| # taz.de -- Kommentar Merkels Polen-Besuch: Polnische Scheinreformpläne | |
| > Polen bietet Hilfe an, die EU zu reformieren. Im Detail aber zielen die | |
| > polnischen Vorschläge auf einen Rückbau der Union. | |
| Bild: Frostig geht es zu zwischen Beata Szydlo und Angela Merkel | |
| [1][Polen will helfen, die EU aus der Krise zu führen.] Das ist im Prinzip | |
| eine gute Nachricht. Je mehr Politiker in den Mitgliedsländern sich | |
| Gedanken darüber machen, wie die EU wieder zu einem großen gemeinsamen | |
| Projekt aller Europäer werden kann, desto besser die Chancen, es | |
| tatsächlich zu schaffen. Polens Ministeppräsidentin Beata Szydlo schlägt | |
| vor, insbesondere jenen EU-Bürgern genauer zuzuhören, die unzufrieden mit | |
| der EU sind. Die EU in ihrer heutigen Gestalt sei dazu nicht in der Lage, | |
| warnt sie. Es drohe nach dem Brexit der Zerfall der EU. | |
| Am Dienstag versuchten polnische Spitzenpolitiker die deutsche | |
| Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von ihren EU-Reformplänen zu | |
| überzeugen. Merkel war eigens nach Warschau gekommen, um mit den Polen über | |
| die Zukunft Europas zu diskutieren. Doch im Grunde genommen wollen die | |
| Politiker der nationalpopulistischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) | |
| lediglich einen massiven Rückbau der EU durchsetzen. | |
| Alles soll auf den Prüfstand. Der Vertrag von Lissabon soll neu verhandelt | |
| werden, die Rolle des Europäischen Parlaments geschwächt, EU-Institutionen | |
| sollen entmachtet, Reformen rückgängig gemacht werden. Die polnische | |
| Regierung strebt ein Europa der Nationalstaaten an. | |
| Noch 2015 hatte Polens neuer Außenminister Waszczykowski Großbritannien zum | |
| neuen „strategischen Partner Polens in der EU“ gekürt – anstelle von | |
| Deutschland von Frankreich, mit denen Polen seit Jahren das „Weimarer | |
| Dreieck“ bildet. Ziel der Hinwendung zu den Briten war, die zunächst | |
| erfolgreich wirkende Rosinenpickerei der Briten zu übernehmen. Dazu war und | |
| ist Polen bereit, sogar das Subsidiaritätsprinzip in der EU zu opfern – bis | |
| auf einen Punkt: die Milliarden, die Polen als größter Nettoempfänger seit | |
| Jahren aus der EU-Kasse erhält, sollen weiter fließen. | |
| Statt nun aber Reformvorschläge zu machen, die die Sorgen der Menschen in | |
| den EU-Nettozahler-Ländern Frankreich, den Niederlanden und auch | |
| Deutschland berücksichtigen, brechen die PiS-Politiker nicht nur im eigenen | |
| Land das Rechtsstaatsprinzip, sondern auch das von der Vorgängerregierung | |
| Polens mit Brüssel ausgehandelte Abkommen zur Übernahme von 7.000 | |
| Flüchtlingen. | |
| Offensichtlich gehen sie davon aus, dass dies von den anderen | |
| EU-Mitgliedern als vorweggenommene „Reformen“ hingenommen wird. Doch sobald | |
| jedes EU-Mitglied nach eigenem Gutdünken entscheiden kann, wann Verträge | |
| zum eigenen Nutzen gebrochen werdenkönnen, ist das das Ende der EU. Da | |
| erübrigt sich dann jede Reform. | |
| 8 Feb 2017 | |
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| ## AUTOREN | |
| Gabriele Lesser | |
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