| # taz.de -- Neue Bündnisse in den EU-Institutionen: Sozis in Brüssel an den R… | |
| > Der neue Präsident des Europaparlaments stützt sich auf Konservative, | |
| > Liberale und Rechtsnationale. Brüssel ist nun rabenschwarz. | |
| Bild: Der neue hat den alten Präsidenten im Griff: Antoni Tajani umarmt Martin… | |
| Brüssel taz | Es wird einsam um Federica Mogherini und Frans Timmermans. | |
| Die beiden EU-Kommissare, zuständig für Außenpolitik und | |
| Rechtsstaatlichkeit, sind die letzten prominenten Sozialdemokraten, die | |
| wichtige Ämter in Brüssel bekleiden. Sie bringen ein wenig Farbe in die EU. | |
| Ansonsten ist Brüssel nun rabenschwarz. Seit der Wahl des italienischen | |
| Rechtspolitikers Antonio Tajani zum neuen Parlamentspräsidenten führen die | |
| Sozialdemokraten keine große EU-Institution mehr. Auch die Kommission und | |
| der Rat werden von Konservativen geleitet. | |
| Für Donald Tusk, den mächtigen EU-Gipfelchef, gibt es sogar noch eine Art | |
| Bestandsgarantie. Die konservative EVP-Fraktion und die liberale | |
| Alde-Gruppe, die nun den Ton im EU-Parlament angeben, haben vereinbart, | |
| Tusk für eine weitere Amtszeit in Brüssel zu halten. | |
| Damit tritt das ein, was die Sozis unbedingt verhindern wollten: Die | |
| Schwarzen übernehmen die ganze Macht in Europa. Die drei großen | |
| EU-Institutionen repräsentieren nur noch das konservative Spektrum, mit ein | |
| paar liberalen und nationalistischen Einsprengseln. | |
| Es ist eine historische Niederlage für die europäische Linke – und das | |
| wenige Wochen vor den wichtigen Wahlen in Frankreich und in Deutschland. | |
| Eingestehen mochte sich das am Tag danach aber niemand. Am deutlichsten | |
| wurde noch Jens Geier, der die SPD-Gruppe im EU-Parlament führt. | |
| ## Einsame Sozialdemokraten | |
| „Wie unter diesen Voraussetzungen Mehrheiten für eine Politik entstehen | |
| sollen, die etwa Arbeitnehmerinnen und Verbrauchern das Leben erleichtert, | |
| ist schleierhaft“, sagte er nach Tajanis Durchmarsch. Die Dominanz der | |
| Konservativen sei „schwer zu vermitteln“. | |
| Martin Schulz hingegen, der prominenteste Sozialdemokrat aus Brüssel, | |
| schwieg. Mit seinem Wechsel nach Berlin hat er seine Genossen in | |
| Verlegenheit gebracht. Auch für die Große Koalition in Berlin könnte dies | |
| noch Folgen haben. Denn bisher sorgte Schulz dafür, dass die deutsche | |
| Europapolitik nicht nur von CDU und CSU bestimmt wurde. | |
| Nun gibt ein CSU-Mann den Takt vor: Die Wahl Tajanis wurde von Manfred | |
| Weber, dem niederbayerischen Chef der EVP-Fraktion, eingefädelt. Er will | |
| künftig im Europaparlament die Politik bestimmen; Tajani soll sich aufs | |
| Repräsentieren und Moderieren beschränken. | |
| Allerdings könnte der Machtwechsel auch für einen prominenten CDU-Politiker | |
| unangenehme Folgen haben. Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger muss | |
| nun nämlich fürchten, nicht wie geplant zum Vizepräsidenten der Brüsseler | |
| Behörde aufzusteigen. | |
| Die Liberalen haben ihre Unterstützung für Tajani nämlich teuer erkauft. | |
| Sie haben sich nicht nur wichtige Posten im Europaparlament gesichert, | |
| sondern wollen nun auch „ihre“ liberalen EU-Kommissare aufwerten. Für | |
| Oettinger könnte es deshalb eng werden; er wird wohl „einfacher“ | |
| Budgetkommissar bleiben. | |
| ## Das rechtsliberale Bündnis ist instabil | |
| Das letzte Wort hat allerdings Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. | |
| Und der will es sich mit niemandem verscherzen. „Ich hätte mir gewünscht, | |
| dass Martin Schulz auf dem Posten geblieben wäre, auf dem er war“, sagte | |
| der konservative Luxemburger. „Aber dass mein Freund Tonio ihm nachfolgt, | |
| erfüllt mein Herz mit Freude.“ | |
| Allerdings wird es mit Tonio schwerer für Jean-Claude, seine | |
| Gesetzesvorhaben durch das Europarlament zu bringen. Denn der neue | |
| Präsident verfügt nicht mehr über eine absolute Mehrheit wie sein | |
| Amtsvorgänger Schulz. Er wurde erst im vierten Wahlgang gewählt – mit einer | |
| einfachen Mehrheit, aber ohne Große Koalition. | |
| Möglich wurde der Wahlsieg auch nur deshalb, weil sich nach den Liberalen | |
| auch etliche EU-Skeptiker von der rechtsnationalen EKR-Fraktion hinter den | |
| Berlusconi-Spezi stellten. Eine anrüchige Allianz. Denn bei der EKR mischen | |
| neben Brexit-Briten auch Polen von der regierenden PiS-Partei und flämische | |
| Separatisten mit. | |
| Das neue rechtsliberale Bündnis ist alles andere als stabil. Und völlig | |
| immun gegen Populisten und Nationalisten ist es auch nicht – selbst wenn | |
| Tajani das Gegenteil behauptet. Er wolle nun „Brücken bauen“, kündigte er | |
| an. Wohin sie führen werden, ist allerdings unklar. | |
| 18 Jan 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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