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# taz.de -- Klimawandel und die Arktis: Im Sommer ohne Eis
> Am Nordpol könnte es schon ab dem Jahr 2040 in der warmen Jahreszeit kein
> Eis mehr auf dem Meer geben. Das stellt eine Studie fest.
Bild: Forscher auf einer Eisscholle im Artischen Ozean, Juli 2011
Stockholm taz | „Bis zum Jahr 2040 wird sich die Arktis total verändert
haben“, sagt William Colgan. Vermutlich werde es dann im Sommer rund um den
Nordpol eisfrei sein: „Und das Verschwinden des Eises wird weltweite
Auswirkungen haben.“
Colgan ist Glaciologe am nationalen geologischen Amt für Dänemark und
Grönland. Und er ist Mitverfasser einer Studie von 90 ForscherInnen aus den
Arktis-Anrainer-Staaten, die jetzt veröffentlicht wurde. Vor 13 Jahren
hatte eine ähnliche Studie des Arktischen Rats noch geschätzt, dass das
Ende des Sommereises in der Arktis ab 2100 drohe. Nun kann es also 60 Jahre
schneller gehen. Auch die Prognosen des Weltklimarats von 2013/14 müssen
laut Colgan als überholt gelten. Der Prozess der Erwärmung der Arktis, der
hier schneller voranschreite als in jeder anderen Region auf der Erde, gehe
wesentlich rascher vonstatten als erwartet.
Die Lufttemperaturen seien schneller gestiegen als prognostiziert, Meereis
und Schneedecke hätten sich rascher reduziert, so Colgan. Die Dicke des
Arktiseises nahm zwischen 1975 und 2012 um 65 Prozent ab. Das Polarmeer sei
wärmer und salzhaltiger geworden. Die eisfreie Meeresoberfläche
beschleunige die Erwärmung, da das Sonnenlicht weniger reflektiert werde.
Die Permafrostregionen schrumpften ebenso wie Inlandeis und Gletscher.
Auf Grönland habe sich der Abschmelzprozess beschleunigt. Dies werde
bedeutende Auswirkungen auf den globalen Meeresspiegel haben, der bis zum
Ende des Jahrhunderts nicht nur wie vom IPCC geschätzt um einen halben,
sondern einen Dreiviertelmeter steigen könne.
Für die ArktiseinwohnerInnen bleibe wesentlich weniger Zeit, sich auf diese
Veränderungen und auf das eisfreie Zeitalter einzustellen. Über
Verschiebungen bei den Meeresströmungen sowie beim polaren und
subtropischen Jetstream werde der Klimawandel in der Arktis aber auch das
globale Klima beeinflussen. Beispielsweise den südostasiatischen Monsun. In
Indien sei mit bis zu 70 Prozent weniger an Niederschlägen in der
sommerlichen Monsunsaison zu rechnen.
Die weitere Klimaentwicklung bis zur Mitte dieses Jahrhunderts sei mit den
bereits in die Atmosphäre freigesetzten Treibhausgasen schon
festgeschrieben, konstatiert die Studie. Allerdings könnten die darauf
folgenden radikalsten Veränderungen noch vermieden werden. Voraussetzung:
eine vollständige und augenblickliche Umsetzung des Klimaabkommens von
Paris. Dann könnte die anders zu erwartende Steigerung der
Durchschnittstemperaturen in der Arktis um 12 Grad bis 2100 auf 6 Grad
begrenzt werden. Auch die Ausbreitung der globalen Permafrostböden könne
auf einem Niveau stabilisiert werden, das rund 45 Prozent des gegenwärtigen
entspricht.
Mache man weiter wie bisher, würden dagegen bis zum Ende des Jahrhunderts
zwei Drittel der Permafrostböden verschwunden sein. Mit großen
Folgewirkungen: Bislang sei nur eine relativ kleine Menge des in diesen
Dauerfrostböden lagernden Methans und Kohlendioxids in die Atmosphäre
entwichen, sagt Torben Røjle Christiansen, Professor am Institut für
arktische Ökosysteme der dänischen Universität Aarhus. Doch die könnten im
weiteren Erwärmungsprozess im raschen Takt frei werden und den
Treibhauseffekt zusätzlich beschleunigen.
„Es sieht schlimmer aus, als wir uns das vorgestellt haben“, meint Arktis-
und Klimaforscher Sebastian Mernild, Direktor des Nansen-Zentrum im
norwegischen Bergen. Und William Colgan konstatiert: „Die Arktis ist auf
dem Weg in eine Katastrophe.“
1 May 2017
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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Arktis
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