# taz.de -- Polnischer Journalist über die PiS-Partei: „Merkels Besuch ist e… | |
> Warum Merkels Treffen mit der Premierministerin nur Kalkül ist – und | |
> weshalb der PiS-Parteichef die Kanzlerin wiederum für Propaganda nutzt, | |
> erklärt Bartosz Wieliński. | |
Bild: Merkel und Premierministerin Szydło: noch ganz feierlich | |
taz: Die polnische Regierung wird in Deutschland regelmäßig dafür | |
kritisiert, dass sie den Staat umbaut. Eingriffe in die Arbeit des | |
Verfassungsgerichts, ein neues Mediengesetz, zuletzt die Idee einer | |
Kommunalreform: all das gilt als undemokratisch. In Polen kommt Deutschland | |
in regierungsnahen Medien dafür nicht gut weg. Kurzum: Das Verhältnis | |
zwischen beiden Ländern war schon mal besser. Und dann gibt es da noch die | |
Flüchtlingskrise, an deren Bewältigung sich Polen nicht beteiligt. Sind all | |
dies Probleme, die Kanzlerin [1][Angela Merkel während ihres Besuchs in | |
Polen] mit Premierministerin Beata Szydło diskutiert wird? | |
Bartosz Wieliński: Zwar gibt es – vorsichtig formuliert – | |
Meinungsverschiedenheiten zwischen der deutschen und der polnischen | |
Politik, aber Angela Merkel kommt nicht nach Warschau, um mit Beata Szydło | |
darüber zu reden oder in der Hoffnung, diese gar beizulegen. Sie möchte | |
PiS-Parteichef Jarosław Kaczyński treffen, den Mann, der in meinem Land den | |
Ton angibt. | |
Zuerst jedoch findet ein Treffen mit Premierministerin Szydło statt. | |
Frau Szydło möchte sich mit Frau Merkel profilieren. Sie muss endlich etwas | |
vorweisen, denn die polnische Außenpolitik ist eine reine Katastrophe. Das | |
Ansehen Polens im Ausland hat seit der Machtübernahme der PiS im November | |
2015 vor allem wegen der bekannten innenpolitischen Probleme massiv | |
gelitten. Hinzu kommt, dass selbst viele PiS-Anhänger trotz anderslautender | |
Propaganda langsam das Gefühl bekommen, dass eine polnische EU-Außenpolitik | |
– wenn man dieses kopflose Agieren denn so nennen kann – neben oder gegen | |
Deutschland, unsere Position geschwächt hat. | |
Frau Merkels Warschaubesuch wird nun propagandistisch ausgeschlachtet. | |
Folgender Eindruck wird geweckt: Endlich haben die Deutschen akzeptiert, | |
dass es in Polen eine Regierung gibt, die eine neue Linie vertritt. Frau | |
Merkel kommt her, um Frieden zu schließen und mit Polen über die Zukunft | |
Europas zu reden. Ein Erfolg! | |
Wenn Angela Merkel sich keine Problemlösung von einem Treffen mit Beata | |
Szydło verspricht, was hat sie dann davon? | |
Frau Merkel weiß, dass Beata Szydło sich mit ihr profilieren möchte. Das | |
hat sie ausgenutzt, um sich mit Jarosław Kaczyński treffen zu können. Das | |
mag seltsam klingen, denn eigentlich sollte es für die mächtigste Frau der | |
Welt kein Problem sein, überhaupt irgendwo einen Termin zu bekommen. Aber | |
im Fall des Parteichefs von PiS ist das etwas anders. Jarosław Kaczyński | |
versteht Außenpolitik als ein Mittel der Innenpolitik. Er reist kaum und | |
trifft nur sehr selten ausländische Diplomaten. | |
Von meinen Quellen weiß ich, dass der deutsche Botschafter in Warschau sich | |
mehrfach um ein Treffen mit Kaczyński bemüht hat – vergeblich. Lediglich | |
der US-amerikanische Botschafter soll einen guten Zugang zu ihm haben. Die | |
Kanzlerin hat nun also angefragt und es hat geklappt. | |
Das Rechtstaatsverfahren der EU-Kommission scheint Polen auszusitzen. | |
Parteichef Kaczyński gibt offenbar nicht viel auf die Union, zudem ist er | |
ein geschickter Taktierer, der genau seine Grenzen kennt. Was kann Angela | |
Merkel ihm abringen oder entgegensetzen? | |
Ich glaube, dass sie erst mal in Erfahrung bringen möchte, was für Pläne | |
Jarosław Kaczyński für Polen hat und wo er Polen in der Europäischen Union | |
und in einer Partnerschaft mit Deutschland sieht. Kann Polen ein | |
konstruktiver Partner sein? Wird Kaczyński den polnischen Staat weiter | |
umbauen, wird er Opposition und Medien gängeln. Wissen Sie, Kaczyński ist | |
vor allem im Ausland schwer zu durchschauen. Viktor Orbán, Ungarns | |
Autokraten, kennt man in Brüssel, er ist oft unterwegs, unser Autokrat | |
sitzt Zuhause. | |
7 Feb 2017 | |
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Philipp Fritz | |
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