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# taz.de -- Petersberger Klimadialog: Notwehr gegen Donald Trump
> Weltweit stellen sich Staaten gegen den Klimakahlschlag der US-Regierung.
> Ökonomische Argumente sollen Wackelkandidaten an Bord halten.
Bild: Windkraft oder Kohle – was setzt sich am Ende durch?
Berlin taz | Experten der Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und
Schwellenländer (G 20) haben einen vertraulichen „Aktionsplan zu Klima und
Energie für Wachstum“ entworfen. Die 13 Seiten sind kein Durchbruch bei
umstrittenen Themen wie CO2-Steuern oder Subventionen für Kohle und Öl,
sondern ein Minimalkompromiss: Die Länder bekennen sich zum Pariser
Klimaabkommen, wollen Energieeffizienz und erneuerbare Energien fördern –
aber auch fossile Energien, wenn sie „sauberer“ sind.
Doch gleich auf der ersten Seite der Vorlage für das G-20-Treffen in
Hamburg steht eine Fußnote, die alles infrage stellt: „Die USA überprüfen
gerade ihre Politik zum Klimawandel. Sie behalten sich ihre Positionen
vor.“ Gegen diese Bremserhaltung der Trump-Regierung formiert sich jetzt
Widerstand.
Auf der gerade beendeten UN-Klimakonferenz in Bonn und beim Petersberger
Klimadialog am Montag und Dienstag in Berlin entsteht eine klimapolitische
Notwehr-Allianz: alle gegen Trump, um die USA zu isolieren – und mit dem
Rest der Welt mit dem Klimaschutz weiterzumachen. Lokomotiven sollen China
und die EU sein, allen voran Deutschland. „Im Geist von Paris übernimmt
eine neue Koalition der Willigen die Führerschaft“, so Li Shuo,
Klimaexperte von Greenpeace China.
Offiziell geht es beim Klimadialog, einem Treffen von 35 relevanten
Ländern, um Anpassung an den Klimawandel und Langzeitstrategien zur
globalen Energiewende. Immerhin hat mit Fidschi zum ersten Mal ein kleiner
Inselstaat das Ruder in den Klimaverhandlungen übernommen. Und offiziell
will auch niemand die USA ausschließen, im Gegenteil: „Wir wollen sie
weiter dabeihaben“, sagt ein Sprecher des Bundesumweltministeriums. „Aber
wir wollen auch klarmachen, was sie verpassen, wenn sie aussteigen.“
## So einig wie nie
Demonstrativ hält deshalb Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) zu
Beginn der Gespräche eine Pressekonferenz mit dem chinesischen
Klimaminister Xie Zhenua. Am Dienstag präsentiert die OECD, der Club der
Industrieländer, eine Studie, wonach Investitionen in den Klimaschutz –
anders als Trump behauptet – zum Wachstum beitragen. Und am Mittwoch baut
Xie Zhenua weiter an der Anti-Trump-Allianz: Er trifft sich zu einem
Gespräch mit Jennifer Morgen, der Chefin von Greenpeace International.
Das Interesse an der Achse Berlin-Peking ist groß: Eine Konferenz der
„Mercator Stiftung“ zu diesem Thema Ende Juni wurde von überraschend vielen
hochrangigen Besuchern aus beiden Ländern gebucht.
Die Welt der Klimapolitik ist sich dank und gegen Trump so einig wie nie.
China hat Washington gewarnt, ein US-Ausstieg könne Sanktionen nach sich
ziehen. Indien hat erklärt, man stehe zu Paris, „egal, was passiert“, und
zudem massive Investitionen in E-Mobile angekündigt. Für die EU erklärte
Klimakommissar Miguel Canete, das Klimaabkommen sei „nicht
nachverhandelbar“.
Die Europäer legten gleich noch 800 Millionen Euro bis 2020 auf den Tisch,
um arme Staaten in der Karibik und Afrika zu unterstützen, die Hälfte davon
mit dem Schwerpunkt Klima. Kanada gefällt sich in der Rolle des
nordamerikanischen Klimavorreiters und stimmt sich eng mit der EU und China
ab. Auf jeden Fall soll verhindert werden, dass Wackelkandidaten wie
Australien oder Japan wie Trump das Pariser Abkommen infrage stellen.
Unterstützung bringt auch eine Studie der „Climate Action Tracker“.
