# taz.de -- Kommentar Merkel in Argentinien: Ein bisschen Wahlhilfe | |
> Ein Besuch der Kanzlerin soll Argentiniens Wirtschaft Aufschwung bringen. | |
> Findet sie auch Verbündete beim Klimaschutz? Fehlanzeige. | |
Bild: Lächeln, Händeschütteln – das war auch schon wichtig, als Merkel vor… | |
Händeschütteln und in die Kameras lächeln. Das ist beim 24-Stunden-Besuch | |
von Bundeskanzlerin Angela Merkel beim argentinischen Präsidenten Mauricio | |
Macri das Wichtigste. Mit Merkels Reise nach Buenos Aires, hieß es, würden | |
die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem | |
südamerikanischen Staatenbund Mercosur – mit Argentinien, Brasilien, | |
Paraguay, Uruguay und Venezuela – weiter vorangetrieben werden. | |
Zumal gerade Argentinien auf den Pfad der neoliberalen Tugenden | |
zurückgefunden hat. Noch vor Jahresende könnte das Abkommen unterzeichnet | |
werden. | |
Seit 1995 verhandeln die beiden Wirtschaftsblöcke mal mehr, mal weniger. | |
Von Beginn an hat Frankreich die Öffnung der EU für Agrarprodukte gerade | |
aus Argentinien blockiert. Im Gegenzug zeigt Brasilien, das Schwergewicht | |
im Mercosur, kein wirkliches Interesse an einem Abkommen. Und wohin in | |
Brasilien in den kommenden Monaten die Reise geht, kann derzeit niemand | |
vorhersehen. | |
Einen Verbündeten beim Klimaschutz hat Merkel am Río de la Plata nicht | |
gefunden. Der Klimawandel ist für die Macri-Regierung die perfekte Ausrede | |
für die Millionen Hektar Agrarfläche, die jährlich durch Regenfälle | |
überflutet werden. Schon lange kann das Wasser auf den Feldern nicht mehr | |
versickern, weil die agroindustrielle Anbauweise von Gensoja den | |
Grundwasserspiegel angehoben und die Böden durch das massive Ausbringen von | |
Agrogiften versiegelt hat. | |
Doch anstatt das klimafeindliche Agrarmodell auf den Prüfstand zu stellen, | |
lässt man Abflusskanäle bauen. An dieser trüben Aussicht ändert auch nicht, | |
dass im Schlepptau der Kanzlerin Vertreter von Windpark und Solaranlagen | |
kommen, die in Patagonien Ökostrom erzeugen wollen. | |
In derselben Delegation sind auch die Vertreter jener deutschen Firmen, die | |
beim Fracking im zweitgrößten Schieferöl und –gasvorkommen der Welt | |
mitmischen wollen. Für ein weiteres Atomkraftwerke von Siemens ist es | |
diesmal jedoch schon zu spät, davon hat sich Macri gerade zwei aus China | |
verkaufen lassen. | |
Für Mauricio Macri findet der Besuch jedoch zu einem guten Zeitpunkt statt. | |
Im Oktober sind Teilwahlen zum Kongress, in dem er über keine eigene | |
Mehrheit verfügt. Für Macri ist es der erste Test nach zwei Jahren | |
Amtszeit. Und da bisher nicht wie versprochen die Wirtschaft wächst, | |
sondern Armut und Arbeitslosigkeit, droht eine Wahlschlappe, die | |
internationale Investoren abschrecken könnte. Da kommen ein wenig Wahlhilfe | |
und das Foto mit der Staatschefin der stärksten europäischen | |
Wirtschaftsmacht gerade recht. | |
8 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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