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# taz.de -- Kommunen fordern finanzielle Hilfen: 10.000 Euro pro Flüchtling pr…
> Wegen der hohen Flüchtlingszahlen warnen die Kreise und Gemeinden vor
> Verteilungsdebatten. Sie fordern mehr Geld von den Ländern.
Bild: In einer Turnhalle im niedersächsischen Roßdorf: Flüchtlingsunterbring…
BERLIN taz | Hubert Meyer, Hauptgeschäftsführer des niedersächsischen
Landkreistages, rechnet vor: Selbst unter Berücksichtigung eher
vorsichtiger Annahmen käme eine Kommune auf Kosten von „mindestens 10.000
Euro“ pro Flüchtling und Jahr. Nur 60 Prozent davon erstatten der Bund und
das Land Niedersachsen.
Wenn sich das nicht ändere, „dann haben wir im Herbst dieses Jahres in den
Räten und Kreistagen höchst unliebsame Diskussionen über die Verteilung der
Haushaltsmittel“, so Meyer, „dann könnte es heißen, hier steht
Flüchtlingsunterbringung gegen Daseinsvorsorge.“ Die Kreise, Städte und
Gemeinden fordern von den Landesregierungen mehr finanzielle Hilfe bei der
Unterbringung. Die Bundesländer wiederum setzen ihrerseits auf die
Bundesregierung.
Meyer nennt Beispiele für mögliche Einsparungsdebatten vor Ort: „Dann
könnte sich etwa in den Landkreisen in Niedersachsen die Frage stellen, ob
man sich die geplante Breitbanderschließung noch leisten kann, auf der
Ebene der Gemeinden drohen Diskussionen über die Finanzierung von
Schulsanierungen und den Kitaausbau.“
Im Landkreis Harburg etwa sind viele Flüchtlinge in Containerwohnanlagen
untergebracht. Für 2015 rechne man mit Aufwendungen von rund 20 Millionen
Euro, sagt Bernhard Frosdorfer, Sprecher des Landkreises. „Das hat bereits
einen Nachtragshaushalt mit einer höheren finanziellen Belastung unserer
Kommunen und Kürzungen etwa im Schul- und Straßenbau erforderlich gemacht.
Sollte es bei der derzeitigen Erstattungspraxis Niedersachsens bleiben,
erwarten wir für 2016 Aufwendungen von rund 40 Millionen Euro und weiter
steigende Schuldenstände“.
Bisher sind örtliche Diskussionen nach dem Motto „wegen der Flüchtlinge
können wir die Schulsanierung nicht finanzieren“ allerdings noch selten.
Aus guten Gründen. Denn diese Debatten fürchten die regionalen politischen
Vertreter wie der Teufel das Weihwasser. „Wenn diese
Verteilungsdiskussionen kommen, dann erhalten bei der nächsten Kommunalwahl
im Jahre 2016 politische Kräfte Auftrieb, die man sich hier nicht wünscht“,
warnt Meyer.
## Landesregierungen sperren sich gegen höhere Ausgaben
Die Kommunen sind für die Unterbringung der Flüchtlinge verantwortlich,
wenn diese nach spätestens drei Monaten die Erstaufnahmezentren zu
verlassen haben. Für die Erstaufnahmezentren hingegen sind immer die
Landesregierungen zuständig. Erst danach werden die Flüchtlinge in den
Kommunen verteilt und entweder in Gemeinschaftsunterkünften oder auch in
Wohnungen untergebracht. Ihr Asylverfahren läuft dann meist noch.
Die materielle Versorgung der Flüchtlinge ist zum großen Teil gesetzlich
vorgegeben. Laut Asylbewerberleistungsgesetz haben sie Anspruch auf einen
Grundbedarf für Ernährung und Kleidung von monatlich 216 Euro plus ein
Taschengeld von 143 Euro, das macht rund 360 Euro im Monat. Dazu addieren
sich die Unterkunftskosten, die in Niedersachsen im Schnitt rund 210 Euro
pro Kopf und Monat betragen. In den Metropolen ist das Wohnen teurer.
Dazu kommen noch Ausgaben für die gesundheitliche Versorgung, für den
Schulbedarf, für die soziale Betreuung und den Verwaltungsapparat. So
errechnen sich leicht etwa 10.000 Euro im Jahr pro Kopf. In Bayern geht man
von 1.300 Euro an Ausgaben pro Flüchtling im Monat aus, sagt die Sprecherin
des Bayerischen Sozialministeriums, Daniela Schürf.
In einigen Bundesländern wie Bayern und Mecklenburg-Vorpommern erstatten
die Landesregierungen den Städten und Gemeinden komplett die Kosten für die
Unterbringung und Versorgung, das Geld kommt aus der Landeskasse, was die
Lage für die einzelnen Gemeinden entspannt. In Bundesländern wie
Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg
aber erhalten die Kommunen von den Landesregierungen Abgeltungspauschalen,
die längst nicht alle Kosten decken. In Rheinland-Pfalz etwa bekommt eine
Kommune nur 513 Euro pro Kopf und Monat vom Land.
Die Landesregierungen sperren sich vielerorts gegen mehr Ausgaben, sie
erhoffen sich mehr Geld von der Bundesregierung, die bisher die Länder nur
mit pauschalen Summen unterstützt. Nach Berechnungen des Berliner Senats
beispielsweise betragen die Kosten pro Flüchtling in der Hauptstadt rund
1.000 Euro im Monat. Der Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen
forderte die Bundesregierung auf, davon mindestens die Hälfte beizusteuern.
19 Aug 2015
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
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Schwerpunkt Flucht
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