Wirklich wichtig für den Klimaschutz seien vor allem China und Indien, so
die Forschungsgruppe. Durch den Verzicht auf Kohlekraftwerke ersparten
beide Schwellenländer der Atmosphäre im Jahr 2030 zwei bis drei Milliarden
Tonnen CO2. Die klimapolitische Geisterfahrt des aktuellen US-Präsidenten
dagegen werde „wahrscheinlich keine größeren Auswirkungen auf die
Emissionen 2030 haben“.
## „Alle Maßnahmen auf dem Prüfstand“
Ein Abschied der USA aus dem Abkommen wäre ein schwerer Schlag. Denn damit
verließe nicht nur der historisch größte Klimasünder den Tisch – sondern
auch ein Land, das über große diplomatische Erfahrung, viel Geld und
exzellente Wissenschaftler verfügt.
Schon die finanzielle Verweigerung der USA wiegt schwer: Sie streichen zwei
der drei versprochenen Milliarden Dollar für den „grünen Klimafonds“ der
Vereinten Nationen, untergraben die Finanzierung des Klimasekretariats
UNFCCC und des Klimarats IPCC.
In den letzten Jahren machte der Klimaschutz immer dann Fortschritte, wenn
sich Washington und Peking einig waren. Nun wird diese Achse neu justiert.
In Berlin sind die USA zum Klima ebenso sprachlos wie in Bonn. Dort
wiederholte der US-Delegationsleiter stereotyp: „Alle Maßnahmen sind auf
dem Prüfstand und die neue Regierung legt großen Wert auf
Wettbewerbsfähigkeit und Jobs.“
In Berlin, wo normalerweise die zuständigen Minister informell diskutieren,
sitzt für die USA Judith Garber, im Außenministerium zuständig für Ozeane,
Umwelt, Wissenschaft. Ernsthafte Aussagen erwartet niemand von ihr.
Wie auch. Nach wie vor ist das Weiße Haus zum Thema Klima zerstritten.
Während Realisten wie Außenminister Rex Tillerson, Exchef des Ölgiganten
ExxonMobil, für einen „Platz am Verhandlungstisch“ plädieren, wollen die
Hardliner rund um den Berater Stephen Bannon „Paris“ auf jeden Fall
verlassen. Eine Entscheidung darüber ist immer wieder vertagt worden.
Die Gelegenheit, dem Chef der Umweltbehörde EPA, Scott Pruitt, ins Gewissen
zu reden, hat Umweltministerin Hendricks letzte Woche allerdings versäumt.
Eine geplante Reise nach Washington sagte sie nach dem Debakel ihrer Partei
in NRW ab.
## Keine Panik
An das Gespenst eines US-Austritts haben sich viele gewöhnt. „Alle halten
den Atem an und arbeiten weiter“, sagte in Bonn Gebru Jember Endalew,
Verhandler aus Äthiopien und Vorsitzender der Gruppe der ärmsten Länder
(LDC). Nicht einmal über die Streichung von zwei Milliarden Dollar aus dem
GCF, die die armen Länder demnächst schwer treffen wird, konnte er sich
aufregen.
Von der Panik aus dem Jahr 2000, als US-Präsident George W. Bush aus dem
Klimaabkommen von Kyoto ausstieg, ist heute nichts zu spüren. Die
wichtigsten Emissionen kommen jetzt aus China oder Indien; die Preise für
erneuerbare Energien fallen stetig, das Investment in saubere Technik nimmt
immer mehr zu; die „Kräfte des Marktes“ arbeiten immer schneller gegen
Trump und für den Klimaschutz.
Die weltweite Klimakoalition stützt sich auch auf die Opposition in den
USA. Das Weiße Haus wird von Hunderten Unternehmen bedrängt, im
Klimavertrag zu bleiben. Der Prozess um den „Clean Power Plan“ hängt vor
den Gerichten fest. Und im September 2018 will Kalifornien einen eigenen
Klimagipfel von Städten, Bundesstaaten und Firmen organisieren, um der Welt
das grüne Amerika zu zeigen.
Bereits am Mittwoch wird Trump auf klimapolitischen Widerstand stoßen. Dann
trifft er in Rom Papst Franziskus. Eine gute Gelegenheit für den
katholischen Oberhirten, dem Klimaleugner Trump gemäß seiner Öko-Enzyklika
„Laudato Si“ die Leviten zu lesen.
22 May 2017
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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