# taz.de -- Abschiebung von Balkan-Flüchtlingen: Brüder im Geiste der Abschie… | |
> Das rot-grün regierte Hamburg plant Aufnahme- und Abschiebelager für | |
> Balkan-Flüchtlinge. Die Grünen wittern Koalitionsbruch. | |
Bild: Innige Freundschaft? Horst Seehofer (l.) und Olaf Scholz | |
Hamburg taz | Der Aufschrei bei der SPD war groß, als Bayerns | |
Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) spezielle Aufnahme- und | |
Abschiebelager für Balkan-Flüchtlinge forderte, um dem angeblichen | |
„massenhaften Asylmissbrauch“ zu begegnen. Dabei will Hamburgs | |
Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) in der Sache, vielleicht mit weniger | |
martialischen Tönen, auf das Gleiche hinaus: „Es geht um schnellere, | |
unbürokratische Entscheidungen“, sagte Scholz jetzt in einem | |
Stern-Interview. „Dazu gehören auch spezialisierte Aufnahmeeinrichtungen | |
für Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive.“ | |
In Hamburg nehmen nach taz-Informationen die Vorbereitungen für eine | |
Selektierung in Kriegsflüchtlinge und Armutsmigranten aus den sogenannten | |
„sicheren Herkunftsländern“ schon konkrete Formen an. Spätestens, wenn | |
Innensenator Michael Neumann (SPD) im Herbst seine Ankündigung umgesetzt | |
hat, auf fünf bis sieben Gewerbeflächen neue Container-Großunterkünfte mit | |
20.000 Plätzen eingerichtet zu haben, sollen die ersten Maßnahmen greifen, | |
um die Flüchtlinge aus dem Balkan schneller abzuschieben oder vom | |
Asylantrag abzuschrecken. | |
Bis dahin ist die Zahl der Mitarbeiter in der Abschiebeabteilung der | |
Ausländerbehörde um 20 Mitarbeiter verdreifacht worden, die sich dann auf | |
die speziellen Balkan-Einrichtungen konzentrieren. „Wir fahren eine sehr | |
konsequente Linie, gerade was die Balkanländer angeht. Es ist schon | |
abstrus, dass wir 50 Prozent aller Flüchtlinge aus dem Balkan haben“, sagte | |
Neumann dem NDR. Ihre Fälle würden die Ausländerbehörde und das Bundesamt | |
für Migration und Flüchtlinge „wahnsinnig beschäftigen und belasten“. | |
Der Sprecher der Innenbehörde bestreitet aber, dass es bereits konkrete | |
Vorbereitungen für Mega-Deportationen gibt. „Davon ist mir nichts bekannt“, | |
sagt Sprecher Björn Domroese. Und auch der städtische Betreiber „Fördern | |
und Wohnen“, der für die Flüchtlingsunterbringung zuständig ist und eine | |
Trennung der Flüchtlinge nach Herkunft eigentlich ablehnt, habe „definitiv | |
eine solche neue Weisung nicht bekommen“, sagt Sprecherin Susanne | |
Schwendtke. | |
## Nicht mit dem Koalitionspartner vereinbart | |
Der grüne Koalitionspartner widerspricht den Balkan-Lagerplänen von | |
Bürgermeister Scholz. „Dass Scholz das gerne möchte, ist bekannt“, sagt d… | |
innenpolitische Sprecherin Antje Möller. „Das ist aber nicht in der | |
Koalition besprochen und vereinbart“, bekräftigt Möller. „Wir halten so | |
etwas für falsch und stigmatisierend.“ | |
Das Diakonischer Werk lehnt ebenfalls Sondereinrichtungen ab. Es sei ein | |
„Irrglaube, dass eine gesonderte Unterbringung Asylverfahren und | |
Abschiebungen beschleunige“, sagt Fachbereichsleiter Dirk Hauer. Er | |
befürchte vielmehr, dass durch den Vorschlag „für eine besondere Gruppe von | |
Flüchtlingen aus Abschreckungsgründen noch einmal besonders schlechte | |
Bedingungen etabliert werden sollen“. | |
Schleswig-Holstein und Niedersachsen halten sich derzeit aus der Diskussion | |
heraus. „Der Innenminister beteiligt sich nicht an dem Wettbewerb um den | |
täglich neuesten Vorschlag in der Asyl- und Flüchtlingspolitik“, sagt | |
Stefan Studts (SPD) Sprecher Thomas Giebeler. Auch in Niedersachsen gebe es | |
keine Pläne spezieller Balkan-Unterkünfte, beteuert der Sprecher des | |
Innenministeriums, Philipp Wedelich. | |
Dass es im Erstaufnahmelager Bramsche zu einer Ballung von | |
Balkan-Flüchtlingen komme, liege an den Realitäten. Der niedersächsische | |
Flüchtlingsrat ist zwar über die mehrmonatige Verweildauer von | |
Schutzsuchenden aus dem Balkan in Bramsche verwundert, während andere | |
Asylbewerber schnell auf die Kommunen verteilt werden, so ein Sprecher: Von | |
einer Weisung des Ministeriums wisse man aber nichts. | |
30 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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