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# taz.de -- Hamburger Asylpolitik: Gute und schlechte Flüchtlinge
> Hamburg baut massiv neue Flüchtlingsunterkünfte – dennoch zu wenig.
> Qualifizierte Flüchtlinge sollen unterstützt, andere schneller
> abgeschoben werden.
Bild: Zumutung für Flüchtlinge: Karl Lagerfeld hat Wohnungen an der Sophiente…
Hamburg taz | Wer in Zukunft aus seiner Haustür treten und einen Schritt
nach rechts oder links macht, steht automatisch vor einer
Flüchtlingsunterkunft – das prophezeite Sozialsenator Detlef Scheele am
Dienstag bei der Landespressekonferenz im Rathaus. Die Zahl der
Flüchtlinge, die in Hamburg ankommen, steigt weiterhin kontinuierlich: Im
ersten Halbjahr 2015 haben sich nach Angaben des Senats schon genau so
viele Flüchtlinge zum Asylverfahren gemeldet wie im gesamten Jahr 2014. Von
den 12.536 Ankommenden behält Hamburg die Hälfte zumindest für die Dauer
der Asylprüfung, die anderen werden direkt auf andere Bundesländer
umverteilt. Angesichts der stetig steigenden Flüchtlingszahlen der letzten
Monate geht der Senat davon aus, dass sich die Zahl der Asylsuchenden im
zweiten Halbjahr 2015 mehr als verdoppelt.
„Wir müssen alle an einem Strang ziehen, niemand darf sein
parteipolitisches Süppchen mit der Thematik kochen“, sagte Scheele und
appellierte an das Engagement aller BürgerInnen. Auf die Nachfrage, ob er
den guten Willen der HamburgerInnen nicht überschätze, antwortete er: „Den
Widerstand dagegen, sich solidarisch und menschlich zu verhalten, gibt es
nur dort, wo noch keine Flüchtlingsunterkünfte sind, wie zum Beispiel in
Poppenbüttel und Blankenese.“ Überall, wo es bereits eine „reale
Belastung“, sprich Flüchtlingsheime, gebe, seien die Reaktionen der
AnwohnerInnen positiv. In Zukunft würden sich aber alle Stadtteile
verändern, betonte Scheele.
Zwölf neue Unterkünfte wurden dieses Jahr schon bezogen, 38 weitere werden
derzeit geplant. 3.968 Plätze sollen noch bis Jahresende entstehen.
Darunter auch einige in Zelten, die als Unterbringung für Flüchtlinge
umstritten sind. Erst letzte Woche hatte die Innenbehörde 30 Zelte auf dem
ehemaligen Parkplatz des IGS-Geländes in Wilhelmsburg aufbauen lassen. 500
Menschen sollen darin unterkommen. Es handele sich um eine Übergangslösung,
sagte Scheele und versicherte, die Zelte bis zum Winter durch feste
Unterbringungen zu ersetzen.
Der Bedarf ist allerdings auch mit den 38 geplanten Standorten noch nicht
gedeckt – bis zum Jahresende fehlen dann noch immer 3.000 Schlafplätze. 18
weitere Flächen würden gerade auf ihre Eignung geprüft, sagte Staatsrat
Bernd Krösser. Darunter auch einige „Park and Ride“-Parkplätze, die sich
aufgrund des festen Untergrunds und wegen der Stromanschlüsse gut eigneten.
## Auch in Harvestehude soll ein Unterkunft entstehen
Unter den 38 Unterkünften in Planung ist auch das ehemalige
Kreiswehrersatzamt an den Sophienterrassen. AnwohnerInnen des Nobelviertels
Harvestehude hatten gegen den Umbau zur Flüchtlingsunterkunft geklagt, die
Behörde hatte daraufhin die bereits begonnenen Bauarbeiten gestoppt. Das
Bezirksamt Eimsbüttel legte Beschwerde gegen den Baustopp ein und der Fall
landete beim Oberverwaltungsgericht – das den KlägerInnen im Mai Recht gab.
Grundlage dafür ist der Bebauungsplan von 1955, der das Gebiet als
„besonders schützenswerte Wohngegend“ einstuft. Den Plan will der Bezirk
nun ändern. Einen endgültigen Beschluss mit Baugenehmigung erwartet man
erst 2016. „Die Unterkunft an den Sophienterrassen kommt“, versprach
Scheele.
Noch bedeutsamer für die Zukunft der Flüchtlinge wird eine stärkere
Differenzierung zwischen Flüchtlingsgruppen sein: die Unterscheidung
zwischen AsylbewerberInnen mit „guter und solchen mit schlechter
Bleibeperspektive“. Erstere, die meist aus Ländern wie Syrien oder dem Irak
kommen, sollen schneller Deutsch lernen können und mehr Rechtssicherheit
während der Ausbildung haben.
Die Flüchtlinge mit schlechter Bleibeperspektive hingegen, die meist aus
Westbalkan-Ländern wie dem Kosovo, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina oder
Serbien kommen und laut Scheele beruflich schlechter qualifiziert sind,
sollen künftig schneller abgeschoben werden. „Wir wollen verstärkt daran
arbeiten, dass die ausreisepflichtigen Flüchtlinge auch wirklich
ausreisen“, sagte Staatsrat Krösser – zu diesem Zweck seien 20 zusätzliche
Stellen geschaffen worden.
7 Jul 2015
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
## TAGS
Flüchtlinge
Hamburg
Asylpolitik
Harvestehude
Unterbringung von Geflüchteten
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