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# taz.de -- Polens PiS-treue Korrespondenten: In politischer Mission
> Die neuen Korrespondenten der Staatsmedien TVP und Polskie Radio in
> Deutschland berichten nur noch aus „polnischer Perspektive“.
Bild: Ist das der polnische Blick?
Warschau taz | Die Niederlage war ein Sieg! So „informierte“ der polnische
Staatssender TVP Millionen Zuschauer über die 27:1-Abstimmung im
Europäischen Rat, mit der die EU-Staatschefs Donald Tusk [1][erneut zum
EU-Ratspräsidenten gewählt hatten] – gegen die Stimme Polens. Mit
Lobesreden, Blumensträußen und Küsschen feierten PiS-Parteichef Jarosław
Kaczyński und mehrere Minister die großartige Ministerpräsidentin Beata
Szydło bei ihrer Ankunft in Warschau. TVP ist immer dabei.
„Ich wurde nicht gefeuert“, sagt der polnische Radiokorrespondent Wojciech
Szymański der taz. „Ich habe von mir aus gekündigt. Ich kann da nicht mehr
arbeiten.“ An seiner Stelle wird demnächst Waldemar Maszewski für das
staatliche Polskie Radio aus Berlin berichten. „Halleluja und volle Kraft
voraus!“, feuerten Maczewskis Anhänger den bisherigen Mitarbeiter des
nationalkatholischen Radio Maria und TV Trwam an.
Bislang versorgte Maszewski vor allem nationalistische Medien wie TV
Republika, Gazeta Polska Codziennie, Nasz Dziennik und die rechte Website
[2][niezalezna.pl] mit seinen Informationen. Auch seine Arbeit für das
Forum Polonijne, das sich insbesondere an die in Deutschland lebenden Polen
richtet, dürfte ihn für den neuen Job qualifiziert haben: „Während der
Internationalen Sicherheitskonferenz in München verteidigte Außenminister
Witold Waszczykowski die polnische Staatsräson, wofür ihm nicht nur ein
Wort der Anerkennung gebührt, sondern ein großes Dankeschön …“, und so
weiter.
Wojciech Szymański wollte sich zu diesem Stil der Berichterstattung nicht
äußern. „Ich bin zu Polskie Radio gekommen, als dies ein
öffentlich-rechtlicher Rundfunk war. Zehn Jahre lang fühlte ich mich frei
bei meiner Themenwahl und den Kommentaren.“ Das habe sich geändert. „Für
‚nationale Medien‘ wollte ich nie arbeiten“, begründet er seine Kündigu…
Wie viele Journalisten seit dem Machtantritt der nationalpopulistischen
Recht und Gerechtigkeit (PiS) im Oktober 2015 landesweit gefeuert wurden
oder auch „im gegenseitigen Einverständnis“ den Staatsrundfunk verließen,
ist nicht bekannt. Schätzungen gehen von über 400 Journalisten aus.
## Ideologische Vorgaben
Auch Marcin Antosiewicz, der allseits hoch gelobte TVP-Korrespondent in
Berlin, musste Mitte 2016 gehen. Mit den Worten: „Nach über zehn Jahren als
Journalist und Reporter muss ich feststellen, dass man diesen Beruf nicht
gewissenhaft ausüben kann, wenn starke ideologische Vorgaben gemacht
werden“, verabschiedete er sich [3][in einem Video auf YouTube] von seinen
Zuschauern. „Als ich vor acht Jahren nach Berlin kam, wollte ich, dass Sie
durch meine Berichte Deutschland besser verstehen lernen“, sagt er da.
„Nicht mögen oder nicht mögen. Das ist Ihnen überlassen. Verstehen!“ Das
genau hielt ihm der TVRepublika-Journalist [4][Cezary Gmyz] immer wieder
als angeblich einseitig auf Twitter vor: „Könnte der polnische
Korrespondent Antosiewicz in Berlin die polnische und nicht die deutsche
Perspektive repräsentieren?“, twitterte er im September 2015. Oder „Leider
beschäftigt TVP Antosiewicz als Korrespondenten, der dünner ist als der
Rand einer Rasierklinge und der den Deutschen dient.“ Suggestiv fragte er
zudem, ob der polnische Stasi-Spitzel mit Namen Antosiewicz nicht Marcin
Antosiewicz’ Vater oder Onkel sei.
Die Denunziationen, so haltlos sie auch waren, zahlten sich aus. Seit
September 2016 ist Gmyz TVP-Korrespondent in Berlin. Angestellt hat ihn
Jacek Kurski, der TVP-Intendant und „Bullterrier von Jarosław Kaczyński“,
wie er sich selbst nennt. Für Gmyz wie Kurski ist Journalismus eine
politische Mission im Dienste der Partei und des Vaterlandes. .
In Berlin will Gmyz nun konsequent „aus polnischer Perspektive“ berichten,
wie er den RBB-Journalisten des Programms „Kowalski & Schmidt“
[5][gegenüber offen bekannte]. Allerdings werden seine missionarischen
Ergüsse nun regelmäßig durch die Slapstickreihe „Der Korrespondent erklär…
des Berliner „Klubs der Polnischen Versager“ durch den Kakao gezogen. So
haben die Polen trotz des staatlich gleichgeschalteten TV- und
Rundfunkjournalismus doch noch etwas zu lachen. Zumindest hin und wieder.
15 Mar 2017
## LINKS
[1] /Eklat-in-Bruessel/!5387716/
[2] http://niezalezna.pl
[3] https://www.youtube.com/watch?v=3XlZ37B7QNE
[4] https://twitter.com/cezarygmyz?lang=de
[5] https://www.rbb-online.de/kowalskiundschmidt/archiv/kowalski-schmidt-12-02-…
## AUTOREN
Gabriele Lesser
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