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# taz.de -- Kommentar Seehofers Sommerinterview: Na dann noch einen schönen Ur…
> Im ARD-Sommerinterview wurde es Horst Seehofer sehr leicht gemacht. Auch
> seine Asyl-Missbrauchs-Rhetorik wurde nicht kritisch hinterfragt.
Bild: Horst S. beim ARD-Sommerinterview vor dem Reichstag.
Es war ein anstrengendes Regierungsjahr für den 66-Jährigen. Deshalb, so
muss es sich die ARD gedacht haben, hatte man dem bayerischen
Ministerpräsidenten auf den Weg in den Urlaub noch ein Geschenk mitgeben
wollen. Denn nichts anderes war das Sommerinterview für Horst Seehofer: ein
freundliches Podium, knapp 19 Minuten lang.
Sicher, wer Neues oder einen Erkenntnisgewinn von einem solchen Interview
erwartet hatte, dürfte sich in einer Minderheit befunden haben. Ein
bisschen Selbstdarstellung, die Zusammenfassung der wichtigsten schon
bekannten Statements vor der Kulisse vorbeischippernder Ausflugsboote und
vermeintlich kritisch nachfragenden Journalisten – mehr kann dieses Format
nicht bieten. Allerdings können die Interviewer es dem Politiker doch
leichter machen oder eben schwerer. Tina Hassel und ihr etwas hilflos
wirkender Sekundant Rainald Becker haben es Seehofer sehr leicht gemacht.
Im Mittelpunkt des Gesprächs stand natürlich die Flüchtlingspolitik.
Zunächst gab sich Seehofer staatsmännisch. Von einer „differenzierten
Einwanderungspolitik“ sprach er, von Solidarität und davon, dass man die
Fluchtursachen in den Herkunftsländern bekämpfen müsse. Fast konnte man den
Eindruck bekommen, der Mann habe zu viel Kreide genascht, als dann doch das
M-Wort fiel, diese Anleihe aus der dumpfen Rhetorik der Neunziger:
Missbrauch. Seehofers bekannte Logik: Nur wer dem „massenhaften
Asylmissbrauch“ durch Einwanderer vom Balkan Einhalt gebiete, könne das
Erstarken rechter Rattenfänger verhindern.
Aber was bitte versteht Seehofer unter „Missbrauch“? Man hätte gerne
gewusst, ob er sich der Assoziationen bewusst ist, die dieser Begriff
weckt. Wäre er zum Beispiel bereit, einer der zahlreichen vom Balkan
eingewanderten Roma-Familien ins Gesicht zu sagen, dass sie deutsches Recht
„missbraucht“? Menschen, die in ihren Herkunftsländern diskriminiert
werden, in bitterer Armut leben und keinen Zugang zu medizinischer
Versorgung haben? Menschen, deren Aufnahmequote in anderen Ländern wie der
Schweiz oder Frankreich viel höher sind?
Diese Fragen blieben aus. Stattdessen gaben Tina Hassel und Rainald Becker
Vorlagen zur vermeintlichen Schwäche der CSU, die Seehofer mit sichtlicher
Vorfreude erwartet hatte. Schnell zitierte er noch eine aktuelle
Emnid-Umfrage, nach der die Union derzeit bei der Bundestagswahl auf die
absolute Mehrheit hoffen könnte – was ja nur mit einer sehr starken CSU
ginge. Na dann noch einen schönen Urlaub!
3 Aug 2015
## AUTOREN
Dominik Baur
## TAGS
CSU
Horst Seehofer
Schwerpunkt Flucht
Flüchtlinge
Asylpolitik
Freistaat Bayern
CDU
CSU
Balkan
Balkan
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