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# taz.de -- Kommentar Flüchtlingsgipfel: Flüchtlinge, euch geht‘s wohl zu g…
> Die grün-rote Regierung in Stuttgart berät ihre Asyl-Strategie. Das
> Ergebnis ist von den Vorstellungen der Union praktisch nicht zu
> unterscheiden.
Bild: Geht‘s? Winfried Kretschmann und Konsorten beim Flüchtlingsgipfel in S…
Innenminister Thomas de Maizière soll vor einem „Kollaps“ des
Aufnahmesystems gewarnt haben. Im sächsischen Freital legen Unbekannte eine
Bombe unter das Auto eines Linken-Politikers, der sich für Flüchtlinge
eingesetzt haben soll, die Polizeigewerkschaft fordert angesichts immer
neuer Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte eine Bannmeile um solche
Einrichtungen. Die Kommunen müssen in diesem Jahr mit Kosten für die
Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen von mehr fünf Milliarden Euro
rechnen.
Das ist nur eine Auswahl der wichtigsten Meldungen in Sachen Asylpolitik
von Montag. Das Thema beschäftigt den politischen Betrieb derzeit wie kaum
ein zweites.
Der Bund hätte es am ehesten in der Hand, die Lage zu entspannen. Würde er
endlich die Kosten für die Flüchtlingsaufnahme übernehmen, wäre das ein
substanzieller Schritt zur Entlastung der Kommunen und zur Verbesserung der
Lebensbedingungen der Flüchtlinge. Und es würde den Rechten eines ihrer
zentralen Argumente nehmen: Dass die Ankunft der Flüchtlinge auf Kosten der
Menschen gehe, die schon da sind.
Doch am Montag bekräftigte die Bundesregierung ihre Weigerung, mehr als ein
Fünftel dieser Kosten zu übernehmen – und verkauft das noch als
Zugeständnis. Ursprünglich sollte es nur ein Zehntel sein.
Der SPD fällt nichts besseres ein, als der Union einen fatalen Deal
anzubieten. Sollte die Union einem Einwanderungsgesetz zustimmen, wollen
die Sozialdemokraten weitere Länder zu „sicheren Herkunftsstaaten“
erklären. Damit tritt genau das ein, was viele 2014 befürchtet hatten, als
Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina für „sicher“ erklärt wurden:
Die Liste wird nach Gutdünken immer weiter verlängert. Der SPD-Vorschlag
ist deshalb so überflüssig, weil erstens der Druck aus den
Wirtschaftsverbänden, Arbeitskräftemigration zuzulassen, derzeit so groß
ist, dass die Union ohnehin an einem Zuwanderungsgesetz nicht vorbeikommt.
Und zweitens hat der CDU-Parteivorstand selbst sich jüngst für ein solches
Gesetz ausgesprochen.
## Zwei-Klassen-Asylrecht
Länder und Kommunen bleiben derweil weitgehend auf sich allein gestellt.
[1][Auf einem „Flüchtlingsgipfel“ am Montag beriet die Landesregierung in
Stuttgart ihre neue Strategie in Sachen Asyl.] Das Ergebnis ist von den
Vorstellungen der Union praktisch nicht zu unterscheiden.
Baden-Württemberg will die Erstaufnahmeeinrichtungen ausbauen und
Flüchtlinge ohne Aussicht auf ein Bleiberecht dann nicht mehr auf die
Kommunen verteilen. Das entspricht genau dem, was das
Bundesinnenministerium im Frühjahr als Devise ausgegeben hatte, um die Zahl
der Roma-Flüchtlinge zu drücken. Diese sollen direkt aus den
Erstaufnahmeeinrichtungen heraus abgeschoben werden.
Bislang hatte nur Bayern angekündigt, hierfür eigene Aufnahmezentren zu
schaffen, was – völlig zurecht – als „Sonderlager für Roma“ kritisiert
wurde. Nun also will auch das grün-geführte Baden-Württemberg das
stigmatisierende Modell aufgreifen und ein Zwei-Klassen-Asylrecht
mittragen. Denn die neuen Erstaufnahmeeinrichtungen sind nicht bloß andere
Gebäude. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen dort gesonderte
Verfahren zu gesonderten – schlechteren – Bedingungen stattfinden.
Auch dass Kretschmann ankündigt, abgelehnte Asylbewerber, die sich „ihrer
Rückführung entziehen“ mit „Leistungskürzungen und Beschäftigungsverbot…
belegt werden müssen“ ist ein typisches Muster schwarzer Innenminister: Was
der grüne Ministerpräsident da verlangt, ist nämlich keine zu behebende
Lücke vermeintlich lascher Flüchtlingspolitik, sondern seit jeher Standard.
Dazu passt, dass Kretschmann ankündigt, Abschiebungen „konsequenter“
angehen zu wollen – als habe Baden-Württemberg bislang aus humanitären
Erwägungen heraus auf Abschiebungen verzichtet. Im Gegenteil: Vor allem was
Balkan-Abschiebungen angeht hat sich das Bundesland besonders hervorgetan.
Wenn Kretschmann trotzdem solche Forderungen erhebt, dann suggeriert er
dabei mit Absicht, den Flüchtlingen gehe es hier noch zu gut – und dürfte
die militanten Flüchtlingsfeinde in ihrer einschlägigen Überzeugung
bestärken.
28 Jul 2015
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[1] /Gipfel-in-Baden-Wuerttemberg/!5217952
## AUTOREN
Christian Jakob
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