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# taz.de -- Merkels Besuch in Polen: Kampf um Freiheit nicht verlieren
> Polens Regierungschefin will in der Migrations- und Verteidigungpolitik
> eng kooperieren. Die Kanzlerin jedoch findet eher unkooperative Worte.
Bild: Endet ihr Besuch mit Kooperation oder Misstrauen? Es wird wohl irgendwas …
Warschau taz | Polens Regierungschefin Beata Szydło will mit
Bundeskanzlerin Merkel künftig enger kooperieren. Das kündigte sie am
Dienstag nach einem Treffen mit Merkel in Warschau an. Insbesondere in
Fragen der Migrations- und der Verteidigungspolitik „werden wir sehr eng
zusammenarbeiten“, so Szydło.
Merkel wiederum sagte eine weitere Erhöhung der deutschen
Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttosozialprodukts zu, wie
schon lange in der Nato vereinbart. Mit Blick auf Polen wies sie aber auch
auf die Bedeutung der Rechtsstaatlichkeit und auf die bedeutende Rolle des
Verfassungsgerichts hin. „Ich habe als junge Frau genau verfolgt, was in
Polen geschah und wie die Solidarność die Freiheit erkämpfte“, erinnerte
Merkel und suggerierte damit, dass Polen dabei sei, diese so bitter
erkämpften Freiheiten wieder zu verlieren.
„Es gilt, dass Frau Merkel für uns das Beste wäre“, lobte Polens
mächtigster Mann Jarosław Kaczyński die Bundeskanzlerin in einem Interview
mit der FAZ. Er will, dass die alte Bundeskanzlerin nach den Wahlen im
Herbst auch die neue wird. Doch Angela Merkel weiß genau, was sie davon zu
halten hat. Sie kennt den heute mächtigsten Mann Polens seit vielen Jahren
und ist ihm seit 2006 immer wieder begegnet. Das Lob gehört zur
Interessenpolitik des polnischen Expremiers, der seit vielen Jahren nur
noch Parteichef der nationalpopulistischen „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS)
ist und keinerlei Regierungsverantwortung mehr trägt. Doch seit die PiS im
Oktober 2015 die absolute Mehrheit im polnischen Parlament gewann, hören
alle auf sein Kommando, auch Premier Beata Szydłound Präsident Andrzej
Duda.
Jetzt will Kaczyński die Grundlagenverträge der EU neu verhandeln, das
Europäische Parlament schwächen und dafür den nationalen Parlamenten wieder
mehr Kompetenzen einräumen. Bei der großen „Reform“ der EU will er auch
gleich noch ein paar Institutionen der EU abschaffen. Angeblich, so betonen
einhellig auch Szydło und Duda, sei dies die Lehre aus dem Brexit. Die
„EU-Elite“ in Brüssel und Straßburg habe keine Antwort auf die drängenden
Probleme der Briten gefunden. Ähnlich sehe es heute in Frankreich, den
Niederlanden und sogar in Deutschland aus.
## Eine Schwächung der EU
Da auf dem EU-Jubiläumsgipfel der Römischen Verträge im März dieses Jahres
die Weichen für die Weiterentwicklung der EU gestellt werden sollen, will
Kaczyński die Kanzlerin von Polens Reformplänen überzeugen: „Weniger EU ist
mehr EU.“ Doch bislang verteidigte Merkel immer das bereits Erreichte.
Würden die Verträge auf Polens Wunsch hin geöffnet, zöge das eine Reihe
weiterer Wünsche anderer Mitgliedsländer nach sich, die dann wieder von
allen Mitgliedsländern genehmigt und in einigen Staaten sogar einem
Referendum unterzogen werden müssten. Die Folge wäre eine weitere
Schwächung der EU, nicht ihre Stärkung.
So deutete Merkel letzte Woche auf dem EU-Gipfel in La Valletta auf Malta
an, dass die Lösung im Streit um die Zukunft der EU womöglich doch in einer
„EU der verschiedenen Geschwindigkeiten“ liege. Auch wenn dies längst
Realität ist und die Eurostaaten sich stärker integrieren als die anderen,
verteidigte Merkel stets die Vision einer einheitlichen EU.
Obwohl dieses „Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten“ ein Schritt auf
Polen zu ist, das sich nicht weiter integrieren will, watschte Kaczyński
die Kanzlerin dafür ab: Eine solche Idee „kommt immer wieder und
verschwindet dann“, sagte er der FAZ. „Zurzeit nehmen wir das nicht ernst.�…
7 Feb 2017
## AUTOREN
Gabriele Lesser
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