| # taz.de -- Flüchtlinge im niedersächsischen Landtag: Schaufensterpolitik sta… | |
| > Auf Antrag der CDU debattiert Niedersachsens Landtag über Schutzsuchende, | |
| > doch frische Ideen fehlen: Die Christdemokraten fordern schnellere | |
| > Abschiebungen. | |
| Bild: Objekt der Debatte im niedersächsischen Landtag: Ein Flüchtling erreich… | |
| HANNOVER taz | Wenn es dem Parteiinteresse dient, kann Björn Thümler | |
| herzzerreißend werden: „Menschenunwürdig“ sei die Unterbringung der | |
| Flüchtlinge in den landeseigenen Erstaufnahmeeinrichtungen etwa in | |
| Friedland oder Bramsche, klagte der Fraktionschef der CDU am gestrigen | |
| Donnerstag, und das im Rahmen einer Sondersitzung des Landesparlaments in | |
| Hannover, die seine Fraktion durchgesetzt hatte – einziges Thema: | |
| Flüchtlinge. | |
| Da müssten Menschen „in Gängen und Treppenhäusern schlafen“, es fehle an | |
| „Schlafsäcken und Bettbezügen“, die Wartezeit an den Essensausgaben betra… | |
| „über zwei Stunden“. Äußerlich wirkten manche der Containerdörfer wie | |
| Gefängnisse, führte der Christdemokrat aus, aus „Angst, eingesperrt zu | |
| werden“, habe sich beispielsweise eine Familie in Oldenburg stundenlang | |
| geweigert, ein solches Quartier zu beziehen, berichtete Thümler. Diese | |
| Familie sei traumatisiert und stamme „aus Albanien“. | |
| ## Gerade Albaner will Thümler abschieben | |
| Wieso Albanien? Gerade Menschen aus diesem Land will Thümler möglichst | |
| schnell abschieben lassen. Wie seine Parteifreunde im Bund fordert der | |
| CDU-Mann schon seit Tagen, den Balkanstaat – so wie auch Kosovo und | |
| Mazedonien – auf die Liste der „sicheren Herkunftsländer“ setzen zu lass… | |
| Vor allem von dort nach Deutschland gekommene Roma sollen künftig noch | |
| schneller abgeschoben werden können: In ihren Herkunftsländern leben sie | |
| zwar oft am Rand von Müllkippen, haben kaum Chancen auf Bildung und Jobs – | |
| als politisch verfolgt gelten sie deswegen noch lange nicht. | |
| Überhaupt müssten Abgelehnte schneller abgeschoben werden, forderte Thümler | |
| noch und warnte vor „möglichen Schäfern“ unter den Schutzsuchenden, also | |
| potenziellen Attentätern etwa der Terrormiliz „Islamischer Staat“. Auch f�… | |
| ein anderes Klischee fand der Christdemokrat in seiner Rede noch Zeit: Vor | |
| „dem Hintergrund steigender Kriminalität“, so Thümler, müsse über | |
| Polizei-Sonderkommissionen in der Nähe von Erstaufnahmeeinrichtungen | |
| nachgedacht werden. | |
| Ideologisch gab sich in der auf zwölf Stunden anberaumten Sondersitzung, | |
| mit der die Opposition die rot-grüne Landesregierung „wachrütteln“ wollte, | |
| auch die FDP: Ausgerechnet der Mindestlohn behindere Flüchtlinge bei der | |
| Arbeitssuche, so Fraktionschef Christian Dürr. Schließlich seien auch | |
| unbezahlte Praktika beschränkt worden. | |
| ## Flüchtlingsrat gegen „Schaufensterpolitik“ | |
| „Schaufensterpolitik“ würden Christdemokraten und Liberale betreiben, so | |
| hatte der Geschäftsführer des niedersächsischen Flüchtlingsrats, Kai Weber, | |
| schon am Vortag gewarnt: Zwar seien die Erstaufnahmen des Landes | |
| tatsächlich überfüllt. „Das ist aber wie nach einer Flutkatastrophe“, so | |
| Weber: „Die Landesbediensteten tun, was sie können.“ Wer Flüchtlingen | |
| wirklich helfen wolle, müsse vor allem Druck und Bürokratie reduzieren: | |
| Hilfe in Form von Sachleistungen statt als Geld, was nun die CDU fordert, | |
| auch die Residenzpflicht oder die Unterbringung von Asylsuchenden in | |
| Gemeinschaftsunterkünften über Jahre seien „Relikte aus den 90er-Jahren“, | |
| so Weber weiter: „Abschreckung und Restriktionen sind nicht | |
| integrationsfördernd.“ | |
| Im Namen des Flüchtlingsrats fordert Weber außerdem ein Ende der | |
| Ausgrenzung von Flüchtlingen durch das Asylbewerberleistungsgesetz, das die | |
| Betroffenen beispielsweise von der Beratung durch die Arbeitsagenturen | |
| ausschließt. Und schließlich sei ein groß angelegtes Wohnungsbauprogramm | |
| für sozial Schwache vonnöten. | |
| ## Weil: „Wir schaffen das“ | |
| „Schneller, flexibler, pragmatischer“ müsse die Betreuung der Flüchtlinge | |
| werden, das sagte dann auch Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan | |
| Weil. Per Nachtragshaushalt will er 300 Millionen Euro bereitstellen – vor | |
| allem in Flüchtlingsunterbringung, Sprachförderung und sozialen Wohnungsbau | |
| soll das Geld fließen. Er sprach von der größten Fluchtbewegung seit dem | |
| Zweiten Weltkrieg, aber: „Wir schaffen das.“ | |
| 10 Sep 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Wyputta | |
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