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# taz.de -- Porträt Antonio Tajani: Akzentloser Europäer
> Der neue EU-Parlamentspräsident kommt von weit rechts. Er will gegen
> Populisten kämpfen und Brücken bauen. Sonst hat er keine Ambitionen.
Bild: Antonio Tajani (l.) will mehr vermitteln und moderieren
Er hat das Parlament [1][gespalten] wie kein anderer. Eine „Provokation“
und „unwählbar“ sei der Kandidat der konservativen Europäischen Volkspart…
(EVP), hieß es unisono bei Sozialdemokraten, Grünen und Linken.
Als „Berlusconi-Buddy“ und „Fiat-Freund“ [2][wurde Antonio Tajani
verschrien], weil er einst Pressesprecher des „Bunga-Bunga“-Premiers und
später EU-Industriekommissar mit einem Faible für italienische Kleinwagen
war.
Doch am Tag seiner Wahl ging Tajani auf seine Kritiker zu. „Wir sind nicht
immer einer Meinung. Aber wir wissen alle, dass wir Lösungen finden
müssen“, sagte der 63-jährige Mitgründer der populistischen „Forza Itali…
Nach seiner Wahl werde er ein „neutraler“ Präsident sein und nicht
versuchen, „eine politische Agenda zu pushen“, beteuerte er. Das war
einerseits ein Friedensangebot an seine Kritiker – auch bei den
Rechtskonservativen, die sich am Bündnis der EVP mit den Liberalen stoßen.
## Moderieren und präsentieren
Andererseits setzte Tajani sich damit aber auch von seinem Amtsvorgänger
Martin Schulz (SPD) ab, der die Agenda nach eigenem Gusto setzte und sich
dabei oft über die Wünsche der 751 Abgeordneten hinwegsetzte.
Damit soll nun Schluß sein. EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) hatte die
Linie schon vor Tagen vorgegeben: Tajani soll mehr repräsentieren und
moderieren, so wie der Präsident des Deutschen Bundestags in Berlin.
Die Politik hingegen wird künftig in den Fraktionen gemacht, wobei CDU und
CSU als stärkste Gruppe in der EVP den Ton angeben dürften. Tajani sei
dafür hervorragend geeignet, da er „100 Prozent pro Europa“ und überaus
„deutschlandfreundlich“ sei, wie Weber betont.
Das europäische Engagement fiel bei dem gebürtigen Römer bisher allerdings
eher mau aus. Zwar war Tajani von 2010 bis 2014 EU-Industriekommissar in
Brüssel. Doch er setzte kaum eigene Akzente. Und den VW-Dieselskandal, der
in seine Amtszeit fiel, hat er komplett verschlafen.
## Liberale, keine konservative Handschrift
Bei der Europawahl 2014 zog er ins Europaparlament ein – als Vizepräsident.
Außerdem arbeitete er im Industrieausschuss mit sowie in den Delegationen
für die Beziehungen mit Brasilien, Mercosur und der Parlamentarischen
Versammlung Europa-Lateinamerika.
Seine Kandidatur begründete Pitella ausgerechnet mit dem Vormarsch der
Populisten – und dem Wunsch, „Brücken zu bauen“. Ein eigenes Programm
brachte er jedoch, im Gegensatz zu seinem nun unterlegenen Rivalen Gianni
Pittela von den Sozialdemokraten, nicht mit.
Das wurde ihm erst am Dienstag nachgereicht – von EVP-Fraktionschef Weber
und dessen neuem Bündnispartner Guy Verhofstadt von den Liberalen. Es sieht
unter anderem eine grundlegende EU-Reform, eine lockerere Finanzpolitik in
der Eurozone und härteres Durchgreifen gegen Rechtsstaats-Verstöße etwa in
Ungarn oder Polen vor.
Das Koalitionsprogramm trägt eine liberale Handschrift – und keine
konservative. Allerdings stellte Tajani klar, dass er sich daran nicht
gebunden fühle. Seine eigenen Prioritäten fasst er in drei Worten zusammen:
„Sicherheit, Migration und Jobs“. Es ist der kleinste gemeinsame Nenner,
sehr ambitioniert klingt es nicht.
18 Jan 2017
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## AUTOREN
Eric Bonse
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