| # taz.de -- Flüchtlinge im Norden: Scholz steht allein da | |
| > Hamburgs Bürgermeister Scholz will mehr Länder als „sicher“ deklarieren. | |
| > SPD-Regierungschefs in anderen Bundesländern unterstützen ihn nicht. | |
| Bild: Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) weist gern den Weg in die „si… | |
| BREMEN taz | Ist das Leben im Kosovo sicher? In der SPD im Norden ist man | |
| sich da nicht einig. Sowohl Bremens neuer Bürgermeister Carsten Sieling | |
| (SPD), wie auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Thorsten Albig (SPD) | |
| wiesen die Idee zurück, die Liste der „sicheren Herkunftsstaaten“ zu | |
| erweitern. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stefan Weil (SPD) hält das | |
| Instrument für überschätzt. | |
| Entbrannt war die migrationspolitische Debatte über Flüchtlinge aus den | |
| westlichen Balkanstaaten, nachdem Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) | |
| unter anderem in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt andeutete, | |
| auch Albanien und das Kosovo zu sicheren Herkunftsstaaten erklären zu | |
| wollen – eine Idee, die zuletzt aus der bayerischen CSU kam. Ebenfalls ins | |
| Spiel gebracht hatte Scholz den Vorschlag, man können an das | |
| Anwerbeabkommen „anknüpfen“, das es in den 1970er Jahren mit Jugoslawien | |
| gab. Dies könnte „viele abhalten, den Weg über das Asyl zu gehen“, so | |
| Scholz. | |
| Im Herbst 2014 wurden bereits Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina | |
| als „sichere Herkunftsstaaten“ eingestuft. In dem entsprechenden | |
| Gesetzentwurf stand, dass es überwiegend Angehörige der Roma-Minderheit | |
| sind, die aus diesen Ländern fliehen. | |
| Es stand auch drin, dass sie durchaus unter Diskriminierung zu leiden | |
| hätten. Dennoch sollten mit der Regelung die Zahlen der AsylbewerberInnen | |
| reduziert werden. Seitdem sind die Zugangszahlen aus Serbien und Bosnien | |
| allerdings nur wenig zurückgegangen, aus Mazedonien sogar angestiegen. | |
| Laut Flüchtlingsrat in Schleswig-Holstein kaschiere der Sammelbegriff | |
| „Flüchtlinge vom Balkan“, dass es sich mehrheitlich um Roma handelt. Der | |
| Geschäftsführer des Flüchtlingsrats forderte die Kieler Landesregierung | |
| auf, „sich nicht vor den Karren derjenigen spannen zu lassen“, die Staaten | |
| wie Kosovo, Albanien und Montenegro als „sichere Herkunftsstaaten“ | |
| einstufen wollten. | |
| ## „Eine hilfreiche Idee“ | |
| Tatsächlich erklärte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig | |
| (SPD), die Diskussion über sichere Herkunftsstaaten gehe am Kern des | |
| Problems vorbei. Wer allerdings keinen Anspruch auf Asyl habe, müsse „so | |
| schnell wie möglich wieder in seine Heimat – da gibt es gar keinen | |
| Dissens“, sagte Albig. Entscheidend sei, dass schneller über Asylansprüche | |
| entschieden werde. | |
| Ähnlich äußerte sich Niedersachsens Ministerpräsident Stefan Weil (SPD). Er | |
| hält die Bedeutung der sicheren Herkunftsländer für „wesentlich | |
| überschätzt“, erklärte er der taz. Asylverfahren müssten durch eine besse… | |
| Ausstattung des Bundesamtes für Migration verkürzt werden. „Bevor das nicht | |
| gelungen ist, halte ich Überlegungen für eine legale Zuwanderung zwar für | |
| sympathisch aber nicht für umsetzbar“, sagte Weil zu Scholz‘ Vorschlag | |
| eines neuen Anwerbeabkommens. | |
| Die schwierige Situation der Roma werde dabei „auch von den | |
| Verwaltungsgerichten berücksichtigt, die dennoch in 99 Prozent der Fälle | |
| ablehnen“, sagte Weil. Für ihn sei entscheidend, dass die EU die | |
| Balkanstaaten mit Milliardenbeträgen unterstützt. „Sie muss dann aber auch | |
| dafür sorgen, dass die Situation ganzer Volksgruppen erträglicher wird“. | |
| Bremens neuer Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) kritisierte, die ganze | |
| Debatte werde dem Problem nicht gerecht. „Die Äußerungen, ob aus Bayern | |
| oder von Herrn Scholz, nehmen eine bestimmte Stimmung auf“, sagte sein | |
| Sprecher, „aber in Bremen habe wir eine andere Praxis.“ Er verwies auf | |
| einen Beschluss der Bremischen Bürgerschaft aus dem Jahr 2010, in dem der | |
| Senat aufgefordert wird, Roma nicht in den Kosovo abzuschieben. | |
| Und was sagen Hamburgs Grüne zum Vorstoß ihres Koalitionspartners Scholz? | |
| Eine Freizügigkeitsregelung sei „eine hilfreiche Idee“, erklärte deren | |
| flüchtlingspolitische Sprecherin Antje Möller. Die ethnische | |
| Diskriminierung der Roma und die Verbesserung ihrer Situation müssten | |
| allerdings Teil der politischen Diskussion sein, wenn man versucht, den | |
| Zuzug zu verhindern. | |
| 23 Jul 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Jean-Philipp Baeck | |
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