| # taz.de -- Arbeiter für die Landwirtschaft: Flüchtlinge in die Ställe | |
| > Die Bauernlobby in Schleswig-Holstein will ihre Nachwuchssorgen durch | |
| > Asylbewerber lindern. Doch es gibt arbeitsrechtliche Hürden. | |
| Bild: Nachwuchssorgen: Schleswig-Holsteins Bauern könnten auch von Flüchtling… | |
| Schleswig-Holsteins Bauernlobby will Flüchtlinge für die Arbeit in der | |
| Landwirtschaft gewinnen. „Wir wollen Flüchtlingen eine Chance geben und | |
| gleichzeitig unseren zunehmenden Fachkräftemangel beheben“, sagt eine | |
| Sprecherin der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein und nennt diese | |
| Idee eine „Win-Win-Situation“. | |
| Auf der einen Seite steigt die Zahl der Flüchtlinge jede Woche: Nahm | |
| Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr noch 7.600 Flüchtlinge auf, und | |
| damit mehr als doppelt so viele wie 2013, könnte sich die Zahl im laufenden | |
| Jahr erneut verdoppeln. Allein in der ersten Jahreshälfte kamen 7.100 | |
| Flüchtlinge in Schleswig-Holstein an. Auf der anderen Seite sinkt die Zahl | |
| der Nachwuchskräfte in der Landwirtschaft stetig. Der demographische Wandel | |
| wirft seine Schatten voraus und kleine Familienbetriebe werden im Zuge des | |
| landwirtschaftlichen Strukturwandels immer häufiger durch größere Betriebe | |
| mit Fremdpersonal ersetzt. | |
| „Es gibt allein in Schleswig-Holstein über hundert landwirtschaftliche | |
| Betriebe, die Personal suchen“, sagt der Justiziar des | |
| Schleswig-Holsteinischen Bauernverbandes, Michael Müller-Ruchtholtz. Da | |
| kommen die Flüchtlinge, die in ihrem neuen Heimatland dringend eine | |
| Arbeitsperspektive suchen, gerade recht. „Viele Flüchtlinge kommen aus | |
| landwirtschaftlich geprägten Gegenden“, betont Rixen und ergänzt: | |
| „Flüchtlinge, die motiviert sind und was auf dem Kasten haben, haben in der | |
| Landwirtschaft alle Chancen.“ | |
| Es gehe nicht um Saisonarbeit, die meist von rumänischen und polnischen | |
| Arbeitsmigranten erledigt werde, sondern um „dauerhafte Einstellungen auf | |
| allen Qualifikationsebenen, vor allem in den Milchviehbetrieben“, ergänzt | |
| Müller-Ruchholtz. Ob im Stall, an der Melkmaschine oder auch im Büro: | |
| Überall gebe es Nachfrage nach motivierten und gut ausgebildeten | |
| Arbeitskräften. | |
| Müller-Ruchtholtz begrüßt eine aktuelle Anweisung der Bundesanstalt für | |
| Arbeit, nach der Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge auch ohne | |
| Sondererlaubnis längere Praktika auf den Höfen machen dürfen, „in denen sie | |
| mal reinschnuppern können und ihre Eignung festgestellt wird“. Allerdings | |
| gehe es nach den Praktika eher selten weiter. | |
| „Oft wissen die Landwirte gar nicht, welchen Flüchtling sie überhaupt | |
| beschäftigen dürfen und jede unsichere Bleibeperspektive, die einer | |
| dauerhaften Zusammenarbeit entgegensteht, schreckt sie zudem ab“, sagt | |
| Müller-Ruchtholtz. Deshalb fordert er, dass „eine Duldung oder | |
| Aufenthaltsgestattung mindestens so lange verlängert werden muss, wie die | |
| Person Arbeit hat“. Nur so könne die Integration gelingen. | |
| Der Kieler Arbeitsminister Reinhard Meyer (SPD) begrüßt | |
| „Beschäftigungsmöglichkeiten für Flüchtlinge in der Landwirtschaft“ | |
| ausdrücklich. „Es ist wichtig, dass Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt | |
| integriert werden und wenn die Landwirtschaft dazu einen Beitrag leistet, | |
| dann ist das super“, findet auch Schleswig-Holsteins | |
| Landwirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). | |
| Habeck schließt sich der Forderung des Bauernverbandes nach Abbau von | |
| Integrationshürden an. Es müsse endlich die umstrittene „Vorrangprüfung | |
| abgeschafft“ werden, nach der Asylbewerber und Geduldete nur dann arbeiten | |
| dürfen, wenn es für die entsprechende Stelle keine geeigneten Bewerber mit | |
| aus Deutschland oder EU-Ländern gebe, so Habeck. | |
| Während in Schleswig-Holstein die Perspektiven von Flüchtlingen in der | |
| Landwirtschaft inzwischen also heiß diskutiert werden, ist die Problematik | |
| beim Landvolk Niedersachsen, dem Bauernverband des Landes, „noch nicht | |
| angekommen“, sagt Bauernverbandssprecherin Gabi von der Brelie. Denn | |
| „anders als die meisten Bundesländer haben wir derzeit keine | |
| Nachwuchssorgen“. | |
| Der Integration von Flüchtlingen in bäuerliche Betriebe stehe der | |
| niedersächsische Verband aber „offen gegenüber“ und ob der Nachwuchs in d… | |
| Zukunft noch ausreiche sei mehr als ungewiss, sagt von der Brelie: „Den | |
| demographischen Faktor kennen wir ja alle.“ | |
| 13 Aug 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Marco Carini | |
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