mussten den
Quatsch also nicht einmal ignorieren. Es war das erste Mal, dass ich aus
vollem Herzen sagen konnte: „Danke, AfD!“
17 Jun 2017
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
CDU
Donald Trump
Klimaskeptiker
Lesestück Meinung und Analyse
Umweltschutz
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
Schwerpunkt Angela Merkel
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Pariser Abkommen
Donald Trump
Schwerpunkt Klimawandel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Analyse zur Faszination der Unwahrheit: Dialog mit der Lüge
Bettina Stangneth beleuchtet das Lügen und Belogenwerden in ihrem neuen
Buch raffiniert und unterhaltsam. Es ist aber kein Lügen-Ratgeber.
Kolumne Mein Leben mit der Ökobilanz: Die kleine Notlüge
So eine Mikrowelle ist ein echtes Ökowunder. Aber eben auch so hässlich,
dass mir im Kampf gegen die Anschaffung jedes Mittel recht ist.
Realitycheck zu G20-Polizeigewalt: „Polizeigewalt hat es nicht gegeben“
Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz leugnet Fälle von Polizeigewalt beim
G20-Gipfel. Die taz und Betroffene können Anderes bezeugen.
Kommentar Merkel in Argentinien: Ein bisschen Wahlhilfe
Ein Besuch der Kanzlerin soll Argentiniens Wirtschaft Aufschwung bringen.
Findet sie auch Verbündete beim Klimaschutz? Fehlanzeige.
Rückschritt im Kampf gegen Klimawandel: Trump will Rohre nicht mehr flicken
Methan heizt den Klimawandel an. Der US-Präsident kippt nun die
Schutzmaßnahmen dagegen und provoziert eine Klage von Umweltschützern.
Nach Ausstieg aus Klimaabkommen: Die Sonne scheint kostenlos
Die Welt stellt längst auf erneuerbare Energien um. Daran wird auch der
Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen nichts ändern.
USA und Pariser Klimaabkommen: Mit Fake Facts zum Ausstieg
Donald Trump will das Pariser Abkommen zum Klimaschutz verlassen. Seine
Begründung strotzt vor verdrehten Tatsachen und Fehlern.
Petersberger Klimadialog: Notwehr gegen Donald Trump
Weltweit stellen sich Staaten gegen den Klimakahlschlag der US-Regierung.
Ökonomische Argumente sollen Wackelkandidaten an Bord halten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.