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# taz.de -- Kommentar EU-Parlamentspräsident: Ironie der Geschichte
> Zum ersten Mal seit Jahren stand nicht fest, wer gewinnen würde. Mit
> Antonio Tajani ist das EU-Parlament über Nacht nach rechts gerückt.
Bild: Antonio Tajani hat sich nie aus dem Schatten seines Ziehvaters Berlusconi…
In Deutschland wird Martin Schulz für seine Arbeit im Europaparlament
gefeiert. Auf EU-Ebene [1][sieht das etwas anders aus]. Schulz führte die
Straßburger Kammer wie ein Alleinunterhalter und kungelte wichtige
Entscheidungen im Hinterzimmer aus. Das war nicht gut für die Demokratie.
Insofern ist es ein Fortschritt, dass bei der Wahl seines Nachfolgers frei
abgestimmt werden konnte. Die Große Koalition, die Schulz mit den
Konservativen vereinbart hatte, ist zerbrochen. Zum ersten Mal seit Jahren
stand nicht von vornherein fest, wer gewinnt.
Chaos ist deshalb nicht ausgebrochen, auch wenn sich einige Fraktionen mit
der neuen Freiheit schwertun. [2][Die Konservativen] schickten mit dem
[3][Berlusconi-Buddy Antonio Tajani] den denkbar schlechtesten Kandidaten
ins Rennen. Die Liberalen flirteten mit der Fünf-Sterne-Bewegung des
italienischen Komikers Beppe Grillo.
Dass sich beide Fraktionen nun zu einer neuen „proeuropäischen“ Koalition
zusammengetan haben, klingt vor diesem Hintergrund wie ein schlechter Witz.
Das Europaparlament ist über Nacht nach rechts gerückt, statt sich wie
angekündigt klar von Nationalisten und Populisten abzugrenzen.
Sozialdemokraten, Grüne und Linke hatten der Wahl Tajanis am Dienstag nicht
mehr viel entgegenzusetzen. Dass er die meisten Stimmen erhielt, ist eine
Ironie der Geschichte. Schulz erwarb sich seinen guten Ruf, weil er gegen
Berlusconi aufbegehrte. Tajani hat sich dagegen nie aus dem Schatten seines
Ziehvaters gelöst.
Mit Tajani rückte zudem der dritte Konservative an die Spitze der EU – nach
Kommissionschef Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk. Mehr als
die Hälfte der Wähler wird von diesen drei EU-Chefs nicht mehr politisch
repräsentiert. Das zeigt, dass die europäische Demokratie immer noch nicht
richtig funktioniert – trotz der freien Wahl in Straßburg.
18 Jan 2017
## LINKS
[1] /Schulz-und-sein-Intimfeind-Berlusconi/!5353070
[2] /Schulz-Nachfolge-im-Europaparlament/!5353055
[3] /Nachfolger-fuer-Martin-Schulz/!5363562
## AUTOREN
Eric Bonse
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Antonio Tajani
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Jean-Claude Juncker
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Silvio Berlusconi
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