# taz.de -- Spekulationen um Nachfolge: Tschüss Herr Scheele – und dann? | |
> In zwölf Tagen endet die Amtszeit von Sozialsenator Detlef Scheele (SPD). | |
> Seine Nachfolgerin bleibt noch geheim. | |
Bild: Detlef Scheele geht - aber wer übernimmt die Sozialbehörde? | |
HAMBURG taz | Der Countdown läuft: In weniger als zwei Wochen endet die | |
Amtszeit von Sozialsenator Detlef Scheele (SPD), der in den Vorstand der | |
Bundesagentur für Arbeit wechselt. Weder in seiner Behörde noch in der | |
Senatspressestelle ist aber in Erfahrung zu bringen, wer am 30. September | |
Scheeles Nachfolge antritt. Ja, es ist nicht mal klar, wann diese | |
Personalie bekannt wird. Das ist ungewöhnlich: Normalerweise gilt rund ein | |
Monat als passende Frist, um einen Neuling vorzustellen und ihm – wie auch | |
seinem Stab – Gelegenheit zur Einarbeitung zu geben. | |
Als sicher gilt – zumindest angeblich –, dass es eine Nachfolgerin wird: | |
Frauen sind im 13-köpfigen rot-grünen Senat in der Minderheit sind. | |
Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD), seit 2004 als | |
Familienpolitikerin im Parlament, gilt als profilierteste und | |
selbstbewusste Kandidatin, der obendrein an den Themen etwas liegt. | |
Allerdings eckt die 42-Jährige schon mal an – auch bei den Fachbehörden. | |
Als ein zu förderndes Talent sieht mancher Melanie Leonhard (auch SPD), die | |
2011 als Fachsprecherin für Kinder- und Jugendpolitik in Veits Fußstapfen | |
trat. Anders als die Juristin Veit konnte sich die Historikerin Leonhard | |
nicht als Oppositionspolitikerin profilieren, auch in der | |
Regierungsfraktion machte sie einen eher braven Eindruck. Und mit 35 ist | |
sie einigen noch zu jung. Allein: Veit und Leonhard sollen, heißt es in | |
Rathauskreisen, ganz zufrieden sein mit ihren jetzigen Positionen. | |
Als dritte Kandidatin wird Inka Damerau aus dem SPD-Kreis Nord gehandelt. | |
Wie Leonhard ist die 52-Jährige stellvertretende Landesvorsitzende und wird | |
von Parteichef Olaf Scholz geschätzt. Als möglich gilt aber auch, dass der | |
eine Frau von außen holt. „Entweder Scholz hat einen echten Hammer“, sagt | |
ein Rathaus-Insider, „oder er weiß es selber noch nicht.“ | |
In Gewerkschaftskreisen vermutet man ein anderes Kalkül: Scheele selbst | |
wolle arbeiten bis zum Schluss. Nachdem er diese Woche einen 300-Millione | |
n-Euro-Nachtrag für die Flüchtlingsversorgung durchbrachte, steht demnach | |
nächste Woche das neue „Personalbemessungssystem“ für die Jugendämter auf | |
der Agenda. Am Dienstag soll das Ergebnis vorgestellt werden. | |
Dabei könnten die Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD) deutlich mehr Stellen | |
erhalten. Immerhin waren mit Chantal, 11, und Yagmur, 3, zwei Kinder | |
während Scheeles erster Amtszeit zu Tode gekommen – unter den Augen der | |
Jugendämter. Dass sich die Bemessung der Arbeit in den Jugendämtern | |
verzögerte, hatte Scheele sogar Rücktrittsforderungen eingebracht. | |
Es gibt noch eine dritte Lesart: Sozialsenator ist kein attraktiver Job. In | |
Zeiten der Schuldenbremse Armut und Flüchtlingschaos zu verwalten – | |
vielleicht will das niemand machen? Bei diesem Szenario würden die Bereiche | |
Arbeit und Soziales auf die beiden „Nachbarbehörden“ aufgeteilt: Gesundheit | |
und Wirtschaft. Dadurch ließe sich immerhin ein Senatorensalär einsparen. | |
Allerdings würde derlei wohl wenig Zustimmung bekommen; und wer weiß, ob | |
die dann mit weiteren Aufgaben beschenkten SenatorInnen begeistert wären. | |
Als wahrscheinlicher gilt, dass Scholz schlicht seinen autokratischen | |
Führungsstil zelebriert: „König Olaf“, wird in der eigenen Partei | |
gescherzt, werde selbst der oder dem Auserwählten erst im letzten | |
Augenblick Bescheid geben. | |
17 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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