# taz.de -- Diskussion über Balkan-Flüchtlinge: Armut ist kein Grund für Hil… | |
> Die Abgrenzung wird schärfer: Der Städtbund fordert eine Visumspflicht, | |
> Volker Bouffier will nur noch Sachleistungen an Flüchtlinge von dort | |
> ausgeben. | |
Bild: Serbische Flüchtlinge schlafen nahe einer Brücke in Belgrad. Wo die Rei… | |
FRANKFURT/MAIN afp | Angesichts der steigenden Zahl von Asylbewerbern vom | |
Westbalkan dauert die Debatte um Wege zur Begrenzung des Zuzugs an. Der | |
Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, | |
forderte in der Welt die Wiedereinführung der Visumspflicht für die Länder | |
der Region sowie die Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten. | |
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) regte an, Flüchtlingen | |
statt Taschengeld nur noch Sachleistungen zu geben. | |
„Die Einführung einer Visumspflicht kann ein Schritt sein, die Zuzugszahlen | |
zu begrenzen“, sagte Landsberg der Welt. Er bekräftigte zugleich die | |
Forderung, Albanien, Montenegro und das Kosovo als sichere Herkunftsstaaten | |
einzustufen, „damit aussichtslose Asylanträge rascher bearbeitet werden | |
können“. Asylanträge von Bürgern aus sicheren Herkunftsstaaten werden in | |
der Regel als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt, da in solchen Staaten | |
eine politische Verfolgung als ausgeschlossen gilt. | |
[1][Serbien, Mazedonien und Bosnien wurden bereits zu sicheren | |
Herkunftsstaaten deklariert]. Zuletzt wurden zunehmend Forderungen laut, | |
auch Albanien, Montenegro und das Kosovo als solche einzustufen. | |
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) schloss | |
dies in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung nicht | |
grundsätzlich aus. | |
Dafür müsse aber das Bundesinnenministerium nachweisen, dass die Einstufung | |
von Serbien, Mazedonien und Bosnien als sichere Herkunftsländer zum | |
deutlichen Rückgang der Asylbewerberzahlen geführt habe, forderte | |
Kretschmann. „Für sinnvolle Maßnahmen, für die sich eine Wirkung nachweisen | |
lässt, bin ich immer offen.“ Der Grünen-Politiker hatte trotz Vorbehalten | |
seiner Partei im Bundesrat für die Einstufung der drei Balkanstaaten als | |
sichere Herkunftsländer gestimmt. | |
## Armut ist kein Grund | |
Der Ministerpräsident plädierte zugleich dafür, die legale Einwanderung aus | |
der Region zu erleichtern. Um den Migrationsdruck zu mindern, sollte ein | |
„maßgeschneidertes Einwanderungsangebot“ gemacht werden, sagte Kretschmann. | |
„Wir könnten Einwanderungskorridore für die hiesigen Mangelberufe, etwa für | |
das Pflegepersonal, schaffen.“ Der Westbalkan gehöre zu Europa und müsse | |
stabilisiert werden. | |
Hessens Ministerpräsident Bouffier regte an, Flüchtlingen statt Taschengeld | |
nur noch Sachleistungen zu geben, um die Attraktivität Deutschlands für | |
Einwanderer zu senken. Ein Lehrer aus Albanien etwa bekomme in Deutschland | |
„in drei, vier, fünf Monaten“ mehr Geld, als er „in zwei oder drei Jahren | |
zu Hause“ verdienen könne, sagte der CDU-Politiker dem Sender HR-Info. Der | |
CSU-Vorsitzende Horst Seehofer habe Recht, wenn er sage, dass die | |
staatlichen Leistungen attraktiv für Flüchtlinge seien. | |
Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte der | |
Rheinischen Post er habe in einem Brief Bundesinnenminister Thomas de | |
Maizière (CDU) gebeten, ähnlich wie zu Jahresbeginn im Kosovo auch in | |
Albanien, Serbien und Montenegro der Bevölkerung klar zu machen, „wie | |
aussichtslos es ist, sich auf den Weg nach Deutschland zu machen“. Die | |
Leute fielen auf Versprechungen von Schleppern herein, verkauften ihr | |
letztes Hab und Gut und müssten dann wieder zurückkehren. | |
Der hannoversche evangelische Landesbischof Ralf Meister nannte Forderungen | |
nach offenen Grenzen „Unfug“. Das Asylrecht gelte bei Verfolgung, nicht bei | |
Armut, sagte Meister der Neuen Presse. Kosovaren oder Albaner hätten damit | |
keinen Asylanspruch. Es sei eine „Illusion“ zu glauben, „alle Menschen | |
könnten nach Deutschland kommen und einen Asylantrag stellen“. Zugleich | |
betonte er, Deutschland könne noch mehr Flüchtlinge aufnehmen. „Die | |
Aufnahme bedrohter Menschen gehört zu den Kennzeichen einer humanen | |
Gesellschaft“, sagte Meister. | |
27 Jul 2015 | |
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